Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper страница 52
»Wir müssen so oder so den Vogel kriegen«, sagte Natty. »Ich habe Zeiten gesehen, Junge, wo die wilden Truthühner nicht gar so selten waren hierzulande, und jetzt muß man fast bis in die virginischen Gründe gehen, wenn man einen haben will. Um einen feilen Truthahn ist es doch etwas ganz anderes als um ein Rebhuhn, obgleich ich für mein Teil einen Biberschwanz und einen Bärenschinken allem anderen vorziehe. Doch der Geschmack ist verschieden Ich habe diesen Morgen meinen letzten Heller bis auf diesen Schilling dem französischen Krämer für Pulver bezahlt, und da ihr selbst nichts habt, so können wir nur einen einzigen Schuß dransetzen Ich weiß, Billy Kirby ist gleichfalls auf dem Platz und meint der Truthahn könne ihm nicht entgehen John hat ein sicheres Auge für einen einzigen Schuß, und wenn mir etwas Ungewöhnliches vorkommt so zittert meine Hand zuweilen, wodurch ich mein Ziel verliere. Zwar als ich im letzten Herbst die Bärin geschossen hatte, wurde ich auch noch mit ihren Jungen, so wütend sie waren, fertig und traf aus meinem Versteck in den Bäumen heraus eines nach dem andern; aber das ist etwas ganz anderes, Herr Oliver.«
»Dies«, rief der junge Mann mit einem Nachdruck aus, der wie bitterer Spott über seine Armut klang, während er einen Schilling vor seine Augen hielt, – »dies ist der einzige Schatz, den ich besitze, – dies und meine Flinte! Jetzt bin ich in der Tat ganz ein Mann der Wälder geworden und muß mich hinsichtlich meines Unterhalts ausschließlich auf die Jagd beschränken. Kommt, Natty, wir wollen den letzten Penny an den Vogel setzen; mit Eurer Hand kann der Erfolg nicht fehlschlagen.«
»Es wäre mir lieber, wenn es John täte, Junge. Ich traue mir nicht; denn weil Ihr die Sache gar so wichtig nehmt, so bin ich überzeugt, daß ich den Vogel verfehle. Den Indianern gilt eine Zeit wie die andere, sie lassen sich durch nichts beunruhigen. Ich sage, John, da ist ein Schilling; nimm meine Büchse und schieße nach dem fetten Truthahn, den sie an dem Baumstamm festgebunden haben. Herr Oliver möchte das Tier gerne haben, und ich bin überzeugt, daß ich nichts zu leisten vermag, wenn ich allzu hastig bin.«
Der Indianer wandte düster sein Haupt um, und nachdem er seine Gefährten eine Weile in tiefem Schweigen betrachtet hatte, erwiderte er:
»Als John jung war, flog seine Kugel so gerade wie der Strahl seines Auges. Die Mingoweiber schrien beim Knall seiner Büchse. Die Mingokrieger mußten zu Weibern werden. Wann schoß er je zweimal? Der Adler flog über den Wolken, wenn er sich Chingachgooks Wigwam näherte, – seine Federn wurden der Schmuck der Weiber. – Aber seht«, fuhr er fort, indem er den tieferen wehmütigen Ton seiner Stimme bis zu der höchsten Höhe der Aufregung steigerte und seine beiden Hände faltete, »sie zittern wie ein Hirsch beim Geheul des Wolfes. Ist John alt? Wann war ein Mohikaner mit siebzig Wintern ein Weib? Nein, der weiße Mann macht ihn altern, – Rum ist sein Tomahawk.«
»Warum aber sprichst du ihm zu, alter Mann?« rief der junge Jäger. »Warum läßt sich ein Mann von so edlem Wesen durch den Teufel so sehr bestricken, daß er sich selbst zum Tier macht?«
»Tier? Ist John ein Tier?« versetzte der Indianer langsam. »Ja, du sagst keine Lüge, Kind des Feueressers: John ist ein Tier. Ehedem stieg nur wenig Rauch in diesen Bergen auf. Der Hirsch leckte die Hand des weißen Mannes, und die Vögel ließen sich auf seinem Haupte nieder. Sie kannten ihn nicht. Meine Väter kamen von den Ufern des Salzsees. Sie flohen vor dem Rum. Sie gingen zu ihrem Großvater und lebten dort in Frieden; oder wenn sie die Streitaxt erhoben, so geschah es, um einem Mingo den Schädel einzuschlagen. Sie sammelten sich um das Beratungsfeuer, und was sie sagten, geschah. Damals war John ein Mann. Aber Krieger und Handelsleute mit hellen Augen folgten ihnen. Der eine brachte das lange Messer und der andere Rum. Es waren ihrer mehr als Fichten auf den Bergen, und sie löschten das Beratungsfeuer aus und nahmen das Land in Besitz. Der böse Geist stak in ihren Krügen, und sie ließen ihn los. Ja – ja, du sagst keine Lüge, junger Adler: John ist ein christliches Tier.«
