Der Archipel in Flammen. Jules Verne

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Der Archipel in Flammen - Jules Verne Jules Verne bei Null Papier

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Fahr­zeug, wel­ches bei ziem­lich fri­scher Nord­nord­west­bri­se sehr dicht am Win­de se­gel­te, konn­te von den Ha­fen­däm­men Vi­ty­los nicht er­kannt wer­den, da das­sel­be noch eine Ent­fer­nung von sechs bis sie­ben Mei­len von dem­sel­ben trenn­te. Da das Wet­ter aber aus­ge­zeich­net klar war, hob sich doch der Rand sei­ner obe­ren Se­gel deut­lich von dem leuch­ten­den Hin­ter­grund des äu­ßers­ten Ho­ri­zonts ab.

      Was aber von un­ten nicht sicht­bar war, konn­te doch von oben, das heißt von dem Gip­fel der Hö­hen­zü­ge, ge­se­hen wer­den, wel­che das Dorf um­gren­zen. Vi­ty­lo ist in Ge­stalt ei­nes Am­phi­thea­ters auf ab­schüs­si­gen Fel­sen er­baut, wel­che die alte Akro­po­lis von Ke­la­pha ver­tei­digt. Dar­über er­he­ben sich noch ei­ni­ge alte, zer­fal­le­ne Tür­me von jün­ge­rem Ur­sprung als jene merk­wür­di­gen Über­res­te ei­nes Tem­pels der Se­ra­phis, des­se Säu­len und Ca­pi­tä­le von io­ni­scher Ord­nung noch heu­te die Kir­che von Vi­ty­lo zie­ren. Ne­ben je­nen Tür­men ste­hen auch noch zwei oder drei klei­ne, we­nig be­such­te Ka­pel­len, in wel­chen from­me Mön­che den Kir­chen­dienst ver­se­hen.

      Es ist hier von Wich­tig­keit, auf die Be­zeich­nung »den Kir­chen­dienst ver­se­hen« und selbst auf die Qua­li­fi­ka­ti­on ei­nes Mön­ches, wel­che die­se Geist­li­chen der mes­se­ni­schen Küs­te sich zu­le­gen, zu ach­ten. Ei­ner der­sel­ben, der so­eben sei­ne Ka­pel­le ver­ließ, wird so­gleich dem Le­ser nä­her vor Au­gen tre­ten.

      Zu je­ner Zeit war die Re­li­gi­on in Grie­chen­land noch ein ei­gen­tüm­li­ches Ge­misch von heid­nischen Sa­gen und christ­li­chen Glau­bens­sät­zen. Vie­le Gläu­bi­ge be­trach­te­ten die Gott­hei­ten des Al­ter­tums noch ge­wis­ser­ma­ßen als Hei­li­ge der neu­en Re­li­gi­on. In der Tat, wie das Hen­ry Bel­le schil­dert, ver­men­gen sie die Halb­göt­ter mit den Hei­li­gen, die Ko­bol­de der be­zau­bern­den Tä­ler mit den En­geln des Pa­ra­die­ses und ru­fen eben­so die Si­re­nen und Fu­ri­en an, wie sie noch Bro­top­fer dar­brin­gen. Die­se Um­stän­de ha­ben ge­wis­se merk­wür­di­ge Ge­bräu­che ein­ge­führt, wel­che an­de­re zum La­chen rei­zen, wäh­rend die Geist­lich­keit große Mühe hat, die­ses we­nig or­tho­do­xe Cha­os zu ent­wir­ren.

      Wäh­rend des ers­ten Vier­tels die­ses Jahr­hun­derts – es ist ei­ni­ge fünf­zig Jah­re her und die Zeit, mit wel­cher un­se­re Er­zäh­lung be­ginnt – war der Cle­rus der grie­chi­schen Halb­in­sel noch un­wis­sen­der, und die sorg­los da­hin­le­ben­den, nai­ven, zu­trau­li­chen Mön­che, »gute Kin­der«, schie­nen sehr we­nig ge­eig­net, die von Na­tur aber­gläu­bi­sche Be­völ­ke­rung auf rech­te Wege zu lei­ten.

      Und wenn die­se nie­de­ren Kir­chen­die­ner nur al­lein un­wis­send ge­we­sen wä­ren! In ge­wis­sen Ge­gen­den Grie­chen­lands aber, vor­züg­lich in den wil­den Distrik­ten von Ma­gne, scheu­ten die ar­men Teu­fel, von Na­tur und aus Not schon Bett­ler und gie­rig auf die paar Drach­men, wel­che mit­lei­di­ge Rei­sen­de ih­nen zu­war­fen, ohne alle Be­schäf­ti­gung, au­ßer etwa der, den Gläu­bi­gen das ge­fälsch­te Bild­nis ei­nes Hei­li­gen zum Kus­se dar­zu­rei­chen oder eine ewi­ge Lam­pe in ir­gend­ei­ner Grot­te zu un­ter­hal­ten, dazu ver­stimmt über den ge­rin­gen Er­trag ih­rer Pfrün­den, der Be­er­di­gun­gen und der Tau­fen, nicht da­vor zu­rück, die Auf­laue­rer – und was für Auf­laue­rer – im Sol­de der Be­woh­ner des Küs­ten­ge­bie­tes zu spie­len.

