Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman - Patricia Vandenberg Chefarzt Dr. Norden Staffel

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Die Verletzungen waren gravierend.«

      Uwe ballte die Hände zu Fäusten. Gespräche mit Inga kamen ihm in den Sinn. Die Arbeit auf dem Friedhof hatte ihre Spuren hinterlassen. Die Geschichten der Menschen, deren Gräber sie schmückten und pflegten. Lieber umfallen und weg sein, als behindert oder gar ein Pflegefall, hatte Inga immer gesagt. Darüber waren sie regelmäßig in Streit geraten. Uwe kannte genug Menschen mit Handicap, die ihr Leben dennoch in vollen Zügen genossen. Mit Einschränkungen zwar, die aber meist der feindlichen Umwelt geschuldet waren, die selten auf die Bedürfnisse dieser Menschen eingestellt war.

      »Für meine Frau wäre es das Schlimmste, behindert zu sein«, sagte er heiser.

      »Das sagen Sie mal unserem Kollegen Dr. Aydin.« Beim Gedanken an den Herzensbrecher lächelte ­Sophie. »Er ist nach einem Unfall mit dem Paraglider querschnittgelähmt. Was ihn nicht daran gehindert hat, den Facharzt in Chirurgie und Neurochirurgie zu machen und wie jeder andere Arzt hier auch seine Patienten zu behandeln und zu operieren.« Dass er obendrein ein ausgemachter Frauenheld war, behielt sie lieber für sich.

      Uwe nickte mehrmals.

      »Ich sehe das genauso wie Sie. Meine Frau allerdings nicht.«

      »Dann sollten Sie hoffen und beten.« Einen anderen Rat hatte Dr. Petzold nicht für den Ehemann ihrer Patientin. Glücklicherweise gesellte sich in diesem Moment die Tochter der Familie zu ihnen. »Ich lasse Sie jetzt allein.« Sie nickte Annabel zu und verließ das Intensivzimmer.

      Uwe streckte die Hand nach ihr aus. Annabel nahm und drückte sie.

      »Danke, dass du hier bist«, raunte er ihr zu und setzte sich auf den Stuhl, den sie ihm hinschob.

      Eine lange Nacht mit ungewissem Ausgang lag vor ihnen.

      *

      Am nächsten Morgen wehte ein Wind, so eisig, dass Dr. Daniel Norden trotz der inneren Hitze noch einmal umkehrte. Er holte Mütze und Schal aus dem Haus, auch wenn der Weg zum Wagen nicht weit war.

      Mit diesen Problemen musste sich sein Mitarbeiter Milan Aydin nicht herumschlagen. Während sich sein Chef durch den morgendlichen Verkehr kämpfte, stand er in aller Ruhe auf. Er saß auf der Lehne des Rollstuhls und rasierte sich im Bad des Ruheraums, als es klopfte.

      »Immer herein in die gute Stube. Ich bin vollständig bekleidet.«

      Daniel Norden warf einen Blick um die Ecke.

      »Da habe ich ja Glück gehabt.« Die Nacht in den Armen seiner Frau hatte ihn gnädig gestimmt. Er schloss die Tür und wartete, bis Milan den weißen Schaum aus dem Gesicht gekratzt hatte.

      »Was verschafft mir die Ehre?« Aydin rutschte von der Lehne auf die Sitzfläche zurück und rollte hinüber zum Chef. Sein Blick blieb an dem Papier in Dr. Nordens Händen hängen. Sofort dachte er an Bruder Pirmin und die Frist. »Die 24 Stunden sind noch nicht um.«

      »Das hier ist auch nicht Ihre Kündigung.« Ein Lächeln zuckte in Daniels Mundwinkel. »Sondern die Telefonnummer von Dr. Martin Sassen. Anwalt und ein guter Freund von mir.« Er reichte Aydin das Blatt, auf dem er Martins Anschrift und Telefonnummer notiert hatte. »Er erwartet Ihren Anruf und hat mir überdies versprochen, Ihnen mit dem Honorar entgegenzukommen.«

      »Vielen Dank.« Das Papier zitterte leise in Milans Händen. »Was verschafft mir die Ehre?«

      »Danken Sie meiner Frau.« Der Gedanke an Fee genügte, um Daniels Augen leuchten zu lassen. »Ich habe Felicitas gestern von Ihrem Fall erzählt. Sie bat mich, mit Martin zu sprechen. Ich habe ihr diesen Wunsch erfüllt, weil mir das Wohl meiner Mitarbeiter am Herzen liegt.«

      »Nur sorgenfreie Mitarbeiter sind gute Mitarbeiter«, scherzte Milan.

