Monsieur Violet's Reisen und Abenteuer in Californien, Sonora und dem Westen von Texas. Фредерик Марриет
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So entschwanden mir die Stunden. Da meine Fischerei gut von Statten ging, so zündete ich ein Feuer an und briet mir einige schöne Makrelen; aber nachgerade erreichte die Sonne ihre höchste Höhe und die Hitze wurde so unerträglich, dass ich weine Kleider, sogar auch mein Hemde ausziehen und über die Bänke breiten musste, um Schutz zu erhalten. Mittlerweile hatte ich das Land ganz aus dem Gesichte verloren und konnte nur hin und wieder einige kleine schwarze Punkte, die Spitzen der hohen Fichten, bemerken.
Sobald mein Mahl beendigt war, machte ich ein Schläfchen; ich weiss indess nicht, wie es kam, denn statt der anständigen zwei Siesta-Stunden, die der Spanier zu Verdauung seines Diners als Tonicum braucht, wachte ich erst um Sonnenuntergang wieder auf, und auch da nur deshalb, weil ich eine Bewegung zu fühlen begann, die nichts weniger als angenehm war. In der That begannen auch die Wellen sich in scharfen, schaumbedeckten Zacken zu heben, und die milde Landbrise hatte sich in einen kühlen, scharfen Westwind umgewandelt.
Die günstige Richtung des Windes war indess ein Trost, und während ich meine Kleider anlegte, begann ich zu erwägen, dass unter einem zweckmässigen Gebrauch des Steuers und durch meine aufrechte Stellung im Boote mein Körper gewissermassen als ein kleines Segel dienen könnte. Da hörte ich auf der Backbordseite meines Bootes wohl zwanzig Stimmen ein „Hi, hi, hi!“ brüllen. Wie man sich denken kann, fuhr ich erstaunt zusammen, und als ich mich umwandte, bemerkte ich fünfzig Ellen vor mir ein grosses, von zehn Rudern bewegtes Boot vor den Wellen treiben. Es war mit Leuten, Fässern und Tonnen ungefüllt, und Einer am Steuer gab Signale, augenscheinlich, um mich zum Haltmachen einzuladen. Ein paar Minuten später waren wir dicht neben einander, und ich darf wohl behaupten, dass unser Erstaunen gegenseitig war — das ihrige, weil sie mich allein und ohne Ruder sahen, das meinige, weil ich ein so jammervolles Schauspiel erblicken musste. Sie bildeten augenscheinlich die Mannschaft eines gescheiterten Schiffes und mussten, ihrem Aussehen nach, furchtbare Anstrengungen und Entbehrungen durchgemacht haben. Mein steinerner Krug war voll; ich händigte ihn dem Manne am Ruder ein, welcher der Kapitän zu seyn schien; aber die biedere, wohlwollende Seele goss ein wenig Wasser in den Napf und reichte ihn zuerst allen seinen Begleitern, ehe er selbst kosten wollte. Der Krug mochte ein paar Gallonen enthalten, war aber natürlich bald geleert.
Ich gab ihnen eine gebratene Makrele, die ich für mein Nachtessen aufbewahrt hatte, und die Leute händigten sie dem Kapitän ein, der sie, trotz seiner edelmüthigen Weigerung, sogleich essen musste. Dies bemerkend, zeigte ich ihnen neun oder zehn andere frische Fische, von denen ein paar sehr gross waren, und bedeutete ihnen, sie sollten dieselben kochen. Sie sangen und lachten: ja wohl da, Fisch kochen! Nein, es bedarf einer geringen Kochkunst, wenn man am Hungersterben ist. Sie theilten sich brüderlich darein, und dieser Mundvorrath, nebst dem Honig für den Kapitän und dem Bärenfett für die Matrosen, schien sie Alle mit neuem Leben begabt zu haben.
Der Kapitän und vier von der Mannschaft traten mit Rudern in meinen Nachen. In diesem Augenblicke begannen die Sterne sichtbar zu werden; ich deutete auf einen im Osten als Wegweiser, und wir pflügten dem Ufer zu, wobei wir von dem Winde und den Wellen sehr begünstigt wurden. In einem seltsamen Gemische von Englisch, Französisch, Italienisch und Lateinisch machte mir der Kapitän begreiflich, sein Schiff sey eine russische Brigg gewesen, die von Asitka im russischen Amerika aus nach Acapulko in Mexiko fahren wollte, um Getreide, Talk und Branntwein zu holen; sie sey bei nächtlicher Weile in Brand gerathen, und die Mannschaft habe kaum Zeit gehabt, das Langboot niederzulassen. Mundvorrath hatten sie nicht mitnehmen können, denn die Tonnen und Fässer, die sie in der Eile an Bord gebracht hatten, waren ihnen unnütz; ohne ihre Entfernung von der Küste zu kennen, und sowohl der Nahrung als des Wassers entbehrend, hatten sie achtundvierzig Stunden gerudert, bis sie endlich, eine gute halbe Stunde vor meinem Erwachen, mein Boot entdeckten. Sie meinten anfangs, es sey leer; als sie mich aber aufstehen sahen, riefen sie mir zu, in der Hoffnung, ich könne sie zu einem Landungsplatze führen. Ich erzählte ihm sodann, wie es eben gehen mochte, meine Abenteuer und versprach ihm für den nächsten Tag Lebensmittel in Fülle; ebenso gut hätte ich übrigens schweigen können, denn der arme Mensch, der sich jetzt sicher fühlte, war in Folge der gewaltigen Anstrengungen in tiefen Schlaf versunken.
