Neymar. Luca Caioli

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Neymar - Luca Caioli

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Schulleiter und bettelte um einen Ball, damit er ein paar Schüsse oder Hochhalten üben konnte. Hier in der Sporthalle nahmen er und seine Freunde das Volleyballnetz ab, damit sie Fußball spielen konnten. Die Mädchen wollten lieber Volleyball spielen, aber die Jungen taten so, als wären sie schwerhörig.“

      Ich frage, wie es einen Jungen aus so bescheidenen Verhältnissen an eine so teure Privatschule verschlagen konnte: Die Schulgebühren hatte die Familie sich doch sicher nicht leisten können? „Er bekam ein Stipendium“, erklärt die Schulkoordinatorin.

      Es ist eine lange Geschichte, die auf den Fußballplätzen der Associação Atlética Portuguesa beginnt, von den Einheimischen kurz „Briosa“ oder „Portuguesa Santista“ genannt. Der Verein wurde 1917 von einer Gruppe portugiesischer Einwanderer gegründet. Die meisten von ihnen waren Bauarbeiter, die sich auf den Baustellen in der ganzen Stadt verdingten. Sie wollten es den Italienern, Spaniern und Syrern gleichtun, die alle ihre eigenen Sportvereine hatten. Nachdem sie ein Spiel des España Futebol Clube gesehen hatten, trafen sie sich in einem Friseursalon, um über die Gründung eines eigenen Klubs zu beraten.

      Das Sportgelände von Portuguesa Santista liegt nur wenige Hundert Meter von der Avenida Ana Costa entfernt, in der sich die Schule befindet. Der Klub besitzt heute ein riesiges Gelände, zu dem auch ein Schwimmbad mit 50-Meter-Bahn, ein Kinderschwimmbecken, ein Festsaal und sogar eine Churrasqueria, ein Steakhaus, gehören. Im Herzen des Komplexes befindet sich das Stadion Ulrico Mursa. Manuel, der Geschäftsführer des Vereins, weist darauf hin, dass es „das erste in ganz Lateinamerika mit Betondach“ gewesen sei. Die erste Mannschaft, die gerade in der vierten Liga des Campeonato Paulista spielt, trainiert gerade gegen die Junioren.

      Auf der Tribüne verfolgt Edu Marangon interessiert das Treiben eines jungen Talents, das gerade erst angefangen hat und großes Potenzial andeutet. Marangon ist italienischer Abstammung (seine Familie stammt aus Treviso) und beherrscht nach wie vor die Sprache Dantes. Er wurde bei Portuguesa Santista groß, spielte von 1987 bis 1989 zwei Jahre für den FC Turin und danach für Porto, Flamengo, Santos, Palmeiras, Yokohama Flügels und schließlich Bragantino. Außerdem absolvierte er zehn Länderspiele für die Seleção.

      Heute ist er Sportdirektor von Portuguesa Santista. Über Neymar sagt er: „Er ist anders als alle anderen. Er ist nicht nur ein toller Fußballer, er hat auch die Intelligenz, ein Spiel zu lesen, gepaart mit überragender körperlicher Fitness. Eine Zeit lang verwandelte er Santos im Alleingang in eine Art Cirque de Soleil. Er ist der neue Messi.“ Allerdings bedauert er, dass er eine solche Welle von Nachahmern ausgelöst habe. „Schau dir doch die ganzen jungen Burschen an“, fährt Marangon fort. „Alle haben seine Frisur, tragen die gleichen Klamotten wie er, setzen ihre Kopfhörer auf wie er, äffen ihn nach. Du musst nur vor die Tür gehen [er zeigt auf den Eingang zum Vereinsgelände], und schon stehen da zehn Väter und 20 Mütter mit ihren Zwölf- oder 13-Jährigen und deren Lebensläufen in der Hand. Sie alle versichern, dass ihr Sohn der neue Neymar sei und sie ihre Jobs drangegeben hätten, um die Karriere ihres Sprösslings auf Schritt und Tritt begleiten zu können. Aber ein Neymar wird nur alle 50 Jahre geboren.“ Marangon erinnert sich gut an den Jungen im Briosa-Trikot, der auf genau diesem Platz gespielt hat.

      Es war Betinho, der ihn mit einer Gruppe seiner Schützlinge nach Portuguesa brachte. Hier hat er sein erstes offizielles Turnier auf großem Feld absolviert. „Er spielte auf der linken Seite und zeigte sofort, was er draufhatte“, erinnert sich Betinho. „Er wollte den Ball und erhielt ihn direkt vor der eigenen Abwehr. Er dribbelte aus der eigenen Hälfte heraus, spielte den Gegnern Knoten in die Beine und gab den Ball dann an einen Mitspieler weiter oder suchte selbst den Weg zum Tor.“ Betinho erinnert sich auch an einen Treffer, den Neymar im Finale eines Turniers in Cascavel in Paraná erzielte. „Er spielte, nach Art von Robinho, aus dem Nichts heraus einen Doppelpass und haute den Ball dann oben in den Winkel. Ein Meisterwerk. Alle waren begeistert!“

