Der kleine Fürst Staffel 13 – Adelsroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 13 – Adelsroman - Viola Maybach страница 36
»Was?«, fragte René, ohne von der Akte aufzublicken, die er in diesem Augenblick studierte.
»Dass wir neulich eine prominente Zeugin hatten« erklärte Bernd. Er war ein netter Kerl, René arbeitete gern mit ihm zusammen. Zwar redete Bernd manchmal zu viel, aber er hatte das Herz auf dem rechten Fleck, man konnte ihm vertrauen.
»Du hast sie doch sogar gesehen, glaube ich. Annabelle von Ehrenstein«, fuhr Bernd fort. »Wenn mich nicht alles täuscht, warst du derjenige, dem sie die Tour vermasselt hat, weil sie dich für einen Kriminellen gehalten hat, der sich an Jungen heranmacht.«
Längst hatte René den Blick von der Akte gehoben. »Prominent?«, fragte er, wobei er sorgfältig darauf achtete, seine Stimme beiläufig klingen zu lassen. »Ich kannte sie jedenfalls nicht, so viel steht fest und wenn sie prominent wäre, hätte ich sie doch erkennen müssen, oder?« Bis jetzt hatte er kein einziges unwahres Wort gesagt, worauf er stolz war. Er log nicht gern.
Eine Illustrierte flog auf seinen Schreibtisch. »Unten rechts, René. Sie steht sogar auf der Titelseite, auch wenn das Foto nur klein ist. Schade, dass ich sie nicht gesehen habe, sie sieht ziemlich gut aus.«
René warf einen langen Blick auf das Foto, das er ja längst kannte und nickte schließlich. »Stimmt, sie sieht gut aus«, gab er zu. »Aber nur weil sie da abgebildet ist, ist sie ja noch nicht prominent. Oder hattest du ihren Namen vorher schon einmal gehört?«
»Das nicht, aber das ändert sich jetzt sicher schnell, weil der Typ, mit dem sie zusammen ist, ziemlich bekannt ist, jedenfalls in Rennkreisen. Der hat ein Händchen für Pferde, alle sagen ihm eine richtig große Karriere voraus.«
René beschloss, das Gespräch an dieser Stelle zu beenden. Dieses Thema hatte er mit Annabelle zur Genüge besprochen, und er vertraute ihr. Was aber nicht hieß, dass er gern mit anderen über sie und den Mann sprach, mit dem sie angeblich zusammen war. Auch Toleranz hatte Grenzen.
»Von mir aus«, sagte er betont gleichgültig, bevor er sich wieder seiner Akte zuwandte.
»Im Innenteil sind noch mehr Fotos«, sagte Bernd, in der Hoffnung, das Interesse seines Kollegen doch noch wecken zu können, aber der Versuch misslang.
»Wozu soll ich mir die ansehen, Bernd? Sag mal, hast du nichts zu tun?«
»Zu tun schon, aber keine Lust«, maulte Bernd, und damit war das Thema dann endlich erledigt.
René war erleichtert, aber er begann zu ahnen, was auf ihn zukam, wenn seine Beziehung zu Annabelle bekannt wurde. Er würde sich wohl auf eine Menge spöttischer Bemerkungen seiner Kollegen einrichten müssen.
Vielleicht wäre es besser, wenn sie ihre Beziehung noch eine Weile geheim hielten. Er fand, dass das eine ziemlich gute Idee war. Wenn er Annabelle anrief, würde er sie fragen, was sie davon hielt.
*
Mittlerweile hatte sich auch Baron Friedrich zu seiner Frau und Gabriela gesellt. Er fand die junge Frau sehr sympathisch, wenn auch unübersehbar nervös. Sie bemühte sich zwar sehr, sich das nicht anmerken zu lassen, doch es gelang ihr nicht besonders gut. Schon die Blässe ihres Gesichts verriet sie, aber auch ihre rastlosen Finger und der rechte Fuß, der immer wieder nervös auf und ab wippte, sprachen eine deutliche Sprache.
»Es ist so schön, Gaby, dass Sie vorbeigekommen sind«, sagte die Baronin gerade. »Und noch viel schöner ist, dass Sie unsere ehrenamtliche Arbeit auch weiterhin unterstützen wollen.«
Sie hörten Stimmen, gleich darauf rief Anna: »Hier seid ihr! Wir haben euch schon überall gesucht.«
Er sah, dass sich die Blässe auf Gabrielas Gesicht vertiefte, als sich Annabelle und Felix näherten, Hand in Hand, während die Teenager ihnen folgten.
