Maigret, Lognon und die Gangster. Georges Simenon

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Maigret, Lognon und die Gangster - Georges  Simenon Georges Simenon

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hatte einen derartigen Schnupfen, dass er sein Taschentuch dauernd in der Hand behielt. Mit geneigtem Kopf, wie einer, der erwartet, dass man ihn herunterputzt, stand er in der Mitte des Raums.

      »Setzen Sie sich, Lognon. Ich war gerade bei Ihnen zu Hause.«

      »Was hat meine Frau gesagt?«

      »Alles, was sie weiß, nehm ich an.«

      Danach folgte ein ziemlich langes Schweigen, Lognon nutzte es zum Naseschnäuzen, ohne dass er wagte, den Kommissar anzuschauen, und der Kommissar, der seine Empfindlichkeit kannte, wusste nicht recht, wo beginnen.

      Was Madame Lognon gesagt hatte über ihren Mann, war nicht so falsch. Dieser Trottel wollte es immer so gut machen, dass er unausweichlich in der Patsche landete, überzeugt, die ganze Welt habe etwas gegen ihn und er sei das Opfer einer Verschwörung, angezettelt, um zu verhindern, dass er befördert wurde und endlich den Platz in der Sonderabteilung am Quai des Orfèvres einnahm, den er verdiente.

      Ärgerlich war, dumm konnte man ihn tatsächlich nicht nennen, er war sehr gewissenhaft und der anständigste Mensch von der Welt.

      »Liegt sie im Bett?«, fragte er schließlich.

      »Sie war auf, als ich gekommen bin.«

      »Ist sie böse auf mich?«

      »Schauen Sie mich an, Lognon. Machen Sie sich’s bequem. Ich weiß nur, was Ihre Frau mir erzählt hat, aber ich muss Sie nur angucken und sehe schon, dass irgendwas nicht stimmt. Sie sind mir nicht direkt unterstellt, was Sie womöglich gemacht haben, geht mich also nichts an. Aber jetzt, nachdem Ihre Frau sich an mich gewendet hat, wäre es vielleicht besser, wenn Sie mich ins Bild setzen. Was meinen Sie?«

      »Ja, ich glaube.«

      »Dann erzählen Sie mir bitte alles, verstehen Sie? Nicht nur einen Teil, nicht fast alles.«

      »Ich verstehe.«

      »Schön. Sie können auch rauchen.«

      »Ich rauche nicht.«

      Das stimmte. Maigret hatte es vergessen. Er rauchte nicht wegen Madame Lognon, denn ihr wurde vom Tabakgeruch schlecht.

      »Was wissen Sie über diese Gangster?«

      Da antwortete Lognon mit voller Überzeugung:

      »Ich glaube, das sind echte Gangster.«

      »Amerikaner?«

      »Ja.«

      »Wie ist das losgegangen mit denen?«

      »Ich weiß es selber nicht. So wie die Sache ausschaut, gestehe ich Ihnen lieber alles, selbst wenn ich dann meine Stelle verliere.«

      Er starrte auf den Schreibtisch, und seine Unterlippe zitterte.

      »Es wäre sowieso irgendwann passiert, früher oder später.«

      »Was?«

      »Sie wissen es ja. Man behält mich, weil es nicht anders geht, weil man mich noch bei keinem Fehler ertappt hat, aber das geht jetzt schon Jahre so, dass man mich belauert …«

      »Wer?«

      »Alle.«

      »Na sagen Sie mal, Lognon!«

      »Doch, Herr Kommissar!«

      »Glauben Sie etwa schon, dass man Sie verfolgt?«

      »Ich bitte um Verzeihung.«

      »Ziehen Sie nicht immer die Schultern ein und gucken in die Ecke. Schön! Und jetzt reden Sie mal wie ein Mann.«

      Lognon weinte nicht, doch von seinem Schnupfen hatte er feuchte Augen, und es war nervtötend, dass er sich dauernd mit dem Taschentuch ins Gesicht fuhr.

      »Also los, ich höre.«

      »Es war in der Nacht von Montag auf Dienstag.«

      »Sie hatten Dienst?«

      »Ja. Es war ungefähr um eins. Ich musste jemand beschatten.«

      »Wo?«

      »Bei Notre-Dame-de-Lorette, direkt vor dem Gitter der Kirche, Ecke Rue Fléchier.«

      »Sie waren also nicht in Ihrem Gebiet?«

      »Auf der Grenze. Die Rue Fléchier ist im dritten Bezirk, aber überwacht habe ich die kleine Bar an der Ecke Rue des Martyrs, und die gehört zu meinem Sektor. Man hatte mir den Tipp gegeben, dass nachts hier manchmal ein Kerl auftaucht und Kokain verkauft. Die Rue Fléchier ist finster, so spät fast immer ganz leer. Ich stand ganz dicht an dem Gitter, das um die Kirche läuft. Plötzlich ist ein Auto um die Ecke Rue de Châteaudun gebogen, hat gebremst und angehalten, keine zehn Meter vor mir.

      Die Leute drin haben mich nicht bemerkt. Die Wagentür ging auf, und ein Körper flog auf den Gehsteig; dann ist das Auto weg durch die Rue Saint-Lazare.«

      »Haben Sie die Nummer?«

      »Ja. Ich bin erst schnell rüber zu dem Körper. Und ich würde fast schwören, der Mann war tot, aber sicher bin ich nicht. Im Dunkeln habe ich mit der Hand seine Brust berührt, und danach war sie ganz nass von warmem Blut.«

      Mit gerunzelter Stirn murmelte Maigret:

      »Im Tagesbericht stand nichts davon.«

      »Ich weiß.«

      »Passiert ist das Rue Fléchier, also auf dem Gehsteig im dritten Bezirk?«

      »Ja.«

      »Wie kommt es, dass …«

      »Ich werde es Ihnen sagen. Ich sehe ein, es war ein Fehler von mir. Sie werden mir wohl nicht glauben.«

      »Was ist mit dem Mann geschehen?«

      »Eben. Das kommt jetzt. Es war kein Streifenpolizist zu sehen. Die kleine Bar hatte offen, kaum hundert Meter weiter. Ich bin hinübergegangen zum Telefonieren.«

      »Mit wem?«

      »Mit dem Kommissariat vom dritten Bezirk.«

      »Und, haben Sie?«

      »Ich habe am Tresen nach einem Jeton gefragt. Ich habe automatisch auf die Straße geschaut, da habe ich ein zweites Auto gesehen, es kam aus der Rue Fléchier und bog in die Rue Notre-Dame-de-Lorette. Es hat gehalten, nicht weit von der Stelle, wo ich den Mann liegen gelassen hatte. Ich bin dann raus aus der Bar und wollte die Nummer sehen, aber das Auto war schon zu weit weg.«

      »Ein Taxi?«

      »Glaube ich nicht. Alles ist sehr schnell gegangen. Ich habe was geahnt. Ich bin zur Kirche gerannt. Der Mann lag nicht mehr da, an dem Gitter.«

      »Sie haben keinen Alarm gegeben?«

      »Nein.«

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