      »Und sorgenfreie Chefs gute Chefs.« Dr. Norden erwiderte sein Lächeln. »Deshalb müssen Sie mir im Gegenzug versprechen, auch noch diese Versicherungsmaklerin anzurufen.« Er tippte auf den zweiten Namen auf dem Blatt. »Sie ist auf hoffnungslose Fälle wie den Ihren spezialisiert.«

      Milan lachte. »Wenn ich dann heute noch herausfinde, was Bruder Pirmin fehlt, bin ich gerettet.«

      Fünf Minuten später machte er sich Seite an Seite mit Dr. Norden an die Arbeit.

      »Welche Erkenntnisse haben Sie bisher gesammelt?«, erkundigte sich Daniel und grüßte ein paar Ärzte, die ihnen, in ein angeregtes Gespräch vertieft, auf dem Flur entgegenkamen.

      »Die Hände waren rot und geschwollen. Es könnte sich um eine Zellentzündung handeln.«

      »Ich habe mir die Blutwerte noch einmal genau angesehen. Es gibt keinen Hinweis auf eine Infektion.«

      »So ein Zufall. Ich habe heute Nacht auch über den Werten gebrütet und festgestellt, dass die Eosinophilien geringfügig erhöht sind. Möglich, dass wir es doch mit einer Allergie zu tun haben.«

      Ein Klinikbett stand auf dem Flur. Dr. Norden machte Halt, um Milan im Rollstuhl die Vorfahrt zu lassen. Mit wenigen Schritten holte er ihn wieder ein.

      »Ausgeschlossen. Eine Allergie ist niemals für einen Herzstillstand verantwortlich.«

      »Wie wäre es dann mit dem Churg-Strauss-Syndrom?«, machte Milan einen weiteren Vorschlag. »Die Blutgefäße des Herzens, der Lunge und der Haut entzünden sich und verursachen Asthma, Haut- und Herzprobleme. Das passt zu allen Symptomen.«

      Dr. Norden staunte nicht schlecht. »Alle Achtung. Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht.«

      »Was sollte ich auch sonst nachts allein in einem engen Stockbett machen, wo mich keine schöne Frau auf andere Gedanken bringen darf.«

      »Wie wäre es mit schlafen?« Daniel lachte ein bisschen zu laut.

      Bevor Milan Aydin eine anzügliche Bemerkung machen konnte, blieb Dr. Norden am Aufzug stehen. Hier trennten sich ihre Wege.

      »Bleiben Sie dran und halten Sie mich auf dem Laufenden!«, nahm er Milan ein Versprechen ab, ehe sich die silberfarbenen Türen leise surrend vor ihm schlossen.

      *

      »Du wirst sehen. Alles wird wieder gut. Ich mache es gut für dich.« Uwe Ruhland saß am Bett seiner Frau. Um dem nervtötenden Piepen und Tuten nach einer durchwachten Nacht zu entgehen, hatte er angefangen zu reden. »Wenn ich ehrlich bin, bin ich froh, dass die alte Rostlaube jetzt Schrott ist. Dann können wir endlich den schicken Pick-up kaufen, den du schon so lange im Auge hast. So gut, wie die Gärtnerei jetzt läuft, ist das gar kein Problem. Weißt du schon, in welcher Farbe du ihn haben willst? Ich finde ja dieses dunkle Rot ganz schick. Aber in Anthrazit ist er auch gut. Was meinst du?«

      Annabel saß in der Ecke und gähnte.

      »Papa, findest du nicht, dass du übertreibst? Da, wo Inga jetzt ist, hört sie dich bestimmt nicht.«

      Uwe fuhr herum.

      »Was macht dich da so sicher?«, fauchte er mit funkelndem Blick. »Fachleute haben mit Wachkomapatienten kommuniziert. Sie …«

      »Tut mir ja leid, wenn ich deine Illusionen zerstören muss. Aber die Versuche, die den Berichten zu Grunde liegen, waren fehlerhaft.« Annabel erhob sich. Reckte und streckte die schmerzenden Glieder und trat schließlich ans Bett

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