Der Archipel in Flammen. Jules Verne

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Der Archipel in Flammen - Jules Verne Jules Verne bei Null Papier

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des un­te­ren Mo­re­as ist von je­her auch kaum zur Bot­mä­ßig­keit zu brin­gen ge­we­sen. We­der die tür­ki­schen Ja­nit­scha­ren, noch die grie­chi­schen Gens­darmen ha­ben sie zu be­zwin­gen ver­mocht. Streit­süch­tig und rach­be­gie­rig, oft in Fa­mi­li­en­zwi­s­tig­kei­ten ver­wi­ckelt, wel­che nur durch Blut aus­ge­tra­gen wer­den kön­nen, Räu­ber von Ge­burt und doch gast­freund­lich, Mör­der, wenn der Raub einen Mord be­dingt, nen­nen sich des­halb die ro­hen Berg­völ­ker nicht we­ni­ger die di­rek­ten Nach­kom­men der Spar­ta­ner; aber ein­ge­schlos­sen in die Verzwei­gun­gen des Tay­ge­tos, in dem man zu tau­sen­den jene klei­nen Be­fes­ti­gun­gen oder »Pyr­gos«, wel­che kaum zu er­klim­men sind, fin­det, spie­len sie gar zu gern die zwei­fel­haf­te Rol­le je­ner We­ge­la­ge­rer des Mit­tel­al­ters, die ihre Feu­dal­rech­te mit Dolch und Pis­to­le üb­ten.

      Wenn die Ma­nia­ten zur Stun­de auch noch halb wild sind, so mag man sich vor­stel­len, was die­sel­ben vor nun fünf­zig Jah­ren sein moch­ten. Ehe die Kreuz­fahr­ten der Dampf­schif­fe ih­ren Raub­zü­gen zur See ein Ziel setz­ten, tra­ten sie wäh­rend des ers­ten Vier­tels die­ses Jahr­hun­derts als die ver­we­gens­ten See­räu­ber auf, wel­che die Han­dels­fahr­zeu­ge in al­len Sta­pel­plät­zen des Mor­gen­lan­des nur zu fürch­ten hat­ten.

      Jetzt hat­te es seit meh­re­ren Wo­chen nichts zu plün­dern ge­ge­ben. Kein Schiff war an der Küs­te von Ma­gne an­ge­lau­fen. Des­halb ver­ur­sach­te es einen wirk­li­chen Aus­bruch der Freu­de, als der Mönch jene von asth­ma­ti­schem Keu­chen un­ter­bro­che­nen Wor­te aus­ge­ru­fen hat­te:

      »Ein Schiff in Sicht!«

      So­fort er­schall­ten die dump­fen Schlä­ge des Si­man­ders, ei­ner Art Glo­cke aus Holz mit ei­ser­nem Klöp­pel, wel­che in den Pro­vin­zen in Ge­brauch ist, wo die Tür­ken die Ver­wen­dung von me­tal­le­nen Glo­cken nicht zulie­ßen. Die klang­lo­sen Schlä­ge ge­nüg­ten je­doch, die hab­gie­ri­ge Be­völ­ke­rung zu­sam­men­zu­ru­fen, Män­ner, Frau­en, Kin­der, her­ren­lo­se furcht­ba­re Hun­de, alle be­gie­rig zu plün­dern und wenn nö­tig zu mor­den.

      In­zwi­schen ver­han­del­ten die auf dem Fel­sen ver­ei­nig­ten Vi­ty­li­ner mit großer Leb­haf­tig­keit. Wel­cher Art Fahr­zeug war es, das der Mönch ih­nen an­mel­de­te? Mit der nord­nord­west­li­chen Bri­se, die beim Ein­bruch der Nacht noch auf­frisch­te, glitt das Schiff mit Back­bord­hal­sen schnell da­hin. Es schi­en mög­lich, dass es beim La­vie­ren das Kap Ma­ta­pan ziem­lich streif­te. Sei­nem Kurs nach schi­en es aus der Ge­gend von Kre­ta zu kom­men. Schon be­gann sein Rumpf sich zu zei­gen über dem wei­ßen Kiel­was­ser, das es hin­ter sich ließ; sei­ne Se­gel alle bil­de­ten je­doch für das Auge eine un­kennt­li­che Mas­se. Es war also schwie­rig zu sa­gen, wel­cher Klas­se das Fahr­zeug an­ge­hö­ren möge, was auch die ver­schie­dens­ten, von ei­ner Mi­nu­te zur an­de­ren sich wi­der­spre­chen­den Äu­ße­run­gen ver­an­lass­te.