»Das Wetter ist so schön, deshalb haben wir die Bibliothek verlassen und uns auf die Terrasse gesetzt«, erklärte die Baronin. »Nun lernen Sie also auch noch meine Familie kennen, Gaby – und unsere Gäste.«
»Wir kennen uns schon«, sagte Florian hastig und ließ Annabelles Hand los. »Hallo, Gaby, schön dich hier zu sehen.«
Er begrüßte sie mit einer fast förmlichen, ziemlich steifen Umarmung, die nichts von seinen Gefühlen ahnen ließ, woraufhin sie, wie Friedrich bemerkte, feuchte Augen bekam. Sie hielt sich aber tapfer, während Sofia sie mit Annabelle und den Teenagern bekannt machte.
»Können wir dich duzen?«, fragte Anna sofort.
»Aber, Anna …«, begann Sofia, doch Gabriela kam ihr zuvor, bevor sie ihre Mahnung auch nur aussprechen konnte.
»Natürlich könnt ihr das, Anna. Das wäre mir sowieso lieber.«
Anna strahlte sie an. »Und du bleibst bis morgen?«, fragte sie.
»Ich …, ja, deine Mutter hat mich eingeladen, und ich habe die Einladung angenommen.«
Annabelle lehnte sich zu Florian hinüber und legte ihm in einer Geste, die sehr vertraulich wirkte, die Hand auf den Arm. »Und ihr kennt euch also von früher, Flo, Gabriela und du?«, fragte sie.
Florian war mittlerweile fast so blass wie Gabriela, die beiden konnten einem richtig leidtun. Eigentlich, fand Friedrich, hätte man den Versuch an dieser Stelle abbrechen können, denn es konnte doch keinerlei Zweifel mehr daran bestehen, dass Florian dieser jungen Frau nicht gleichgültig war! Aber außer ihm sah das offenbar niemand so.
Florian nickte nur. Er sah weder Annabelle noch Gabriela an, ihm war anzumerken, dass er sich meilenweit weg wünschte. Der Baron war nicht bereit, sich diese Quälerei noch länger anzusehen. »Dann zeig du unserem Gast doch das Gelände, Flo«, schlug er vor. »Natürlich nur, wenn es Sie interessiert, Gabriela.«
Jetzt schoss ihr mit einem Schlag das Blut ins Gesicht, während sich ringsum empörte Blicke auf Baron Friedrich richteten, weil er versucht hatte, den sorgsam ausgeklügelten Plan zu durchkreuzen.
»Natürlich, sehr sogar«, erwiderte Gabriela mit zitternder Stimme, »aber ich …, ich bin ein bisschen müde. Ich habe ziemlich anstrengende Tage hinter mir. Vielleicht könnten wir den Rundgang noch ein bisschen verschieben.«
Annabelle griff nach Florians Hand. »Wenn das so ist, dann laufen wir beide noch ein bisschen durch den Park, ja? Zu unserem Lieblingsplatz.« Wer es nicht besser wusste, der hätte das Lächeln, mit dem sie ihn jetzt ansah, für das Lächeln einer Verliebten halten müssen.
Er nickte und widerstand der Versuchung, seine Hand zu befreien, wie Baron Friedrich amüsiert bemerkte. Gabriela freilich bekam davon nichts mit. Sie hatte nur den Klang von Annabelles Stimme gehört, ihr Lächeln gesehen und die ineinander verschränkten Hände des angeblichen Liebespaars. Jetzt war sie wieder leichenblass.
Kurz nachdem Annabelle und Florian gegangen waren, bat Gabriela darum, sich zurückziehen zu dürfen. Sofia und Friedrich blieben mit den Teenagern allein zurück.
»Also wirklich, Papa!«, sagte Anna. »Was sollte das denn? Es ist doch noch viel zu früh für eine Begegnung der beiden unter vier Augen.«
»Und wieso?«, wollte der Baron wissen. »Für mich ist die Sache völlig klar: Sie liebt ihn. Also kann man der Quälerei doch auch gleich ein Ende bereiten.«
»Du