Der Archipel in Flammen. Jules Verne
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Archipel in Flammen - Jules Verne страница 6
Im nämlichen Augenblick wurde es durch ein anderes Licht ersetzt, das zuerst zwar dieselbe Stelle einnahm; doch wenn das erste auf dem Molo5 feststehende dem Schiffer immer die gleiche Richtung anwies, musste diesen das bewegliche andere aus der Fahrstraße verlocken und der Gefahr, auf einen Unterwasserfelsen aufzulaufen, aussetzen.
Das falsche Licht bestand aus einer Laterne, deren Schein sich von dem des Hafenlichtes nicht unterschied. Diese Laterne hatte man aber an den Hörnern einer Ziege befestigt, welche langsam am Rande der Klippe hingetrieben wurde. Sie veränderte ihren Ort also mit dem Tiere und musste infolgedessen auch die Sacoleve zu falschem Manövrieren verleiten.
Es war nicht zum ersten Mal, dass die Leute in Vitylo auf diese Weise verfuhren. Nein, gewiss nicht! Und es war leider auch nur selten, dass ihnen ihre schändlichen Absichten misslangen.
Die Sacoleve lief nun in die Einfahrt ein. Nachdem auch das große Marssegel6 eingezogen war, trug sie nur noch die lateinischen Segel am hintersten Maste; doch mussten auch diese genügen, um bis zu dem Anlegepfosten zu gelangen.
Zum größten Erstaunen der dasselbe beobachtenden Seeleute bewegte sich das Schiff durch die Windungen des Kanals mit unglaublicher Sicherheit weiter. Um das von der Ziege getragene bewegliche Licht schien sich darauf kein Mensch zu kümmern. Selbst am hellen Tage hätte es nicht sicherer manövrieren können. Sein Kapitän musste also unbedingt die Umgebung von Vitylo schon wiederholt durchsegelt haben, umso bekannt zu sein, dass er selbst in finsterer Nacht wagen konnte, hier ans Land zu steuern.
Schon konnte man jetzt den kühnen Seemann wahrnehmen. Seine Gestalt hob sich noch ziemlich deutlich aus dem Schatten auf dem Vorderteil der Sacoleve ab. Er stand da, in die weiten Falten seiner Aba, einer Art wollenen Mantels, gehüllt, dessen Kapuze seinen Kopf bedeckte. Dieser Kapitän zeigte in der Tat kaum eine Ähnlichkeit mit jenen bescheidenen Küstenfahrern, welche während einer schwierigen Fahrt meist einen Rosenkranz mit großen Kugeln, wie sie in den Meeren des Archipels gebräuchlich sind, hin und her gleiten lassen. Nein, dieser hier begnügte sich, mit tiefer und ruhiger Stimme dem auf dem Hinterteil des Decks befindlichen Steuermann nur seine Anweisungen zu erteilen.
Da erlosch plötzlich die Laterne am felsigen Strande. Doch auch das störte die Sacoleve nicht, welche unbeirrt ihren Weg fortsetzte. Einen Augenblick hätte man vielleicht glauben können, dass sie bei einer Wendung einen gefährlichen Felsen anlaufen könne, der ziemlich bis zur Wasserfläche, eine Kabellänge vom eigentlichen Hafen, hinaufragte und den in der Dunkelheit unmöglich jemand sehen konnte. Eine leichte Wendung des Steuers genügte aber, die Richtung des Schiffes zu ändern, das zwar ganz nahe an diesem Riffe vorüberstreifte, dasselbe aber nicht im Geringsten berührte.
Dieselbe Gewandtheit entwickelte der Steuermann, als es notwendig wurde, eine zweite Untiefe zu passieren, welche nur eine ganz beschränkte Fahrstraße im Kanal übrig ließ – eine Untiefe, auf der schon manches Schiff festgefahren war, ob dessen Lotse nun ein Komplize der Vityliner war oder nicht.
Letztere hatten nun keine Aussicht mehr, auf einen Schiffbruch zu rechnen, der ihnen die Sacoleve fast wehrlos überliefert hätte. Binnen wenigen Minuten musste diese im Hafen verankert liegen. Um sich ihrer zu bemächtigen, galt es nun Gewalt zu gebrauchen.
Das wurde denn auch nach einer kurzen Verhandlung unter den Schurken von diesen beschlossen und sollte bei der eben herrschenden und einem solchen Unternehmen besonders günstigen Dunkelheit sofort ins Werk gesetzt werden.
»In die Boote!« rief der alte Gozzo, dessen Befehl ohne Widerspruch Geltung hatte, vorzüglich wenn es sich um eine Plünderung handelte.
Etwa dreißig kräftige Männer, von denen die einen mit Pistolen bewaffnet waren, die anderen Dolche oder Äxte schwangen, warfen sich in die am Quai befestigten Boote und ruderten, offenbar an Zahl der Besatzung der Sacoleve überlegen, auf diese zu.
Da ertönte an Bord der letzteren ein kurzes Kommando. Die Sacoleve, welche jetzt über den Kanal herausgekommen war, befand sich inmitten des Hafens. Ihre Hisstaue wurden gelöst, der Anker rasselte in den Grund, und sie lag, nach einem kurzen Stoß infolge der Anspannung der Ankerkette, unbeweglich.
Die Boote befanden sich nur noch wenige Faden von derselben entfernt. Ohne besonderes Misstrauen zu zeigen, hatte sich doch die ganze Besatzung, wohl bekannt mit dem üblen Ruf der Bewohner von Vitylo, ausreichend bewaffnet, um gegebenenfalls zur Verteidigung bereit zu sein.
Vorläufig geschah aber nichts. Der Kapitän der Sacoleve war, nachdem das Schiff fest lag, mehrmals auf dem Deck hin und zurück gegangen, während seine Leute, ohne sich besonders um die Annäherung jener Boote zu bekümmern, ruhig fortfuhren, die Segel in Ordnung zu bringen und das Verdeck frei zu machen.
Indes hätte man doch beobachten können, dass sie diese Segel nicht einbanden, sondern sie so weit frei ließen, um sofort wieder auslaufen zu können.
Das erste Boot legte neben dem Backbord der Sacoleve an. Die anderen drängten sogleich nach. Und da die Seitenwände des Fahrzeugs nur niedrig waren, brauchten die Angreifer, welche jetzt ein wütendes Geschrei ausstießen, sich nur in die Höhe zu schwingen, um sich auf dessen Verdeck zu befinden.
Die Verwegensten derselben eilten nach dem Hinterteil. Einer derselben ergriff eine brennende Stocklaterne und hielt sie dem Kapitän vor das Gesicht.
Da ließ dieser durch eine schnelle Handbewegung die Kapuze herabsinken, sodass sein Gesicht in vollem Licht erschien.
»Eh«, sagte er, »die Leute von Vitylo erkennen nicht einmal ihren Landsmann Nicolas Starkos?«
Bei