Fürstenkrone Box 15 – Adelsroman. Maria Czigler Bianca
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»Sprich nicht so, Helene, ich will es nicht hören! Außerdem widersprichst du dir.« Die Marquise lächelte fein.
*
»Du weißt«, sagte Christina de Roussillon wenig später zu Angelika, »daß dein Großvater in Deutschland der Fürst von Rothenstein war.«
»Ich weiß, Mama«, erwiderte das zierliche schwarzhaarige Mädchen. »Weshalb fragst du?«
»Dein Großvater hat dich zu seiner Universalerbin eingesetzt. Dir gehört also Rothenstein, und um es für dich in Besitz zu nehmen, müssen wir dorthin fahren.«
»Aber ich kenne es nicht.«
»Du wirst es kennenlernen, Angelika. Es ist deine Heimat.«
»Nein, Mama, meine Heimat ist Roussillon. Hier bin ich geboren, und hier möchte ich leben. Ich möchte dich niemals verlassen.«
»Roussillon wird deine zweite Heimat bleiben, Angelika. Und verlassen wirst du nicht sein, da ich dich ja begleiten werde. «
»Du wirst bei mir bleiben auf Rothenstein?«
»Natürlich, Angelika. Du bist nach dem Gesetz des Landes, in dem Rothenstein liegt, noch nicht mündig. Deine Geschäfte dort müssen also vorläufig noch von mir abgewickelt werden.«
*
»Du lieber Himmel!« Cäcilie Gräfin von Seebach ließ sich entsetzt in einen Sessel sinken. »Das hat uns gerade noch gefehlt.«
Sie war eine ältere, ein wenig hagere Person, und man sagte ihr eine scharfe Zunge nach. Einige harte Linien um ihren Mund zeugten von einer gewissen Verbitterung, und Eingeweihte wollten wissen, es rührte daher, daß es ihr bisher nicht gelungen sei, bei Hofe zugelassen zu werden.
In der Tat war etwas Wahres daran. Sie hatte sehr gehofft, daß sich das ändern würde, wenn Michael erst einmal Fürst auf Rothenstein geworden war. Hatte sie so lange Geduld haben müssen, so kam es auf die zwei fehlenden Jahre auch nicht mehr an, zumal man Grund hatte, anzunehmen, daß die rechtmäßige Erbin von Rothenstein gar nicht oder nicht mehr existierte. Alle Nachforschungen waren seit Jahren im Sande verlaufen.
Und nun dies!
Sie ließ das Telegramm sinken und sah bis ins Innerste erschüttert zu ihrem Gatten auf.
Richard von Seebach starrte in das flackernde Kaminfeuer und antwortete nicht.
»So sage doch endlich etwas, Richard!« fuhr Cäcilie ärgerlich auf. »Du willst mir doch nicht einreden, es sei dir gleichgültig, daß man diese Angelika, an deren Existenz wir alle hier nicht so recht geglaubt haben, uns endlich gefunden hat.«
»Was ereiferst du dich nur so, Mama«, drang eine warme Männerstimme aus dem Hintergrund, und aus dem Halbdunkel trat eine schlanke aufrechte Männergestalt hervor.
Der junge Graf Michael von Seebach glich in manchem seiner Mutter. Von ihr hatte er die hochgewachsene Gestalt und das volle dunkle Haar.
Von ihr hatte er auch eine gewisse Zielstrebigkeit und seinen eisernen Willen. Die Augen jedoch waren ganz die seines Vaters, doch fehlte ihnen die Kälte.
»Wie soll ich mich da wohl nicht ereifern, Michael. Begreifst du denn nicht, was da auf uns zukommt?«
»Niemand weiter als die zukünftige Fürstin auf Rothenstein, Mama. Ich kann es mit dem besten Willen nicht anders sehen.«
»Und es ist dir völlig gleichgültig, daß du Rothenstein verlieren wirst?« fuhr Richard von Seebach dazwischen.
