Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst. Aristoteles

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Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst - Aristoteles

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Ziel aber nur auf einem Wege erreichen, so fragt man, wie es auf diesem zu bewerkstelligen ist und durch welche Mittel man zu ihm gelangt. So geht es weiter, bis man bei der obersten Ursache haltmacht. Diese ist dann bei der Mühe des Suchens das letzte was man erreicht. Denn wer sich etwas überlegt, der gleicht einem der etwas sucht; es ist ganz ähnlich der Weise, wie man bei der Lösung einer geometrischen Aufgabe verfährt. Und zwar ist augenscheinlich nicht jedes Suchen ein Überlegen, wie es in der Mathematik der Fall ist, aber wohl ist jedes Überlegen ein Suchen. Das was dann in der Lösung des Problems das letzte ist, ist in der Tätigkeit der Verwirklichung das erste. Stößt man dabei auf etwas Unausführbares, so steht man von dem Plane ab, z.B. wenn man zur Ausführung Geld bedarf und nicht imstande ist es sich zu verschaffen. Scheint es dagegen möglich, so geht man an die Ausführung. Möglich aber ist, was sich durch uns zustande bringen läßt, und dabei gilt das was wir durch unsere Freunde leisten, gerade so als ob wir's selber leisteten, sofern wir den Anstoß dazu gegeben haben. Zuweilen sucht man nach den Werkzeugen, zuweilen nach ihrer Anwendung. Ebenso fragt man sich auch sonst, das eine Mal, durch wen, das andere Mal, in welcher Weise oder womit die Sache sich machen läßt.

      Nun ist es wie gesagt augenscheinlich ein Mensch, der die Handlung ins Werk setzt. Seine Überlegung betrifft also das, was durch ihn ausführbar ist; das Ziel für sein tätiges Vorgehen aber ist etwas anderes. Denn Gegenstand der Überlegung ist nicht der Zweck, sondern die Mittel zum Zweck, und auch wieder nicht das ganz Singuläre, z.B. ob dieser Gegenstand ein Brot oder ob es gehörig gebacken ist; das ist vielmehr Sache der Erfahrung.

      Wenn man aber immer und immer weiter überlegen will, so gerät man damit in den unendlichen Progreß. Dasselbe was man sich zu überlegen hat, ist auch das, worüber man eine Entschließung zu fassen hat; nur daß der Beschluß schon eine Entscheidung bedeutet. Ein Beschluß nämlich ist das, wofür man sich auf Grund der Überlegung entschieden hat. Jedermann hört mit dem Suchen, wie er zu Werke gehen soll, auf, wenn er den Ausgangspunkt der Ausführung bis auf sich selbst und in sich auf das oberste leitende Vermögen zurückgeführt hat; denn dieses ist es, das die Entscheidung fällt. Ein Gleichnis dafür erblickt man auch an den ursprünglichen Formen des Staatslebens, wie sie Homer darstellt. Hier zeigen die Könige dem Volke einfach das an, wozu sie sich entschlossen haben. Da aber das was man beschließt, überlegt, erstrebt, etwas ist, was in unserer Macht steht, so ist auch vorsätzliches Handeln ein mit Überlegung verbundenes Streben nach solchem was in unserer Macht steht. Das Ergebnis der Überlegung gibt uns die Entscheidung an die Hand, und so richten wir denn unser Streben gemäß unserer Überlegung ein.

      Damit mag der Begriff der Vorsätzlichkeit in den Grundzügen bezeichnet sein, ebenso wie das worauf sie gerichtet ist, nämlich die Mittel und Wege, die zu den Zwecken führen.

      3. Der Willensinhalt

       Inhaltsverzeichnis

      Wir haben dargelegt, daß ein Wollen auf einen Zweck geht. Dieser ist nach den einen ein Gutes, nach den anderen ein solches, was als gut erscheint. Bezeichnet man das Gewollte als das Gute, so kommt man zu dem Ergebnis, daß dasjenige, was einer auf Grund einer unrichtigen Wahl will gar kein wirklich Gewolltes ist; denn wäre es gewollt, so würde es ja auch etwas Gutes sein; es kann aber vorkommen, daß es geradezu etwas Schlechtes ist. Denen dagegen, die das Gewollte als ein anscheinend Gutes bezeichnen, stellt sich die Sache so dar, daß etwas nicht durch seine eigene Natur zum Willensinhalt wird, sondern daß es für jeden jedesmal das ist, was ihm gefällt. Nun gefällt aber dem einen dies, dem andern jenes, und es kann vorkommen, daß dies gerade Entgegengesetztes ist. Wenn nun eine solche Ansicht keineswegs befriedigt, so wird man sich dabei beruhigen dürfen, daß zwar schlechthin und in Wahrheit das Gewollte das Gute, daß es aber für das einzelne Subjekt das ihm als gut Erscheinende ist. Für den sittlich gebildeten Menschen wäre es dann das wahrhaft Gute, für den unedel Gesinnten aber jedes Beliebige, und es wäre damit gerade so wie da, wo es sich um leibliche Dinge handelt. Denn dem der sich in der rechten Verfassung befindet, bekömmt dasjenige, was in Wahrheit gesund ist, dem Kranken dagegen anderes, und mit dem Bitteren, dem Süßen, dem Warmen, dem Schweren wie mit allem anderen steht es ebenso. Der sittlich Gebildete hat über alles ein richtiges Urteil, und im einzelnen Falle ist das, was ihm gut erscheint, das wahrhaft Gute. Denn von der eigentümlichen Beschaffenheit eines jeden hängt es ab, ob gerade ihm dieses Bestimmte wertvoll und erfreulich ist, und vielleicht ist es des sittlich Gebildeten größte Auszeichnung, daß er in allem Einzelnen das herauserkennt, was wahrhaft gut ist, so daß er dafür gleichsam als Richtschnur und Maßstab dienen kann. Als die Quelle der Täuschung aber für die Masse der Menschen darf man das Motiv der Lust ansehen; denn diese erscheint ihnen als das Gute, während sie doch nicht wirklich das Gute ist. Wenigstens entscheiden sich die Menschen für das, was Lust bereitet, als wäre es das Gute, und meiden das, was Unlust bereitet, als wäre es das Schlechte.