      Die See­leu­te von Vi­ty­lo, wel­che am Ha­fen um­her­lun­ger­ten wie dei Laz­zaro­nis, wel­che gleich meh­re­re Stun­den Ruhe brau­chen, um sich von der Ar­beit wäh­rend ei­ni­ger Mi­nu­ten zu er­ho­len, er­ho­ben sich doch rasch, als sie einen ih­rer Mön­che, die Arme hef­tig be­we­gend, schnel­len Schrit­tes nach dem Dor­fe hin­ab­stei­gen sa­hen.

      »Was gibt’s denn, Vater, was ist denn los?« »Was gibt’s denn, Vater, was ist denn los?«

      »Was gibt es denn, Va­ter, was ist denn los?« frag­te ei­ner der See­leu­te, der ihm ent­ge­gen­ging.

      Der Vi­ty­li­ner sprach mit so nä­seln­dem Ton, dass man Na­son hät­te für einen Vor­fah­ren der Hel­le­nen hal­ten kön­nen, und dazu jene ma­nia­ti­sche Mund­art, in der sich das Tür­ki­sche mit dem Ita­lie­ni­schen misch­te, als rüh­re das­sel­be aus der Zeit des Turm­bau­es von Ba­bel her.

      »Ha­ben die Sol­da­ten Ibra­hims etwa die Hö­hen des Tay­ge­tos be­setzt?« frag­te ein an­de­rer See­mann mit sehr sorg­lo­ser Ges­te, wel­che eben nicht viel Pa­trio­tis­mus ver­riet.

      »Wenns nicht gar Fran­zo­sen sind, mit de­nen wir es zu tun ha­ben«, er­wi­der­te der ers­te Spre­cher.

      »Na, die sind ein­an­der wert!« be­merk­te ein drit­ter.

      Die­se Äu­ße­rung be­wies, dass der Kampf, wel­cher da­mals ge­ra­de am hef­tigs­ten wü­te­te, die Be­woh­ner des un­ters­ten Pe­lo­pon­nes nur sehr we­nig be­rühr­te, sehr ver­schie­den von den Ma­nia­ten des Nor­dens, wel­che sich im Un­ab­hän­gig­keits­krie­ge so rühm­lich her­vor­ta­ten.

      Der di­cke Geist­li­che ver­moch­te aber we­der dem einen, noch dem an­de­ren Ant­wort zu ge­ben. Er war von dem Herab­klet­tern über die stei­len Ab­hän­ge noch ganz au­ßer Atem. Sei­ne asth­ma­ti­sche Brust keuch­te. Er woll­te spre­chen, konn­te es aber nicht. Ei­ner sei­ner Ah­nen im al­ten Hel­las, der Sol­dat von Ma­ra­thon, hat­te doch we­nigs­tens, noch ehe er starb, den Sieg des Mil­tia­des ver­kün­den kön­nen. Doch es han­del­te sich hier we­der um Mil­tia­des noch um den Kampf der Athe­ner ge­gen die Per­ser. Es wa­ren kaum Grie­chen, die­se ver­wil­der­ten Be­woh­ner der un­ters­ten Spit­ze von Ma­gne.

      »So sprich doch, Va­ter, sprich doch!« rief der alte See­mann, na­mens Goz­zo, der sich un­ge­dul­di­ger als die an­de­ren ge­bär­de­te, als hät­te er schon er­ra­ten, was der Mönch ver­kün­den woll­te.

      End­lich hat­te die­ser sich wie­der et­was be­ru­higt. Da streck­te er die Hand nach dem Ho­ri­zont aus und rief:

      »Ein Schiff in Sicht!«

      Auf die­se Mel­dung hin spran­gen die Ta­ge­die­be alle auf, klatsch­ten in die Hän­de und stürm­ten nach ei­nem Fel­sen, der den Ha­fen über­rag­te. Von hier aus konn­ten sie das Meer in wei­tem Um­kreis se­hen.

      Ein Fremd­ling hät­te glau­ben kön­nen, dass die­se Be­we­gung nur her­vor­ge­bracht wür­de durch das In­ter­es­se, wel­ches je­des von der See her­kom­men­de Fahr­zeug na­tur­ge­mäß See­leu­ten ein­flö­ßen muss, de­nen so et­was ja be­son­ders an­geht. Das wäre aber eine falsche An­nah­me ge­we­sen oder war es viel­mehr; wenn dies ein In­ter­es­se die­ser

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