Die Eroberung von Plassans. Emile Zola
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Читать онлайн книгу Die Eroberung von Plassans - Emile Zola страница 13
„Sie empfangen die ganze Bande von der Unterpräfektur“, murmelte Mouret mit mürrischer Miene.
„Die Bande von der Unterpräfektur?“ wiederholte sie. „Die Bande von der Unterpräfektur? — Ohne Zweifel, ich empfange diese Herren. Ich glaube dennoch nicht, daß man Herrn Péqueur des Saulaies in diesem Winter oft bei mir trifft; mein Mann hat ihm die Wahrheit über die letzten Wahlen gesagt. Er hat sich hinters Licht führen lassen wie ein Tropf . . . Was seine Freunde anbelangt, so sind sie Menschen aus guter Gesellschaft. Herr Delangre, Herr de Condamin sind sehr liebenswürdig, der biedere Paloque ist die Güte selbst, und gegen Doktor Porquier haben Sie, glaube ich, nichts einzuwenden.“
Mouret zuckte die Achseln.
„Übrigens“, fuhr sie fort und legte ironisch Nachdruck auf ihre Worte, „empfange ich auch Herrn Rastoils Bande, den ehrenwerten Herrn Maffre und unseren gelehrten Freund Herrn de Bourdeu, den früheren Präfekten . . . Sie sehen also, wir schließen uns gegen niemand ab, bei uns sind alle Meinungen willkommen. Aber begreifen Sie doch, daß kein Schwanz zu mir kommen würde, wenn ich meine Gäste nur aus einer Partei aussuchte! Außerdem lieben wir den Geist überall, wo er sich findet; wir erheben den Anspruch, daß zu unseren Abendgesellschaften alles kommt, was Plassans an vornehmen Persönlichkeiten aufzuweisen hat . . . Mein Salon ist neutrales Gebiet, merken Sie sich das gut, Mouret; ja, neutrales Gebiet, das ist das richtige Wort.“ Sie hatte sich beim Sprechen ereifert. Jedesmal wenn man sie auf dieses Thema brachte, wurde sie zum Schluß böse. Ihr Salon war ihr großer Ruhm; wie sie sagte, wollte sie dort thronen, nicht als Parteichef, sondern als Frau von Welt. Es stimmt, daß die vertrauten Freunde behaupteten, sie bediene sich einer Versöhnungstaktik, die ihr Sohn Eugène, der Minister, ihr angeraten habe, der ihr auftrug, in Plassans die Annehmlichkeiten und die Liebenswürdigkeiten des Kaiserreiches zu verkörpern.
„Sie können sagen, was Sie wollen“, brummelte Mouret dumpf, „Ihr Maffre ist ein Pfaffe, Ihr Bourdeu ein Einfaltspinsel, und die anderen sind größtenteils Lumpen. Das ist’s, was ich denke . . . Ich danke Ihnen für Ihre Einladung, aber das würde mich zu sehr in meinem Tagesablauf stören. Ich habe die Angewohnheit, zeitig schlafen zu gehen. Ich bleibe zu Hause.“
Félicité erhob sich, wandte Mouret den Rücken zu und sagte zu ihrer Tochter:
„Ich rechne immerhin auf dich, nicht wahr, meine Liebe?“ „Gewiß“, antwortete Marthe, die die grobe Weigerung ihres Mannes mildern wollte.
Die alte Dame schickte sich an zu gehen, da schien sie sich eines Besseren zu besinnen. Sie bat, Désirée, die sie im Garten erblickt hatte, einen Kuß geben zu dürfen. Sie wollte nicht einmal, daß man das Kind rief; sie stieg auf die Terrasse hinunter, die von einem am Morgen niedergegangenen leichten Regen noch ganz naß war. Dort floß sie über vor Liebkosungen für ihre Enkelin, die ein bißchen scheu vor ihr stehenblieb; als sie dann wie zufällig den Kopf hob und die Vorhänge im zweiten Stock sah, rief sie aus:
„Nanu! Ihr habt vermietet? — Ach ja! Ich entsinne mich, an einen Priester, glaube ich. Ich habe davon gehört . . . Was für ein Mensch ist dieser Priester?“
Mouret sah sie fest an. Ihm kam gleichsam ein rascher Argwohn; er dachte, daß sie einzig wegen Abbé Faujas gekommen war.