      4. Das freie Wollen

       Inhaltsverzeichnis

      Da den eigentlichen Inhalt des Wollens der Zweck bildet, das was man beschließt und im Vorsatz erfaßt aber die Mittel zum Zweck betrifft, so ergibt sich, daß die daraus entspringenden Handlungen einem Vorsatz entsprechen und mithin frei gewollt sind. Gerade solche Handlungen nun bilden das Gebiet der Sittlichkeit. Das Sittliche liegt demnach ebenso wie das Unsittliche in unserer Macht. Denn da wo das Handeln bei uns steht, steht bei uns auch das Unterlassen, und umgekehrt, wo das Unterlassen, da steht auch das Handeln bei uns. Liegt es also in unserer Gewalt zu tun was edel ist, so liegt es auch in unserer Gewalt zu unterlassen was verwerflich ist, und steht es bei uns zu unterlassen was edel ist, so steht es auch bei uns zu tun was niedrig ist Haben wir aber die Gewalt, das Edle und das Verwerfliche zu tun und ebenso es zu unterlassen, / und das hieß doch so viel wie gut oder schlecht zu sein, / so steht es also auch in unserer Gewalt, edel und niedrig gesinnt zu sein. Wenn es also heißt:

      »Mit Willen schlecht ist keiner, noch ungern beglückt,«

      so darf man das erste als falsch, und nur das zweite als wahr bezeichnen. Denn glücklich ist in der Tat niemand wider seinen Willen; aber Schlechtigkeit stammt aus dem freien Wollen. Sonst müßte man das eben Erörterte in Zweifel ziehen und dürfte nicht sagen, daß der Mensch der Ursprung und Urheber seiner Handlungen ist, wie er der Erzeuger seiner Kinder ist. Ist das nun ausgemacht, und geht es nicht an, unsere Handlungen auf andere Ursachen zurückzuführen als die in uns liegenden, so wird das, dessen Ursachen in uns liegen, auch selbst in unserer Macht stehen und Sache des freien Wollens sein.

      Dafür, scheint es, zeugt denn auch die eigene Erfahrung eines jeden einzelnen wie das Verfahren der Gesetzgeber. Diejenigen die Böses tun straft und züchtigt man, sofern sie nicht durch Zwang oder Irrtum unverschuldet auf Abwege geraten; dagegen ehrt und belohnt man diejenigen, die recht handeln, beides doch in der Absicht, die einen anzufeuern, die anderen abzuschrecken. Und doch feuert man niemand an, das zu tun, was nicht in unserer Macht noch in unserem freien Willen steht, offenbar weil es zu nichts dienen würde jemanden zu überreden, er möchte doch Wärme, Frost, Hunger oder sonst etwas dergleichen nicht empfinden: denn solche Empfindungen würde er darum doch nicht weniger haben. Selbst für einen Irrtum erleidet einer Strafe, wenn sein Irrtum verschuldet erscheint; so setzt man auch wohl für Handlungen, die in der Trunkenheit begangen worden sind, die Strafe doppelt so hoch an, weil der Täter die Schuld an der Trunkenheit selbst trägt. Denn er wäre Herr genug gewesen, die Trunkenheit zu vermeiden; diese aber ist dann zur Ursache seines Irrtums geworden. So bestraft man auch die Unkenntnis gesetzlicher Bestimmungen, die einer kennen muß und deren Kenntnis ohne Schwierigkeit zu erlangen war. Das gleiche geschieht auch sonst da, wo die Unkenntnis durch Fahrlässigkeit verschuldet ist, sofern es in der Macht der Menschen stand die Unkenntnis zu meiden; denn sie waren Herren darüber sich sorgfältig danach umzutun.

      Nun

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