Wenn der Ozean stirbt, sterben auch wir. Paul Watson
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PAUL WATSON
WENN DER
OZEAN
STIRBT,
STERBEN AUCH WIR
AUS DEM ENGLISCHEN VON RENÉ STEIN
INHALT
Mit dem Auto in die Apokalypse
Mit dem Flugzeug in die Apokalypse
Mit dem Kreuzfahrtschiff in die Apokalypse
Mit unseren Ernährungsgewohnheiten in die Apokalypse
Das hat es alles schon mal gegeben
Fridays for Future (Skolstrejk för klimatet)
Sea Shepherd Conservation Society
LEKTIONEN DER SEE
Mein Name ist Paul Franklin Watson, und am 2. Dezember 2020 bin ich 70 Jahre alt geworden. Die See hat mich großgezogen. An der Atlantikküste, in einem kanadischen Fischerdorf in der Passamaquoddy-Bucht, wuchs ich auf.
Über ein halbes Jahrhundert habe ich den Großteil meines Lebens auf den Weltmeeren verbracht, von der Arktis bis zur Antarktis und in den dazwischenliegenden tropischen und gemäßigteren Breiten. Ich kreuzte auf den Decks von skandinavischen Handelsschiffen über den Indischen und Pazifischen Ozean, fuhr mit der Kanadischen Küstenwache auf Wetterbeobachtungsschiffen, arbeitete auf Versorgungsschiffen für Leuchttürme und auf Rettungsschiffen an der Küste von British Columbia.
Aber niemals auf einem Fischerboot. Meine Kindheitserinnerung an die Zerstörung und das Schlachten durch die Fischindustrie hatten mich dermaßen ernüchtert, dass ich unter keinen Umständen knöcheltief in diesem Elend aus Blut und Fischeingeweiden an Deck stehen wollte. Doch am stolzesten bin ich darauf, dass ich für die Erhaltung der maritimen Lebenswelt unterwegs war, zunächst ab 1971 als Offizier auf Greenpeace-Schiffen und später dann ab 1978 als Kapitän auf den Schiffen von Sea Shepherd, einer Organisation und mittlerweile globalen Bewegung, die ich 1977 gegründet habe.
Wir kämpfen für das Verbot von Nuklearwaffentests, retten Wale, Delfine, Robben, Meeresschildkröten und Haie, indem wir illegale Fangflotten bekämpfen, wir helfen Tieren bei Ölkatastrophen, fischen Plastikabfälle aus den Meeren und arbeiten dafür, weltweit die Aufmerksamkeit für all das zu schärfen – nicht nur für die Schäden, die die Menschheit dem aquamarinen Leben und der Biodiversität bereits zugefügt hat. Uns ist sogar noch mehr daran gelegen, auf die Zukunft hinzuweisen. Darauf, wie wichtig und zwingend an der Zeit es ist, den ökologischen Irrsinn der Menschheit zu stoppen, bevor der Punkt erreicht ist, an dem es kein Zurück mehr gibt.
Im Juni 1975 hatte ich ein Erlebnis, das mein Leben auf dramatische Weise und letztlich in positiver Hinsicht veränderte. Von Angesicht zu Angesicht begegnete ich einem fremdartigen, intelligenten Wesen, das meine Zukunft bestimmen und meinem Leben eine neue Ausrichtung geben sollte. Es geschah etwa 100 Kilometer vor der Küste Nordkaliforniens. Ich fuhr als Erster Offizier auf einem Schiff namens PHYLLIS CORMACK, auch GREENPEACE V genannt. Wir waren 13 Mann Besatzung auf diesem kleinen Schiff, und unsere völlig absurde und weltfremde Mission lautete, die sowjetische Walfangflotte aufzuhalten. Wir hatten uns abgeschaut, wie Mahatma Gandhi vorgegangen war, und unsere recht simple Taktik lautete dementsprechend, das Schussfeld der Harpunen zu blockieren, indem wir uns selbst zwischen die Wale und die Walfänger manövrierten.
Da waren wir also. Ein sowjetisches, aufs Töten spezialisiertes Boot hatte die Verfolgung einer Herde von acht Pottwalen – auch Kaschelotte genannt – aufgenommen. Wir ließen unsere kleinen Schlauchboote zu Wasser und setzten Kurs, um der Jagd ein Ende zu bereiten. Robert »Bob« Hunter und ich saßen im ersten Boot, und ich schoss ziemlich schnell auf einen Punkt zwischen Jäger und Gejagtem zu. Hinter uns befand sich nun dieses riesige, rostige, fleckige Stahlschiff, das uns mit 20 Knoten nachsetzte. Als ich aufschaute, konnte ich einen großen Kerl in einem dreckigen weißen T-Shirt erkennen, die Zigarette zwischen die