      »Es ist eine Sche­be­ke«, er­klär­te ei­ner der See­leu­te, »ich sehe ihre vier­e­cki­gen Se­gel am Fock­mast!«

      »Nein«, er­wi­der­te ein an­de­rer, »es ist eine Pin­ke! Man sieht ja den er­höh­ten Ach­ter und stark­ge­krümm­ten Vor­ders­te­ven!«

      »Sche­be­ke oder Pin­ke! Wer könn­te die­sel­ben auf eine sol­che Ent­fer­nung un­ter­schei­den?«

      »Soll­te es nicht viel­mehr eine Po­la­ke mit vier­e­cki­gen Se­geln sein«, be­merk­te ein an­de­rer See­mann, der aus den halb­ge­schlos­se­nen Hän­den sich eine Art Fern­rohr ge­macht hat­te.

      »Gott hel­fe uns!« ant­wor­te­te der alte Goz­zo. »Po­la­ke, Sche­be­ke oder Pin­ke, je­den­falls sinds drei Mas­te, und drei Mas­te sind al­le­mal bes­ser als zwei, wenn sichs dar­um han­delt, hier bei uns mit ei­ner tüch­ti­gen La­dung Wein aus Can­dia oder mit Stof­fen aus Smyr­na zu lan­den!«

      Nach die­ser wei­sen Be­mer­kung blick­ten alle mit noch grö­ße­rer Auf­merk­sam­keit hin­aus.

      Das Schiff nä­her­te sich und schi­en all­mäh­lich zu wach­sen; weil es aber so dicht am Win­de fuhr, konn­te man es nicht von der Sei­te se­hen. Es wäre also schwie­rig ge­we­sen, zu sa­gen, ob es zwei oder drei Mas­te führ­te, das heißt, ob sein Ton­nen­ge­halt ein grö­ße­rer oder ein ge­rin­ge­rer sein wer­de.

      »Oh, das Un­glück ver­folgt uns, und der Teu­fel hat sein Spiel!« rief Goz­zo, in­dem er noch einen Fluch hin­zu­setz­te, mit dem er alle Sät­ze zu ver­stär­ken pfleg­te. »Das Ding ist wei­ter nichts als eine Fe­lu­ke …«

      »Oder gar nur eine Spe­ro­na­re!« rief der Mönch nicht we­ni­ger ent­täuscht als sei­ne Zu­hö­rer.

      Dass die­se bei­den Be­mer­kun­gen mit nicht sehr wohl­wol­len­den Ru­fen auf­ge­nom­men wur­den, braucht wohl kaum ver­si­chert zu wer­den. Aber wel­cher Art das Fahr­zeug auch war, so konn­te man doch schon be­ur­tei­len, dass es höchs­tens hun­dert bis hun­dert­fünf­zig Ton­nen mes­sen konn­te. Frei­lich kam es ja nicht auf die Men­ge der La­dung an, wenn die­se sonst eine wert­vol­le war. Man trifft ein­fa­che Fe­lu­ken oder selbst Spe­ro­na­ren, wel­che eine Fracht an kost­ba­ren Wei­nen, fei­nen Ölen oder teu­ren Ge­we­ben füh­ren. In sol­chen Fäl­len ver­lohnt es sich schon der Mühe, sie zu plün­dern, denn sie ge­ben oft rei­che Beu­te für ge­rin­ge Mühe. Zu ver­zwei­feln war also noch nicht. Dazu ent­deck­ten die äl­te­ren Leu­te der Ban­de, dass das Schiff ein ge­wis­ses ele­gan­tes Äu­ße­res hat­te, wel­ches, lang­jäh­ri­ger Er­fah­rung nach, im­mer­hin zu sei­nen Guns­ten sprach.

      Schon be­gann die Son­ne hin­ter dem Ho­ri­zont im Wes­ten des io­ni­schen Mee­res zu

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