Black Heart - Die gesamte erste Staffel. Kim Leopold

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Black Heart - Die gesamte erste Staffel - Kim Leopold Black Heart - Die gesamte Staffel

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stärker und ich reiße meinen Blick vom Boden los. In seinen Augen steht die blanke Angst. »Du musst mir helfen. Ich ziehe dich jetzt gleich hoch und dann greifst du mit der anderen Hand nach dem Geländer. Hast du verstanden?«

      Ich nicke, doch der Regen hat seinen Griff feucht gemacht. Ich rutsche schreiend ein Stück nach unten und baumle schwungvoll gegen die Feuertreppe.

      Bitte, lass mich nicht draufgehen.

      »Gib mir deine andere Hand.« Ich schaue wieder hoch. Alex streckt mir seine zweite Hand entgegen. Sie scheint meilenweit entfernt zu sein. Das schaff ich niemals. Ich werde sterben. So wie Liam es gewollt hat. »Louisa, ich kann dich nicht mehr lange halten. Jetzt gib mir verdammt noch mal deine andere Hand.«

      Sein Tonfall sorgt dafür, dass ich die Zähne zusammenbeiße und meine Hand soweit nach oben strecke, bis ich ihn fast erreicht habe. Ich kann seine Fingerspitzen mit meinen ertasten.

      Meine andere Hand rutscht weiter. Wimmernd schließe ich die Augen.

      In dem Moment greift er nach meiner anderen Hand.

      »Okay, ich hab dich«, sagt er und zieht mich so schwungvoll nach oben, dass ich beinahe danebengegriffen hätte. Aber meine Faust schließt sich um das kalte Metall, und keine zwei Sekunden später liege ich sicher in Alex‘ Armen. Wir fallen zurück auf die Zwischenetage und bleiben schwer atmend aufeinander liegen.

      Heiße Tränen laufen mir über die Wangen. Ich vergrabe meinen Kopf an seiner Schulter und bin noch nicht bereit, seine Arme wieder zu verlassen. Seine Hand gleitet auf meinen Rücken und hält mich fest. Als sich mein Herzschlag endlich wieder beruhigt hat, öffne ich die Augen.

      Seine Brust hebt und senkt sich unter meiner Wange. Unter meiner Handfläche liegt das kleine Kreuz verborgen.

      »Danke«, murmle ich. Dabei weiß ich nicht, ob ich mich bei Alex bedanke oder doch eher bei dem Gott, der meine Gebete erhört hat. Bei so viel Glück in den letzten vierundzwanzig Stunden muss es jemanden geben, der mich am Leben halten möchte.

      Ich gleite von Alex runter und ziehe mich an einen der Gitterstäbe, um ihn mit dem Arm zu umschlingen. Der Wind lässt den Regen in mein Gesicht peitschen.

      »Lauf nie wieder vor mir weg.« Alex schaut mich finster an. Der Schreck der letzten Minuten hat sämtlichen Humor aus seinen Augen vertrieben. Er setzt sich auf und stützt einen Arm auf seinem aufgestellten Knie ab. Die Haare hängen ihm nass ins Gesicht. »Ich bin nicht der Feind.«

      »Ich glaube, das weiß ich jetzt«, gebe ich kleinlaut zu. Wenn er mich tot sehen wollen würde, hätte er genug Gelegenheiten dazu gehabt. Ich wünschte, ich hätte ihm von Anfang an vertraut.

      Er steht auf und hilft mir hoch. Ich klammere mich an ihn, weil ich meinem eigenen Gleichgewicht nicht mehr traue. Die Gittertreppe gibt mir fast den Rest. Wenn ich vorher noch keine Angst vor Höhen hatte, habe ich sie spätestens jetzt.

      »Nicht runterschauen«, ermahnt mich Alex sanft. Ich schaue zu ihm und betrachte die markanten Gesichtszüge, die Augen, die mich mittlerweile wieder freundlich anblicken, und die Nase, die vielleicht gebrochen ist, weil mein Hinterkopf ihn so hart getroffen hat. Er blutet, und es ist meine Schuld.

