Messi. Luca Caioli

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Messi - Luca Caioli

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was er wollte. Ihm war bewusst, dass er bei Barça eine Chance hatte. Er wusste auch, was es bedeutete, ein Opfer zu bringen – das taten schließlich er und seine Familie. Also wollte er seine Chance nicht ungenutzt lassen. In fußballerischer Hinsicht gab es nur eins, was er nicht abkonnte: auf ungewohnten Positionen zu spielen. Er sagte zwar nichts, aber man konnte es ihm im Gesicht ablesen. Ich ließ ihn überall auf dem Platz spielen, damit er seine Fähigkeiten weiterentwickeln konnte. Das war sozusagen eine Pflicht in Jugendmannschaften. Also ließ ich ihn im Mittelfeld spielen und manchmal auch als Mittelstürmer oder auf der linken bzw. rechten Seite. Aber er mochte das nicht. Nach ein paar Minuten rutschte er ins Zentrum, hinter die Spitzen. Davon konnte man ihn nicht abbringen.“

       Was kann man so einem Jungen beibringen?

      „Ich glaube, dass er uns mit der Spielweise des argentinischen Straßenfußballs bekannt gemacht hat – mit dem Täuschen und Tricksen. Im Gegenzug haben wir versucht, ihm unseren Angriffsfußball à la Barça beizubringen – viele Bälle erobern und dabei so konzentriert wie möglich spielen, mit nur zwei oder drei Ballberührungen den Angriff einleiten, das Mittelfeld schnell überbrücken und dann mit Tempo durch die gegnerische Hälfte spielen. Jeder Spieler sollte sein ganzes Talent zeigen können.“

       Und die schönste Erinnerung an dieses Jahr …

      „Ich habe viele Bilder von Leo im Kopf, aber die unglaublichste Geschichte ist ganz sicher die mit der Maske.“

       Erzählen Sie.

      „Wir hatten unser letztes Ligaspiel: Barça gegen Espanyol im Mini Estadi. Uns reichte ein Unentschieden, um Meister zu werden. Wir lagen 1:0 in Führung, als Leo urplötzlich mit einem Abwehrspieler der Wellensittiche [Espanyols Spitzname] zusammenkrachte. Er verlor kurzzeitig das Bewusstsein und wurde mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Die sagten, dass er einen Jochbeinbruch habe. Zwei Wochen Verletzungspause. Damit würde er bei der Copa Catalunya fehlen, die nur zwei Wochen später stattfinden sollte. Angesichts dieser Nachricht war die ganze Mannschaft todtraurig, obwohl wir Espanyol gerade 3:1 geschlagen hatten und Meister geworden waren. Tja … die erste Woche geht also vorbei, und in der zweiten erzählen uns die Ärzte vom FC Barcelona, dass er mit einer Schutzmaske mittrainieren könnte. Zwei Monate zuvor hatte sich Carles Puyol von den Profis eine ähnliche Verletzung zugezogen und sich anstelle einer Operation für einen Gesichtsschutz entschieden. Wir zogen also los, um die Maske aufzutreiben und herauszufinden, ob Messi die auch tragen konnte. Die Docs waren einverstanden und gaben ihm grünes Licht, beim Finale am 4. Mai mit der Maske zu spielen.“

       Wie lief das Finale?

      „Das Spiel fängt also an, und nach zwei Spielzügen kann ich sehen, dass Leo die Maske ein wenig hochschiebt. Sie passt ihm nicht richtig, und er kann nichts sehen. Nach zwei Minuten kommt er zur Bank gelaufen, ruft mir zu: ‚Hier ist die Maske, Chef‘ und wirft sie mir hin. ‚Leo, wenn du sie abnimmst, muss ich dich auswechseln‘, sage ich noch zu ihm. ‚Ich kann in Teufels Küche kommen, und du …‘ Da sagt er: ‚Trainer, bitte nicht, lass mich noch einen Augenblick auf dem Platz.‘ Innerhalb von fünf Minuten bekommt er dann zweimal den Ball und schießt zwei Tore. Beim ersten kriegt er die Kugel in der Mitte des Spielfeldes und trickst den Torwart aus. Dem zweiten Tor geht eine Flanke von Frank Songo’o von der Grundlinie voraus, die er mit einem herrlichen Tor versenkt. Zur Pause lagen wir 3:0 vorne, und ich sagte zu ihm: ‚Du hast deine Pflicht für die Mannschaft getan, jetzt kannst du dich auf der Bank ausruhen.‘“

       Eine nette Geschichte. Aber mal ganz ehrlich, haben Sie je geglaubt, dass Leo es so weit bringen würde?