»Gott, Papa, wir Seebachs sind doch auch nicht gerade die Ärmsten. Ich habe es immer als ein wenig unrecht empfunden, daß wir bereits auf Rothenstein leben, als gehöre es uns.«
»Wir sind vom Nachlaßgericht eingesetzt worden. Man hat dort offenbar auch nicht mehr an die Existenz dieser sagenhaften Angelika de Roussillon geglaubt.«
»Das weiß ich ja, aber niemand kann etwas gegen sein Empfinden. Und ich habe mich hier eigentlich niemals heimisch gefühlt. Auf Seebach ist mir wohler, einfach weil ich weiß, dort gehöre ich hin.«
»Nun, du hättest auch hierher gehören können«, sagte Cäcilie, »aber der Besitz allein ist es ja nicht, was die Sache so unangenehm macht. Bedenke doch nur die Lage, in die wir kommen! Unsere gesellschaftliche Stellung wird bis in ihre Grundfesten erschüttert werden. Man wird uns nicht mehr einladen, man wird uns schneiden…«
»Das wirst du mir schon näher erklären müssen. Ich vermag nicht einzusehen, was das Eintreffen eines Kindes auf Rothenstein mit unserer immerhin recht gefestigten gesellschaftlichen Stellung zu tun haben soll.«
Cäcilie und Richard von Seebach warfen sich einen Blick zu.
»Mein Gott«, sagte Cäcilie darum langsam, »was ist da schon groß zu erklären. Christina gilt für die Gesellschaft schon seit langem als tot, da man niemals wieder etwas von ihr hörte. Ihr plötzliches Auftauchen hier wird natürlich alte Geschichten wieder aufleben lassen. Es war den Rothensteinern schon damals nicht angenehm, mit gewissen Dingen in Zusammenhang gebracht zu werden.«
»Christina von Rothenstein? Ich meine: Christina de Roussillon? Sie kommt also mit hierher?«
»Natürlich!« brummte Richard von Seebach und warf ergrimmt seinen Zigarrenstummel in das Kaminfeuer. Dann kam er näher.
»Ich weiß von Christina eigentlich recht wenig«, bemerkte Michael nachdenklich und ließ sich an der Seite seiner Mutter nieder. Ungerührt stopfte er sich dabei eine Pfeife. »Eigentlich nicht mehr und nicht weniger, als daß sie die einzige Tochter des Fürsten von Rothenstein ist und früh nach Frankreich geheiratet hat. Fürst Leopold war nie sehr gesprächig, wenn die Rede auf seine Tochter kam.«
»Er hatte Grund, sich nicht an sie zu erinnern.«
Graf Michael war ein nüchtern und sachlich denkender junger Mann und hielt seine Eltern in mancher Hinsicht für reichlich antiquiert.
Trotzdem packte ihn jetzt eine gewisse Neugier.
Die Mutter tat gerade so, als habe Christina ein Verbrechen begangen, zumindest in ihren Augen, und er war nun doch interessiert, Näheres darüber zu erfahren. Immerhin sollte er Christina, die er ja wohl als Tante betrachten mußte, bald gegenüberstehen, und selbst er hätte doch gern gewußt, welche Haltung er ihr gegenüber einnehmen mußte.
»Was hat Christina denn nun eigentlich verbrochen, Mama? Es hat doch wenig Sinn, wie die Katze um den heißen Brei herumzugehen. Wie sind wir überhaupt mit ihr verwandt?«
»Um etliche Ecken, Michael. Die Verwandtschaft ist auf jeden Fall weitläufig genug, um uns notfalls von Christina und deren Tochter distanzieren zu können. Ich glaube jedenfalls kaum, daß es Christina gelingen dürfte, in der Gesellschaft hier Fuß zu fassen.«
»Das ist noch nicht so sicher«, brummte Graf Richard vor sich hin, »sie hat nicht schlecht geheiratet.«
»Wenigstens