Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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Читать онлайн книгу Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper страница 22
»Prächtig gezupft, Squire Jones, – so ziemlich die beste, die ich je gesehen habe. Jetzt aber bedarf ich Ihres Beistands, mein guter Sir: wollen Sie den Arm des Patienten halten, während ich den Einschnitt mache. Tut mir zwar leid, daß ich Sie unterbrechen muß; denn es ist niemand im Zimmer, der Scharpie so gut zu zupfen verstände als Squire Jones.«
»So etwas vererbt sich in den Familien«, bemerkte Richard, der rasch aufstand, um die gewünschte Handreichung zu tun. »Mein Vater und schon mein Großvater waren wegen ihrer chirurgischen Kenntnisse berühmt; sie hatten sich nicht mit solchen Zufälligkeiten zu brüsten, wie Marmaduke in jenem Falle, als er dem Mann, der vom Pferd gestürzt war, sein Hüftgelenk wieder zurechtbrachte. Das war indes, ehe Ihr in die Ansiedlung kamt, Doktor. Ja, ja, meine Vorfahren waren Männer, die alles regelmäßig anzugreifen gelernt hatten und ihr halbes Leben auf das Studium solcher kleinen Fertigkeiten verwendeten; zudem war mein Großvater ein an einer medizinischen Schule gebildeter Arzt und der beste in der Kolonie – das heißt in der ganzen Nachbarschaft.«
»So geht es in der Welt, Squire«, rief Benjamin, »wenn man mit Ehren und mit regelmäßig gebauten Schwabbern auf seinen Schultern einen ehrenvollen Spaziergang über das Achterdeck zu machen denkt, so darf man nicht glauben, daß es da nur geschwind durch die Kajütenfenster gehe. Es gibt außer dem Soldatengatt zwei Wege auf das Mars zu kommen, und am ehesten kommt man rückwärts, wenn man gleich vorwärts anfängt. Jedermann muß von unten auf dienen, wie aus meiner eigenen bescheidenen Laufbahn erhellt. Anfangs war ich nur Handlanger bei den Bramsegeln, dann kam ich an den Klüver, bis mir endlich des Kapitäns Schlüssel übertragen wurden.«
»Benjamin hat ganz recht«, fuhr Richard fort. »Ich darf wohl sagen, daß er auf den verschiedenen Schiffen, auf denen er diente, manche Kugel hat ausziehen sehen. Ich denke, wir können ihn das Becken halten lassen; denn er muß wohl an den Anblick des Bluts gewöhnt sein.«
»Das bin ich auch, Squire, das bin ich auch«, fiel der vormalige Schlüsselbewahrer ein. »Ich habe die Doktors an mancher schönen Schußwunde sich abarbeiten sehen. So war ich einmal in einem Boot neben dem Schiff, wo sie dem Kapitän des Foody-Rong, einem von Munschür Ler Quaws Landsleuten, einen Zwölfpfünder aus dem Schenkel schnitten.«
»Einen Zwölfpfünder aus dem Schenkel eines menschlichen Wesens?« rief Herr Grant mit vieler Einfalt, indem er die Predigt, die er eben studierte, sinken ließ und seine Brille gegen die Stirn zurückschob.
»Ja, einen Zwölfpfünder!« wiederholte Benjamin mit kecker Miene umhersehend. »Doch, was will das heißen? Man kann ebenso leicht einen Vierundzwanzigpfünder aus einem menschlichen Leib herausschneiden, wenn’s der Doktor nur anzugreifen weiß. Da ist Squire Jones. Fragen Sie ihn, Sir; er liest Bücher genug – fragen Sie ihn, ob ihm nie eine Stelle vorgekommen, wo über solche Dinge Bericht erstattet wird.«
»Gewiß, man trifft da oft auf so merkwürdige Operationen, daß sie unmöglich ausgeführt worden sein können«, bemerkte Richard. »Die Enzyklopädie erwähnt noch weit unglaublichere Fälle, wie Euch sicher bekannt sein wird, Doktor Todd.«
»Allerdings! Es steht manches Unglaubliche in den Enzyklopädien«, entgegnete Elnathan, »obgleich ich nicht sagen kann, daß ich je etwas Größeres als eine Musketenkugel ausschneiden sah.«
Während dieses Gesprächs hatte der Wundarzt an der Schulter des jungen Jägers einen Einschnitt in die Haut gemacht und das Blei bloßgelegt. Er nahm nun eine glänzende Zange und war im Begriff, sie an die Wunde zu führen, als eine plötzliche Bewegung des Patienten Anlaß gab, daß die Kugel von selbst herausfiel. Der lange Arm und die lange Hand des Operateurs kamen ihm nun sehr zustatten; denn die letztere breitete sich rasch aus und faßte das Blei, während eine geschickte Bewegung des ersteren die Umstehenden in Zweifel ließ, inwieweit Elnathan bei der Entfernung der Kogel selbst tätig gewesen. Richard bereinigte indessen die Sache, indem er rief:
»Prächtig, Doktor! Ich habe nie eine Kugel so schön herausnehmen sehen. Und Ihr, Benjamin, werdet das gleiche sagen müssen.«
»Ja, was das anbelangt, so muß ich sagen«, entgegnete Benjamin, »daß er sich wie ein echter Schiffsdoktor benommen hat. Jetzt braucht er nichts mehr zu tun, als die Löcher mit ein paar Pfropfen zuzustöpseln, und der junge Mann kann hinsegeln, wohin ihn der Wind in diesen Bergen bläst.«
»Ich danke Euch, Sir, für die geleisteten Dienste«, sagte der Jüngling mit einigem Stolze, »aber hier ist ein Mann, der mich in seine Pflege nehmen und Ihnen, meine Herren, jede weitere Unruhe um meinetwillen ersparen wird.«
Die ganze Gruppe wandte sich jetzt überrascht um und erblickte an der Tür der Halle die Person des Indianers John.