Mit dem Anbruche des Morgens landeten wir an der Mündung eines kleinen Flusses, in deren Nähe sich einige schöne Ruinen befanden. Es war dieselbe Stelle, die ich mit dem Padre aufzusuchen beabsichtigt hatte. In der Umgegend weideten einige wilde Pferde; ich putzte mein Gewehr, lud es und schoss eines der Thiere; aber während dies geschah, hatte sich die erschöpfte, hungrige Mannschaft an dem Strande ausgestreckt und bekundete durch ihr Nasenconcert, dass nach so schweren Anstrengungen ihr dringendstes Bedürfniss in Ruhe bestand. Ihre Anzahl betrug mit Einschluss des Kapitäns zwanzig Köpfe.
Ich hatte zuviel unter den Indianern gelebt, um nicht im Stande zu seyn, gegen Erschöpfung anzukämpfen und rasch zu handeln. Die Sonne stand noch nicht drei Stunden am Himmel, als ich bereits die besten Theile des Pferdes gekocht hatte. Die Unglücklichen schliefen noch immer und ich fand, dass es nicht leicht war, sie zu wecken. Endlich kam ich auf einen Gedanken, der auch richtig zum Ziele führte: ich stiess nämlich den Ladstock meines Gewehres in ein Stück dampfendes Fleisch und hielt es so, dass der Duft davon gerade unter ihre Nasen streichen musste. Kein Zauberstab hätte wirksamer seyn können; in weniger als zwei Minuten kauten und schluckten sie sammt und sonders an ihrem Frühstücke mit einem Eifer, in welchem gewiss keine Schläfrigkeit mehr zu erkennen war. Es ist keine Kleinigkeit, zwanzig hungrige Russen zufrieden zu stellen; aber doch nimmt Alles zuletzt ein Ende. Einer davon kniete vor mir nieder und küsste meine Füsse. Der arme Mensch! er meinte, ich hätte Wunder was für ihn und seine Gefährten gethan und vergass darüber ganz, dass ich ihnen vielleicht mein eigenes Leben verdankte.
Die Leute waren sehr ermüdet; als sie jedoch hörten, sie könnten bis zum Nachmittag eine Stadt erreichen, trafen sie in aller Behendigkeit Vorbereitungen zum Aufbruche. Wir ruderten langsam an eine Küste hin, denn Aufbruche. Wir ruderten langsam an eine Küste hin, denn die Hitze war ungeheuer und die Ruderer fühlten sich bald völlig erschöpft. Um ein Uhr landete ich an meinem früheren Lagerplatze. Der Padre hatte natürlich die Ruder, das Segel und die Decken zurückgelassen. Mein Boot war im Augenblicke aufgetakelt und aus den Decken fertigten die im Langboot ein Segel, indem sie zugleich aus einem Ruder und einer langen Stange, die sie zusammenbanden, eine Art Nothmast errichteten. Als wir die Nordspitze der Bay umfuhren, bemerkte ich den mexikanischen Schooner und viele Boote ziemlich weit draussen in der See, ohne Zweifel um nach mir zu fahnden.
Um sechs Uhr Abends landeten wir unter dem Zuruf eines verwunderten Volkshaufens vor Monterey.
Ich war allgemein beliebt, und mein Verlust hatte grosse Unruhe veranlasst; als ich daher landete, wurde ich von allen Seiten mit Fragen angegangen. Die Frauenzimmer waren mir besonders gewogen; einige küssten mich (beiläufig bemerkt, nur diejenigen d’un certain age), und alle waren der Meinung, ich solle auf dem Altar der Jungfrau Maria ein halb Dutzend Kerzen opfern. Unter ihnen befand sich jedoch ein Wesen, das um mich sogar geweint hatte; es war Isabella, eine von des Gouverneurs Töchtern, ein Mädchen von fünfzehn Jahren. Der General war gleichfalls sehr erfreut, mich wieder zu sehen. Er war mir sehr gewogen, weil wir beim Cigarrenrauchen mit einander Schach spielten und ich mich von ihm matt machen liess, obgleich ich ihm die Königin und den ersten Zug zum Voraus hätte geben können. Ich will hier sotte voce bekennen, dass mir dieser kluge Wink von den Töchtern an die Hand gegeben wurde, welche wünschten, dass ich Gnade in seinen Augen finden möchte.
„Dios te ayuda niño,“ sagte der Gouverneur zu mir (ich fürchtete, wir würden nimmer mit einander Schach spielen). „Que tonteria, andar a dormir in una barca, quando se lo podia sobre tierra firma!“ (Welche Narrheit, in