„Auf Ehre“, sagte er, ohne sie aus den Augen zu lassen, „ich weiß darüber nichts . . . Aber vielleicht können Sie mir Auskunft geben?“
„Ich?“ rief sie mit großartig gespielter Überraschung. „Nun! Ich habe ihn nie gesehen . . . Warten Sie, ich weiß, daß er Vikar an der Kirche Saint-Saturnin ist; Pater Bourrette hat mir das gesagt. Und hören Sie, das bringt mich auf den Gedanken, daß ich ihn zu meinen Donnerstagen einladen sollte. Zu meinen Gästen gehören bereits der Direktor des Priesterseminars und Monsignores Sekretär.“ Dann wandte sie sich an Marthe: „Weißt du, wenn du deinen Mieter siehst, solltest du dahingehend bei ihm vorfühlen, daß du mir sagen kannst, ob ihm eine Einladung angenehm wäre.“
„Wir sehen ihn fast nicht“, beeilte sich Mouret zu antworten. „Er kommt und geht, ohne den Mund aufzumachen . . . Außerdem geht mich das nichts an.“ Und er musterte sie weiter mit argwöhnischer Miene. Sicherlich wußte sie viel mehr über Abbé Faujas, als sie erzählen wollte. Im übrigen zuckte sie mit keiner Wimper unter dem aufmerksam musternden Blick ihres Schwiegersohnes.
„Das ist mir schließlich gleichgültig“, fuhr sie mit vollendeter Ungezwungenheit fort. „Wenn er ein anständiger Mensch ist, werde ich immer eine Art und Weise finden, ihn einzuladen . . . Auf Wiedersehen, meine Kinder.“
Sie ging die Freitreppe wieder hoch, als sich auf der Schwelle zum Hausflur ein großer alter Mann zeigte. Er trug einen Überzieher und Hosen aus sehr sauberem blauem Tuch und hatte eine Pelzmütze mit über die Augen hängender Krempe auf. In der Hand hielt er eine Peitsche.
„Ah, Onkel Macquart!“ rief Mouret und warf einen neugierigen Blick auf seine Schwiegermutter.
Félicité hatte eine sehr unwillige Handbewegung gemacht. Macquart, ein unehelicher Bruder Rougons, war dank dessen Hilfe nach Frankreich zurückgekehrt, nachdem er sich in der Erhebung der Landgemeinden von 1851 unmöglich gemacht hatte. Seit seiner Rückkehr aus Piemont führte er das Leben eines fetten Bürgers mit gutem Auskommen. Er hatte sich — man wußte nicht, mit was für Geld — im Dorf Les Tulettes, drei Meilen von Plassans entfernt, ein Häuschen gekauft. Nach und nach hatte er sich herausgemacht und sich schließlich sogar ein Wägelchen und ein Pferd zugelegt, so daß man ihn nur noch auf den Landstraßen traf, wie er Pfeife rauchend die Sonne trank, grinste und dabei aussah wie ein solide gewordener alter Seebär. Die Feinde der Rougons sagten ganz leise, daß die Brüder irgendeinen schlechten Streich zusammen begangen hätten und daß Pierre Rougon Antoine Macquart aushalte.
„Guten Tag, Onkel“, wiederholte Mouret mit betonter Freundlichkeit. „Sie kommen also, uns einen kleinen Besuch abzustatten?“
„Aber ja“, antwortete Macquart in gutmütigem Ton. „Du weißt, jedesmal wenn ich durch Plassans komme . . . Ach, du meine Güte, Fèlicité! Wenn ich darauf gefaßt gewesen wäre, Sie hier zu finden! Ich war gekommen, um Rougon zu besuchen, ich hatte ihm etwas zu sagen . . .“
„Er war zu Hause, nicht wahr?“ unterbrach sie ihn mit ruheloser Lebhaftigkeit. „Es ist gut, es ist gut, Macquart.“
„Ja, er war zu Hause“, fuhr der Onkel seelenruhig fort, „ich habe ihn gesehen, und wir haben geplaudert. Er ist ein guter Kerl, der Rougon.“ Er lachte leicht auf. Und während Félicité vor Angst von einem Fuß auf den anderen trat, redete er weiter mit seiner schleppenden Stimme, die so seltsam gebrochen klang, daß er sich stets über die Welt lustig zu machen schien: „Mouret, mein Junge, ich habe dir zwei Kaninchen mitgebracht; sie sind da in einem Korb. Ich habe sie Rose gegeben . . . Für Rougon hatte ich auch zwei; Sie werden sie zu Hause finden, Félicité, und können mir Bescheid geben. Ah, wie fett die Strolche sind! Ich habe sie für euch gemästet . . . Was wollt ihr, Kinder? Mir macht es Freude, was zu verschenken.“
Félicité war ganz blaß und preßte die Lippen zusammen, während Mouret sie weiter mit heimlichem Lachen ansah. Sie hätte sich gerne zurückgezogen; aber sie fürchtete die Redereien, wenn sie Macquart allein zurückließ.
„Danke, Onkel“, sagte Mouret. „Letztes Mal waren Ihre Pflaumen sehr gut . . . Sie trinken doch einen Schluck?“
„Na,