Herman. Ларс Соби Кристенсен
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Читать онлайн книгу Herman - Ларс Соби Кристенсен страница 5
»Und was soll das sein?«
»Ein kleines i mit einem Punkt drüber«, sagt Herman zufrieden.
»Willst du mich anlügen?«
Herman ist reichlich verwirrt, schaut von der Tafel zum Lehrer und zurück. Tonne beugt sich wie ein überfressenes Fragezeichen über ihn.
»Ich habe dich gebeten, ein kleines i mit einem Punkt darüber zu schreiben. Erinnerst du dich?«
»Man ist nicht so vergeßlich.«
»Bist du auch noch frech!«
»Ich bin Herman Fulkt.«
Tonne gibt langsam auf, nimmt ihm die Kreide ab und lehnt sich schwer gegen die Tafel, an der er noch einen Punkt über das i malt. »Wenn ich euch sage, ihr sollt ein kleines i mit einem Punkt darüber schreiben, müssen es zwei Punkte sein, vergeßt das niemals!«
»Wird gemacht.«
Herman trollt sich zu seinem Platz, aber bevor er so weit kommt, hat Ruby ihm einen Zettel in die Hand gedrückt. Nachdem er sich gesetzt hat, faltet er ihn sorgfältig auseinander und liest unter dem Tisch: »Magst du rotes Haar? Gruß, Ruby.«
Als er einen Antwortbrief schreiben will, klingelt es, und damit ist es zu spät. Ruby hat jetzt Handarbeiten und Herman unten im Keller Papierwerken. So muß er wohl morgen eine Luftpost losschicken oder vielleicht eine Brieftaube, falls er es schafft, eine zu fangen.
Beim Papierwerken riecht es so stark nach Leim, daß es Herman fast schwindlig wird. Der Leim steht in großen Eimern an der Heizung und sieht aus wie verdorbenes Gelee. Herman bastelt gerade ein Herbarium, und er freut sich schon auf den Frühling, dann will er nach Bygdöy raus und Buschwindröschen sammeln, und auf Nesodden findet er vielleicht Glockenblumen und Vergißmeinnicht.
Pappe ist noch nicht aufgetaucht, der kommt immer zu spät zur Stunde, sicher sitzt er in der Garderobe und schmust mit der Putzfrau.
Plötzlich stehen Glenn, Björnar und Karsten um Herman herum. »Warum hast du nicht mit den Mädchen Handarbeiten?« fragt Glenn.
Herman versucht seinen Blick zu heben, aber der ist so unglaublich schwer, er braucht mindestens einen Lastkran, um ihn hochzubekommen.
»Da kannst du Topflappen häkeln und dir den Hintern damit abwischen!« fährt Karsten fort.
»Was stand auf dem Zettel?« fragt Björnar.
»Auf welchem Zettel?«
Herman kann bei so etwas nicht gut lügen. Es ist, als fiele ihm die Unterlippe herunter und würde groß wie ein Einkaufsnetz.
»Dem Zettel von Ruby, du Schlappschwanz!«
»Hab’ keinen Zettel von Ruby gekriegt.«
Seine Unterlippe wird größer und größer, er braucht bald Stützen für sie.
»Tu nicht so«, sagt Glenn und rückt näher. Glenn trägt einen Pony und eine Zahnklammer und behauptet, daß er Glas essen kann.
»Zettel? Ach, der Zettel! ’ne Einkaufsliste für meine Mutter.«
Jetzt ist die Lippe groß wie eine Badewanne, es ist so gut wie unmöglich, sie an ihrem Platz zu halten.
»Wir durchsuchen ihn!« ruft Karsten.
In Null Komma nichts sind alle Taschen umgestülpt. Björnar hält den Metallkamm hoch, Karsten winkt mit einem Fünfer, und Glenn hat den Zettel gefunden.
»Magst du rotes Haar? Gruß, Ruby«, johlt er, und es fehlt nicht viel, daß seine Zahnspange herausspringt.
Und dann ist das Lachen wieder da, alle werden angesteckt und sind für eine ganze Weile krank, und Pappe ist immer noch nicht aufgetaucht. Das Lachen ist schlimmer als Masern und Windpocken zusammen, denkt Herman. Doch plötzlich sind alle wieder gesund. Glenn hält ihn fest am Arm.
»Magst du rotes Haar, Herman?«
Herman schaut auf seine Schuhe und atmet schwer. Björnar drückt ihm den Metallkamm wie eine Pistole zwischen die Augen.
»Magst du rotes Haar?!«
»Das Schlimmste, was ich mir denken kann«, sagt Herman, und die Unterlippe schleift über den Boden, und widerliche Tiere, die er nicht ausspucken kann, klettern in seinen Mund.
»Sag, daß Ruby häßlich ist.«
»Ruby ist häßlich.«
»Sag, daß Ruby ein Vogelnest in ihrem Heuhaufen hat!«
Herman fummelt an seinem Herbarium herum, das immer noch nicht fertig ist, in seinem Kopf juckt es.
»Ruby hat ein Vogelnest im Heuhaufen.«
Glenn läßt Herman los, und Karsten stellt sich hinter ihn.
»Jetzt mußt du sterben!«
»Jetzt muß ich sterben«, wiederholt Herman.
»Was ist dein letzter Wunsch?«
»Den Kamm wiederzukriegen.«
Björnar grinst und legt den Metallkamm ins Herbarium. Karsten paßt an der Tür auf, und Glenn schiebt ein Stück Pappdeckel unter Hermans Pullover. Und dann sticht Björnar ein Messer hinein, so daß es auf der Brust stehen bleibt.
»Er kommt!« flüstert Karsten.
»Leg dich hin! Du bist tot!«
Herman legt sich zwischen die Bänke und schließt die Augen. Kurz darauf steht Pappe da. Pappe ist dünn wie eine Rhabarberstange, und er hat riesige, durchsichtige Ohren. Bei Wind muß er sie mit einem Weckgummi festbinden, um nicht wegzuwehen. Er bleibt stehen und schaut sich um, verwundert, denn alle sind ganz still, und das ist Pappe nicht gerade gewohnt. Schließlich entdeckt er Herman. Pappe muß sich am Türrahmen festhalten, dann stürmt er durch den Raum, kippt zwei Leimeimer um, wedelt mit den Armen und schreit. Neben Herman wirft er sich hin, will das Messer herausziehen, traut sich aber nicht, es anzufassen. Herman liegt ganz still und stellt fest, daß Pappe nach Parfüm riecht, vielleicht ist es auch nur der Leim.
»Was ist passiert!« brüllt Pappe.
Keiner antwortet. Pappe beugt sich wieder über ihn, und Herman hat Lust zu niesen, aber es ist womöglich nicht so geschickt zu niesen, wenn man ein Messer im Herzen hat.
»Herman, hörst du mich? Hier ist Fredrik Johansen, hörst du mich, Herman?«
Herman hört ihn sehr gut, weiß aber nicht, ob er antworten soll. Vielleicht ist es das beste zu warten, bis Pappe ruhiger geworden ist.
»Holt die Krankenschwester!« schreit er. »Holt die Krankenschwester!«
Aber keiner rührt sich, und keiner sagt etwas. Pappe nimmt Hermans Hand und legt sein riesiges Ohr auf Hermans Mund. Das kitzelt.
»Herman