      „Zumindest nicht so schnell. Ich war mir schon sicher, dass Messi viel Talent hatte und es in die Profimannschaft schaffen kann – aber so eine Explosion? Nein. Das ist alles so schnell gegangen. Deshalb glaube ich auch, dass er zum Symbol einer ganzen Ära werden wird, wenn er von schlimmen Verletzungen verschont bleibt.“

      Kapitel 10

      Das Debüt

      16. November 2003

      Das Estádio do Dragão ist wunderschön. Das Blau des Innenraums bildet einen Kontrast zum Grün des Rasens, und die offene Architektur erlaubt einen Blick auf das hell erleuchtete Porto. Die weiße Dachkonstruktion umrahmt den Innenraum und ermöglicht einen guten Blick auf das Spielfeld. Der von Manuel Salgado entworfene Bau mit 52.000 Sitzplätzen entstand als Nachfolger des Estádio das Antas als Spielstätte für die Europameisterschaft 2004. Hier fand auch das Eröffnungsspiel zwischen Portugal und Griechenland statt. Normalerweise bildet das Stadion die Kulisse für Spiele des FC Porto – ein schöner Ort für ein Debüt in der Profimannschaft, hell erleuchtet vom Flutlicht. Doch der 16. November 2003 ist nicht nur der Tag von Leos Debüt, sondern auch der Einweihung des Stadions. Viele Zuschauer haben sich eingefunden und sind voller Neugier, den neuen Fußballtempel der Stadt zu sehen, seinen Zauber am eigenen Leib zu spüren. Am Himmel bewundern sie die goldenen Knalleffekte des halbstündigen Feuerwerks. Ob es wohl Glück bringen wird, dass das Stadion in den Vereinsfarben des FC Porto, Blau und Weiß, gehalten ist?

      Das Spiel selbst ist zunächst eher unwichtig. Ein bisschen Fußball, gelegentlich mal ein paar Emotionen – eine langweilige Begegnung. Ganz nach Drehbuch und zur Freude der Heimmannschaft endet es mit einem 2:0 für Porto. Lionel kommt in der 74. Minute zu seinem ersten Einsatz. Er ist der dritte Spieler, der eingewechselt wird, um bei der portugiesischen Fiesta mitzumischen. Der FC Barcelona musste auf die Jugend zurückgreifen, um die Lücken in der Aufstellung zu füllen. Die Nationalspieler sind von ihren jeweiligen Heimatländern zu EM-Qualifikations- oder Freundschaftsspielen berufen worden. Also nimmt man vielversprechende Jugendspieler mit auf die Reise nach Portugal: Jorquera, Oscar López, Oleguer, Márquez, Fernando Navarro, Xavi, Ros, Santamaría, Gabri, Luis García, Luis Enrique, Expósito, Thiago, Jordi, Oriol Riera und eben Messi. Noch tags zuvor hatte er für die Cadet A dreimal gegen den EC Granollers getroffen.

      Leo kommt für Navarro ins Spiel und trägt die Nummer 14. Er kann es kaum erwarten, zu zeigen, was er kann. So fällt er selbst in den nur 15 Minuten, die er auf dem Platz steht, durch die Vorbereitung zweier Torchancen auf. Nach dem Schlusspfiff meint Frank Rijkaard, er sei „ein Junge mit großem Talent und einer vielversprechenden Zukunft“.

      Leo ist 16 Jahre, vier Monate und 23 Tage alt. In der Vereinsgeschichte finden sich nur zwei Spieler, die noch jünger waren, als sie das erste Mal das Trikot des Vereins trugen: Paulino Alcántara debütierte am 25. Februar 1912 mit 15 Jahren, vier Monaten und 18 Tagen gegen Català, und in einem Saisonvorbereitungsspiel in Holland gegen AGOVV Apeldoorn brachte Louis van Gaal 1998 den Nigerianer Haruna Babangida für wenige Minuten zum Einsatz – mit 15 Jahren, neun Monaten und 18 Tagen. Für den Jungen, der zweieinhalb Jahre zuvor aus Argentinien gekommen war, handelt es sich also zweifellos um ein gutes Zeichen. Doch jene zauberhafte Nacht von Porto sollte vorerst eine Ausnahme bleiben. Messi wird sich bis zur Asien-Tournee durch Südkorea, Japan und China im Juli 2004 gedulden müssen, bis er sich wieder das Leibchen der Profimannschaft überstreifen darf.

      In der Zwischenzeit hat es beim Futbol Club Barcelona eine Reihe von Veränderungen gegeben. Am 15. Juni 2003 wurde Joan Laporta zum neuen Vereinspräsidenten gewählt. Frank Rijkaard ist nun Trainer der Profimannschaft, und am 21. Juli präsentierte man Ronaldinho vor 30.000 Menschen im Camp Nou als den neue Messias.

      Nach dem annus horribilis der Saison 2002/03 (Viertelfinal-Aus gegen Juventus Turin in der Champions League, Niederlage gegen den damaligen Drittligisten FC Novelda in der Copa del Rey, sechster Platz in der Liga mit 22 Punkten Rückstand auf Meister Real Madrid, dazu mit Louis van Gaal und Radomir Antić zwei Trainer sowie mit Joan Gaspart und Interimspräsident Enric Reyna zwei Präsidenten) hoffen die Vereinsmitglieder nun darauf, dass sich die Lage bessern wird und man gegenüber dem Rivalen Real Madrid wieder Boden gutmachen kann.

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