Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 30
»Ich kann jetzt nicht weg hier. Was, wenn Inga aufwacht?«
»Dann sind jede Menge Schwestern und Pfleger hier, die sich um sie kümmern. Komm schon!« Annabel nahm ihren Vater an der Hand und zog ihn mit sich. »Sie wird schon nicht gleich weglaufen.«
Uwe lachte pflichtschuldig und gab schließlich seinen Widerstand auf. Legte den Arm um die Schultern seiner Tochter und schlenderte Arm in Arm mit ihr den Flur entlang.
»Schön, dass du in diesen schweren Stunden für mich da bist.«
»Aber das ist doch selbstverständlich«, erwiderte Annabel.
»Mag sein. Trotzdem hätte ich nie von dir verlangt zu kommen. Es gab ja einen Grund, warum du so früh von zu Hause ausgezogen bist.«
»Der Grund warst aber nicht du.«
Uwe nickte langsam. Er war froh, dass Inga dieses Gespräch nicht mit anhörte.
»Hättest du dasselbe für deine Mutter getan?« Er wusste selbst nicht, warum er in der Wunde bohrte, kannte er doch die Antwort.
»Natürlich wäre ich gekommen. Wegen dir. Nicht wegen ihr. Nicht nach allem, was sie mir angetan hat.« Annabels Stimme hallte über den Flur.
Zwei Patienten, die dort spazierengingen, drehten sich nach Vater und Tochter um.
Uwe bemerkte die neugierigen Blicke nicht.
»Schade, dass alles so kommen musste«, murmelte er.
»Schade, dass ich nie die Tochter war, die Inga sich gewünscht hat. Sie ist selbst schuld.« Mehr konnte Annabel nicht dazu zu sagen.
*
»Ich habe mich mit einem der Pfleger hier unterhalten«, erzählte Bruder Pirmin auf dem Weg in die Radiologie.
Eine Schwester schob seinen Rollstuhl. Milan Aydin fuhr neben ihm.
Eigentlich hätte er sich freuen können. Endlich ein Patient, mit dem er sich auf Augenhöhe unterhalten konnte! Doch seine Sorgen dämpften jede Euphorie.
»Welchen der zwanzig bis dreißig Pfleger, die hier arbeiten, meinen Sie? Luis oder Jakob, Sascha oder Nepomuk?«
Pirmin lachte. »Meiner hieß Henri. Er arbeitet nebenbei als Diskjockey in einem Club. Als Ausgleich.«
»Haben Sie sich ein Autogramm geben lassen? Vielleicht wird er ja mal berühmt.«
»Als Diskjockey? Das wusste ich nicht.« Pirmin kratzte sich an der Hand. »Die Krankenschwester, die heute Morgen Blut abgenommen hat, war auch interessant. Sie hat Astrophysik studiert, bevor sie sich für einen anderen Weg entschieden hat.«
Milan staunte nicht schlecht.
»Alle Achtung. Noch ein paar Tage und Sie kennen das Personal besser als ich.«
»Ich interessiere mich einfach für Menschen und ihre Schicksale.«
»Dann wären Sie besser Psychologe oder Streetworker geworden. Warum ausgerechnet das Kloster?« Dr. Aydin lächelte der Ärztin zu, die am Eingang der Radiologie hinter einem Tresen saß. »Das würde mir im Traum nicht einfallen.«
»Ich habe meine gesamte Schulzeit in einem Internat der Benediktiner verbracht und konnte mir gar nichts anderes vorstellen, als Mönch zu werden.«
»Vielleicht überlegen Sie es sich ja noch einmal anders, wenn Sie all die Schnecken hier sehen«, platzte Milan heraus. Diesmal galt seine Aufmerksamkeit einer der Schwestern in der Radiologie.
Bruder Pirmin warf einen erschrockenen Blick auf den Boden.
»Schnecken? Welche Schnecken?«
Seufzend winkte Milan Aydin ab und übergab seinen Patienten an den Kollegen Witt. Wenig später fand sich Bruder Pirmin auf der Liege vor einer Röhre wieder.
»Sie müssen so still liegen wie nur möglich. Wenn Sie Angst bekommen, sagen Sie bitte Bescheid. Dann brechen wir die Untersuchung ab«, sagte Reinhart Witt sein Sprüchlein auf.
»Wie sagte Jona im Bauch des Wals: Als ich all meine Hoffnung verloren hatte, gedachte ich des Herrn.«
Pirmin lächelte zu Reinhart hinauf. »Genauso werde ich es halten. Dann kann mir kein Leid geschehen.«
Milan saß neben Schwester Josepha auf der anderen Seite der Glasscheibe. Ein Mikrofon übertrug das Gespräch der beiden.
»Dieses Gottvertrauen ist bewundernswert.«
»Sie glauben nicht an Gott?«, erkundigte sich Josepha.
»Ich glaube an eine höhere Ordnung, aus der das alles hier entstanden ist. Aber ein alter Mann mit Rauschebart, der sich für mich und meine Hühneraugen interessiert? Nein. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«
Die Tür ging auf. Dr. Witt gesellte sich zu seinen Kollegen.
»Bruder Pirmin hat den Geruch in der Röhre beanstandet.«
»Schon möglich. Wir haben ein neues Desinfektionsmittel«, erwiderte Josepha. »Das riecht ein bisschen streng.«
»Nichts für ungut, Kollege Witt«, meldete sich Aydin zu Wort. »Aber Sie haben gerade unsere tiefschürfende Diskussion über die Existenz von Gott unterbrochen. An was glauben Sie?«
Reinhart starrte konzentriert auf die Bilder, die live auf einen Bildschirm übertragen wurden.
»Ich glaube, dass Ihre Theorie bezüglich des Churg-Strauss-Syndroms falsch ist.« Er deutete auf die Aufnahmen. »Der Patient zeigt keine vaskuläre Pathologie.«
»Was denn? Keine Probleme mit den Blutgefäßen? Dann muss es etwas anderes sein.« Milan Aydin wusste selbst, dass diese Bemerkung nicht besonders intelligent war.
Bruder Pirmin bewahrte ihn höchstpersönlich vor einem anzüglichen Kommentar.
»Bitte, dieser Geruch hier drin ist schrecklich!«, stöhnte er ins Mikrofon.
Sofort gehörte ihm die Aufmerksamkeit.
»Holen wir ihn raus!«, befahl Dr. Witt und stürzte in den Raum neben.
Milan folgte ihm, so schnell es seine Räder erlaubten.
»Ich bin schon da!«, rief Reinhart dem röchelnden Patienten zu. Er drückte einen Knopf. Die Liege schob sich vor.
Bruder Pirmin konnte es kaum erwarten. Ruckartig setzte er sich auf. Schnappte nach Luft, als hätte sein letztes Stündlein geschlagen.
»Dieser Gestank da drin … mir ist schlecht!«
»Ganz ruhig. Atmen Sie tief ein und aus. Ein und aus!«
»O Gott«, japste Pirmin, den Blick starr an die Decke gerichtet. Plötzlich hielt er die Luft an. »Jesus! Da ist Jesus. Er ist gekommen,