      »Ich möchte das alles verstehen«, flüstere ich, nachdem wir den Flur betreten haben und endlich wieder in Sicherheit sind. »Erzählst du mir die Geschichte?«

      »Um genau zu sein, ist es ein Märchen«, erwidert Alex. »Ein Märchen von Gut und Böse.«

      Österreich, 2018

      Ein Mann

      ❤

      Die ersten Sonnenstrahlen wecken mich. Ich schüttle mein Federkleid und picke mit dem Schnabel unter meinem Flügel lang. Immer diese kratzigen Vögel. Dabei ist eine Schleiereule schon viel bequemer als eine Taube. Oder eine Möwe. Diese Viecher sind schrecklich. Ständig fliegen sie mit Geschrei durch die Gegend und hinterlassen überall ihren Kot. Ich fühle mich unwohl in derartigen Gestalten. Ich bevorzuge die menschliche Gestalt, muss aber anerkennen, dass diese ihre Grenzen und die andere ihre Vorteile hat

      Ich stoße mich vom Ast ab und schlage ein paar Mal mit den Flügeln, um Höhe zu gewinnen. Das ist der einzige Vorteil dieser Gestalt – man kann unauffällig die Gegend erkunden.

      Der Wald wacht gerade erst auf, überall raschelt und bewegt es sich. Mäuse, Vögel, Regenwürmer, Ameisen ... aber weit und breit keine Spur von Freya.

      Sie muss hier sein. Es ist fast so, als könnte ich sie spüren.

      Und doch rührt sich nichts in der Ruine. Irgendwo muss hier ein geheimer Eingang sein. Aber würde sie wirklich in einer Höhle leben? Selbst eine Hexe würde heutzutage ein richtiges Haus bevorzugen.

      Ratlos ziehe ich meine Kreise immer enger und suche in der Ruine nach Hinweisen, die wir vielleicht übersehen haben. Irgendwann gebe ich auf und fliege zurück zu unserem Ast, um mich neben meinen Freund zu hocken, der mittlerweile aufgewacht ist und seine Federn putzt. Insgeheim glaube ich, dass er sich in jeder Gestalt wohlfühlt. Vielleicht liegt es daran, dass er sich nicht mehr an sein Leben vor diesem erinnert. Daran, dass er nicht mehr weiß, wie es ist, er selbst zu sein.

      Vielleicht ist er aber auch einfach nur unkomplizierter als ich.

      »Irgendwas gefunden?«

      Ich schüttle entmutigt den Kopf. Wir werden es wieder nicht schaffen. Dabei hängt so viel davon ab, dass wir Freya finden.

      »Ich glaub, ich spinne«, stößt er plötzlich hervor. »Siehst du das auch?«

      Er deutet mit einem Rucken seines Schnabels auf die Ruine. Ich folge der Bewegung und falle vor Überraschung beinahe vom Ast.

      Die aufgehende Sonne hat die Ruine erreicht und taucht sie in ein goldenes Licht – nur, dass sie jetzt keine Ruine mehr ist.

      »Das gibt’s doch nicht«, stoße ich baff hervor und lasse meinen Blick über das Kloster gleiten, dessen helle Wände plötzlich hoch in den Himmel ragen und zeigen, wie groß das Gebäude einst gewesen ist.

      Oder immer noch ist.

      »Ist das jetzt die Illusion oder die Ruine?«, fragt mein Freund verwirrt. »Wir sind doch gestern noch darin rumgelaufen.«

      »Frag mich nicht, wie sowas möglich ist.« Ich stoße mich vom Ast ab und fliege zum Gebäude, um es zu erkunden. Die zwei hohen Türme ragen gerade so über die Bergwände hinaus, die das Kloster hinter sich verstecken. Das rote Dach steht in einem deutlichen Kontrast zu dem Innenhof, der nun zu einem grünen Kräutergarten geworden ist.

      Ich beschließe, die Illusion auf die Probe zu stellen und lande auf dem Dach, das eines der langen Gebäudeteile bedeckt.

      Es ist fest. Ich falle nicht hindurch.

      Das ist unmöglich.

      Verblüfft sehe ich mich um. Ein Fenster geht auf und ich erkenne eine junge Frau – fast noch ein Mädchen –, die mit geschlossenen Augen am Fenster steht und tief einatmet. Sie trägt ein dünnes Shirt und sieht aus, als wäre sie gerade aufgestanden.

      »Die Frischlinge sollten in den nächsten Tagen

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