»Vergib mir, alter Krieger«, rief der Jüngling, seine Hand ergreifend, »ich sollte der letzte sein, der dir Vorwürfe macht. Der Fluch des Himmels treffe die Habsucht, die ein so edles Geschlecht zerstört hat! Vergiß nicht, John, daß ich deiner Familie angehöre und dies mein größter Stolz ist.«
Die Züge Mohegans wurden sanfter, und er fuhr mit mehr Milde fort:
»Du bist ein Delaware, mein Sohn, deine Worte sind nicht gehört worden. – John kann nicht schießen.«
»Ich dachte mir’s wohl, daß in den Adern des Burschen Indianerblut fließt«, flüsterte Richard, »als ich gestern abend sah, wie ungeschickt er mit meinen Pferden umging. Das kommt daher, Bäschen, weil sie sich nie eines Geschirrs bedienen. Aber der arme Schlucker soll zwei Schüsse auf den Truthahn haben, wenn’s nötig ist. Ich will ihm den andern Schilling aus meiner Tasche zahlen, obgleich es vielleicht besser wäre, wenn ich selber für ihn schösse. Es scheint, die Weihnachtsbelustigungen haben schon ihren Anfang genommen, was ich aus dem Gelächter in den Büschen dort vermute. Es nimmt mich übrigens wunder, daß der Junge so auf den Truthahn versessen ist, obgleich ich einen solchen Braten auch nicht verschmähe.«
»Halt, Vetter Richard!« rief Elisabeth, ihn am Arm fassend. »Ist es nicht unzart, diesem Gentleman einen Schilling anzubieten?«
»Schon wieder Gentleman? Meinst du, eine solche Bastardzucht würde einen Schilling ausschlagen? Nein, nein, Mädchen, er wird den Schilling nehmen und auch den Rum dazu, obschon er so viel darüber moralisiert. – Aber ich will es dem Jungen möglich machen, den Truthahn zu gewinnen; denn Billy Kirby ist einer der besten Schützen in der Gegend, das heißt mit Ausnahme des Gentlemans.«
»Wohlan denn«, sagte Elisabeth, deren Willenskraft über ihre natürliche Schüchternheit den Sieg davontrug, »so laß mich sprechen.«
Sie ging mit entschlossener Miene vor ihrem Vetter her und trat in den kleinen Kreis von Gebüschen, welcher die drei Jäger umgab. Ihre Erscheinung machte den Jüngling betroffen, so daß er sich anfangs zurückziehen wollte; dann aber verbeugte er sich gefaßt, entblößte sein Haupt und stützte sich wieder auf seine Büchse. Weder Natty noch Mohegan verrieten irgendeine Überraschung, obgleich Elisabeths Auftreten höchst unerwartet war.
»Ich finde«, begann sie, »daß die alte Christfestbelustigung des Truthahnschießens bei euch noch im Schwange ist, und möchte wohl auch mein Glück an dem Vogel versuchen. Wer von euch will dies Geld nehmen und nach Bezahlung der Einlage mir seine Büchse leihen?«
»Ist dies auch eine Belustigung für eine Dame?« rief der junge Jäger mit einem Nachdruck, der nicht wohl mißverstanden werden konnte, und einer Schnelligkeit, die zeigte, daß er nur sein Gefühl zu Rate gezogen.
»Warum nicht, Sir? Wenn sie unmenschlich ist, so fällt die Schuld nur auf Euer Geschlecht. Aber ich habe so gut wie andere meine Launen. Euren Beistand begehre ich nicht, wohl aber den dieses Veteranen der Wälder«, sie wandte sich dabei an Natty und ließ einen Dollar in seine Hand fallen, »der nicht so ungalant sein wird, einer Dame einen Schuß aus seiner Büchse zu verweigern.«
Lederstrumpf ließ das Geld in seinen Schrotbeutel fallen, erhob seine Büchse, schüttete Zündkraut auf, und warf dann das Gewehr über seine Schulter, worauf er mit seinem gewöhnlichen Lachen erwiderte:
»Wenn nicht Billy Kirby den Vogel vor mir gewinnt und des Franzmanns Pulver an diesem feuchten Morgen nicht versagt, so sollen Sie diesen Morgen einen so schönen Truthahn tot sehen, wie nur je einer an des Richters Tafel verspeist wurde. An dem Mohawk und Schoharie nehmen die holländischen Frauen oft an solchen Vergnügungen teil, und Ihr hättet nicht so kurz angebunden sein sollen gegen die Dame, Junge: kommt, laßt uns gehen; denn wenn wir noch lange warten, so ist der schönste