      Ein Spiel, an das sich viele noch erinnern, ist ein Juniorenmatch zwischen Portuguesa und São Paulo. Neymar war damals elf Jahre alt, seine Mitspieler alle schon zwölf. Einer seiner Freunde, Dudu, mit dem er bei Tumiaru und danach auch bei Liceu spielte und mit dem er sich sowohl auf als auch neben dem Platz bestens verstand, trug die Nummer 11. Dudu setzte zum Dribbling an und wurde im Strafraum zu Fall gebracht. Elfmeter. Die Nummer 10, Neymar, trat an. 1:0 für Briosa. Danach war es erneut Dudu, der von der linken Seite auf Gustavo flankte, der das zweite Tor machte. São Paulo reagierte und konnte durch Fabio auf 1:2 verkürzen. Aber Neymar war nicht zu bremsen. Er setzte zum Dribbling an, lief mit dem Ball am Fuß allein auf den Torwart zu, der seinen Schuss jedoch parieren konnte. Doch Neymar bekam erneut den Ball und passte ihn zum lauernden Leo Baptistão, der zum 3:1 vollendete. Das letzte Tor erzielte dann Neymar selbst, vom Mittelpunkt aus. Der Torwart hatte den Braten zwar gerochen, doch der Ball glitt ihm durch die Hände.

      4:1 war der Endstand, Juninho hatte zweimal getroffen. Es war der dritte Saisonsieg für Briosa, das sich damit an die Tabellenspitze setzte. Nach dem Spiel war Trainer Betinho im Fernsehinterview voll des Lobes für Dudu und Neymar: „Sie sind eine Offenbarung für den Juniorenfußball von Baixada Santista.“ Neymar, der sein rotes „100 Prozent Jesus“-Stirnband trug, sagte, dass der Rest der Mannschaft gut gespielt habe, und nahm mit einem frechen Grinsen São Paulo aufs Korn: „Es war einfacher, als wir erwartet hatten.“ Neymar war so viel besser als alle anderen gewesen, dass der FC São Paulo ihm ein Angebot machte. Die Verantwortlichen wollten ihn in den Farben von Tricolor sehen, konnten aber keine Einigung erzielen.

      Reginaldo Ferreira de Oliveira alias Fino, der Trainer von Portuguesa und Futsal-Koordinator bei Liceu, erinnert sich: „Das war eine ganz ansehnliche Mannschaft. Da waren Neymar, Dudu, Gustavo und Leo Baptistão. Juninho spielte für sein Leben gern Fußball und wollte immer der Beste sein. Der Beste seiner Straße, der Beste im Viertel, der Beste der Stadt, dann des Bundesstaats, dann im ganzen Land und jetzt der Beste der Welt. Er will immer mehr, jeden Tag, und so war er schon als kleiner Junge. Schau dir nur an, wie schnell er sich nach dem Futsal auf das große Feld einstellte. So schnell, dass er binnen sechs Monaten ein Angebot von Santos erhielt.“

      Fino ist heute Sportlehrer und Trainer an der Fußballschule Meninos da Vila CT Neymar in Ourinhos. „Die einzige, die Neymars Namen trägt“, sagt er. „Sein Vater wollte, dass ich an der Schule, die sein Sohn gegründet hat, das Training leite – vielleicht wegen dem, was ich für Neymar getan habe.“ Eine der vielen guten Taten Finos war es, Neymar und seine Schwester Rafaela im Liceu São Paulo unterzubringen. Fino erklärte der Schulleitung damals, dass die Futsal-Mannschaft ganz ordentlich sei, aber dass es bei Portuguesa ein paar Spieler gebe, die sie noch besser machen könnten. Insbesondere ein Junge hätte das Potenzial, viel zu bewegen und zum Star der Mannschaft zu werden. Das Problem sei, dass seine Familie sich die Schulgebühren nicht leisten könne. Was tun? Der Schulleiter, Ermenegildo Pinheiro da Costa Miranda, genannt „Tio Gil“, zögerte keine Sekunde: „Sollte er so gut sein, bring ihn zur Schule, und wir werden schon einen Weg finden, ihm zu helfen.“

      Das Probetraining in der Sporthalle des Liceu war mehr als überzeugend. „Herr Miranda meldete Juninho und seine Schwester an der Schule an“, fährt Fino fort. „Er gewährte ihnen ein Stipendium, das sämtliche Schulmaterialien, Bücher, Uniformen und die Busfahrten von und nach Praia Grande umfasste.“

      Seit 2003 spielt das Liceu in der Liga für Schulmannschaften, die von TV Tribuna organisiert wird, einer zu Globo TV gehörenden Sendeanstalt. Mehr als 80 Schulen aus der Region nehmen teil, und die Spiele werden im Fernsehen übertragen. Eine gute Mannschaft und ein Titelgewinn sind eine gute Werbung für jede Schule. Deswegen musste Tio Gil nicht lange darüber nachdenken, Neymar und seine Schwester an die Schule zu holen. „Im ersten Jahr erreichten wir das Finale, in dem wir gegen Anglo Americano College unterlagen“, fährt Fino fort. „Neymar und Dudu, die Nummer 7 und die Nummer 11, waren die Stars der Mannschaft. Sie waren unzertrennlich. Ihr Leben bestand nur aus Fußball. Das ging so weit, dass sie manchmal das Mittagessen schwänzten, um Fußball spielen zu können. Es machte ihnen nichts aus, dass

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