Wolf unter Wölfen. Ханс Фаллада

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Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада

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Sie mir das Geld geben wollen. Ich kann es sehr gut gebrauchen. Danke schön!

      Der Diener sieht sie verblüfft an. Es ist nur der Bruchteil einer Minute vergangen, seit er sie daran erinnert hat, daß sie heute heiraten wollte. Der Diener Ernst kann nicht ahnen, welche Gedanken dieser eine Satz in ihrem Hirn wachgerufen hat, was alles sie in diesen wenigen Sekunden erlebte und plante. Er sieht nur die Veränderung in ihrem Gesicht, das plötzlich nicht mehr schlaff, das voller Leben ist, sogar Farbe hat es bekommen. Er hört plötzlich statt der zögernden, halblauten Sprache einen energischen Ton, fast schon Befehl. Ohne auch nur zu überlegen, hat er ihr das Geld in die Hand gelegt.

      Na, Fräulein, sagt er überrascht und wieder leise geärgert, plötzlich sind Sie ja so munter! Warum denn? Das Standesamt ist schon zu. Ich glaube wirklich, Sie haben einen sitzen.

      Nein, antwortet sie. Mir fiel nur plötzlich etwas Gutes ein. Und daß ich Ihnen so komisch vorkomme, liegt nicht am Trinken. Aber ich habe nichts gegessen, ziemlich lange schon, und davon wird einem so komisch im Kopf …

      Nichts gegessen! empört sich nun wirklich der Diener Ernst, der all sein Lebtage stets zur bestimmten Stunde seine bestimmte Mahlzeit gegessen hat. Nichts zu essen! Aber so etwas sollte der junge Herr nun wirklich nicht machen!

      Sie sieht ihn an, mit einem halben, verlorenen Lächeln. Sie weiß, was in seinem Kopf vorgeht, was er denkt und voller Empörung fühlt, und sie muß über ihn lächeln. Denn dieses Mal, da der brave, wohlerzogene Diener Ernst, ergraut im Umgang mit den ersten Kreisen, wirklich einmal für sie Stellung nimmt und gegen den jungen Herrn, dieses Mal spürt sie so recht, wie weit Menschen voneinander leben. Der junge Herr hätte sie schlecht behandeln dürfen, er hätte sie betrügen dürfen, er hätte sie sitzenlassen dürfen – das alles hätte den guten Diener Ernst (und seine meisten Mitmenschen) nicht gar so sehr empört. Aber daß er ihr nichts zu essen gab –! Nein, so etwas tat man nun wirklich nicht!!

      Er betrachtet sie mit gerunzelter Stirn, sie kann ihm ansehen, vor wie großen Entschlüssen er steht, da macht sie es ihm leicht. Wenn Sie mir bloß ein paar Schrippen holen wollten! sagt sie. Hier gleich um die Ecke ist ein Bäckerladen. Und dann brauchen Sie sich keine Sorgen mehr um mich zu machen. Sobald ich ein bißchen gegessen habe, komme ich schon zurecht. Ich habe einen Plan … Natürlich hole ich Schrippen, sagt er eifrig. Und vielleicht sonst noch etwas, etwas zu trinken, Milch, ja?

      Er hastet davon, er geht in drei, vier Läden: Butter, Brot, Semmeln, Wurst, ein paar Tomaten .. Er denkt nicht mehr an sein Geld, die Ersparnisse … Die Tatsache, daß ein Mensch Hunger hat, aber nichts zu essen, hat ihn ganz verwirrt. ›So etwas hätte der junge Herr nicht tun dürfen‹, denkt er immer wieder. ›Sie mag sein, wie sie will, aber hungern lassen – nein!‹

      Er ist gelaufen, hat sich und die schläfrigen Ladeninhaber gehetzt, alles mußte eilig gehen, schnell. Am liebsten hätte er gesagt: ›Bitte, es ist nämlich für einen Menschen, der verhungert …‹ – Aber nun, da er zurückkommt, steht er noch verwirrter: sie ist nicht da. Nicht am Torweg, auf der Straße nicht, auch nicht auf dem Hof. Sie ist fort!

      Zögernd entschließt er sich, noch einmal zu der Thumann hinaufzusteigen, sicher nicht sehr gerne, denn diese hemmungslos Geschwätzige hatte für ihn eine gar zu fatale Ähnlichkeit mit Ihrer Exzellenz, Frau Generalmajor Bettina von Anklam. Aber er bekam nur die Ida zu sehen, halb schon gewerblich, halb noch häuslich bekleidet, was ihn ziemlich erschreckte. Und diese junge Dame erkundigte sich sehr ungnädig bei ihm, ob es wohl piepe in seinem Hirnkasten, denn: Det Aas kommt mir nich wieder rin! Wenn die bloß schellt, hat se schon ’ne Schelle! Nee, wat sich solche Leute alles einbilden –!

      Diener Ernst steigt wieder treppab, geht wieder über die Höfe, kommt wieder in den Torgang.

      Im Schatten des Türflügels steht niemand. Kopfschüttelnd geht er auf die Straße: nichts. Diese Tüten und Päckchen mit Lebensmitteln, diese Flasche voll Milch, das kann er doch nicht mit zu seiner Herrschaft nehmen. Fräulein sähe es sicher, und sicher erzählte Fräulein es Ihrer Exzellenz.

      Er kehrt wieder um, baut seine Besorgungen im tiefsten, dunkelsten Winkel hinter dem Türflügel auf und geht endgültig ab, nicht ohne sich noch häufig umzusehen. Erst als er in der Untergrund sitzt, denkt er nicht mehr zurück, kann er wieder vorausdenken.

      ›Was sage ich bloß Exzellenz –?!‹

      Nach sorgfältiger Überlegung beschließt er, möglichst wenig zu sagen.

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