VII
Von Susquehannas fernster Quelle,
(Wo lustig haust ein wilder Stamm,)
Den Leib gehüllt in rauhe Felle –
Des Waldes Hirte zu uns kam.
Freneau
Ehe die Europäer, oder – um uns eines bezeichnenderen Ausdrucks zu bedienen – die Christen den ursprünglichen Eigentümern ihren Boden abgenommen hatten, war der ganze Landstrich der Staaten von Neu-England, wie auch derjenige, welcher nach der Mitte hin östlich des Gebirges liegt, von zwei großen indianischen Völkerschaften bewohnt, die in zahllose kleine Stämme zerfielen. Diese beiden Völker, die eine verschiedene Sprache redeten und sich ohne Unterlaß bekriegten, hatten sich nie miteinander vermischen können, bis die um sich greifende Gewalt der Weißen einige der Stämme in einen Zustand von Abhängigkeit versetzte, der nicht nur ihre politische, sondern auch – da hier nur von den Bedürfnissen und Gewohnheiten eines wilden Stammes die Rede ist – ihre leibliche Existenz ungemein gefährdete. Die beiden großen Abteilungen bestanden auf der einen Seite aus den fünf, oder wie sie nachher genannt wurden, aus den sechs großen Nationen mit ihren Verbündeten, auf der anderen aus den Lenni-Lenapen oder Delawaren mit den zahlreichen und mächtigen Horden, welche von ihnen abstammten; die Angehörigen der ersteren wurden von den Angloamerikanern allgemein Irokesen oder die sechs Nationen, bisweilen auch Mingos genannt, während ihnen ihre Feinde den Namen Mengwes oder Maquas beizulegen pflegten. Sie wurden aus den Stämmen oder – wie sie ihre Verbündeten, um ihre Bedeutsamkeit zu erhöhen, lieber nannten – aus den verschiedenen Nationen der Mohawks, der Oneidas, der Onondagas, der Cayugas und der Senecas gebildet, die wir hier nach ihrer Macht und Verbreitung geordnet haben. Beinahe ein Jahrhundert nach der Gründung dieses Verbandes wurden auch noch die Tuskaroras aufgenommen, wodurch sich ihre Zahl auf sechs vermehrte.
Die Lenni-Lenapen oder die Delawaren – wie sie von den Weißen wegen des Umstandes genannt wurden, daß sie ihre großen Beratungsfeuer am Ufer des gleichnamigen Flusses hielten – bestanden neben den eigentlichen Delawaren aus den Stämmen der Mahicannis, Mohicans oder Mohegans und der Nanticokes oder Nentigos. Die letzteren hatten ihre Wohnsitze links von der Chesapeakbai und der Meeresküste, während die Mohegans den Strich zwischen dem Hudson und dem Meer, also den größten Teil von Neu-England einnahmen. Natürlich wurden diese beiden von den Europäern zuerst aus ihrem Besitz vertrieben.
Die Kriege mit einem Teil der letzteren sind unter uns berühmt, zum Beispiel die Kriege des Königs Philipp; aber die friedliebende Politik William Penns oder Miquons, wie er von den Eingeborenen genannt wurde, erreichte ihren Zweck mit weit weniger Schwierigkeit,