Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die bekanntesten Theaterstücke - Heinrich von Kleist страница 57
Von allem Sittlichen entkleiden willst?
AMPHITRYON:
Was? Mir wagst du zu sagen, daß ich gestern
Hier um die Dämmrung eingeschlichen bin?
Daß ich dir scherzend auf den Nacken – Teufel!
ALKMENE:
Was? Mir wagst du zu leugnen, daß du gestern
Hier um die Dämmrung eingeschlichen bist?
Daß du dir jede Freiheit hast erlaubt,
Die dem Gemahl mag zustehn über mich?
AMPHITRYON:
– Du scherzest. Laß zum Ernst uns wiederkehren,
Denn nicht an seinem Platz ist dieser Scherz.
ALKMENE:
Du scherzest. Laß zum Ernst uns wiederkehren,
Denn roh ist und empfindlich dieser Scherz.
AMPHITRYON:
– Ich hätte jede Freiheit mir erlaubt,
Die dem Gemahl mag zustehn über dich? –
War's nicht so? –
ALKMENE:
Geh, Unedelmütiger!
AMPHITRYON:
O Himmel! Welch ein Schlag trifft mich! Sosias!
Mein Freund!
SOSIAS:
Sie braucht fünf Grane Niesewurz;
In ihrem Oberstübchen ist's nicht richtig.
AMPHITRYON:
Alkmene! Bei den Göttern! du bedenkst nicht,
Was dies Gespräch für Folgen haben kann.
Besinne dich. Versammle deine Geister.
Fortan werd ich dir glauben, was du sagst.
ALKMENE:
Was auch daraus erfolgt, Amphitryon,
Ich will's, daß du mir glaubst, du sollst mich nicht
So unanständ'gen Scherzes fähig wähnen.
Sehr ruhig siehst du um den Ausgang mich.
Kannst du im Ernst ins Angesicht mir leugnen,
Daß du im Schlosse gestern dich gezeigt,
Falls nicht die Götter fürchterlich dich straften,
Gilt jeder andre schnöde Grund mir gleich.
Den innern Frieden kannst du mir nicht stören,
Und auch die Meinung, hoff ich, nicht der Welt:
Den Riß bloß werd ich in der Brust empfinden,
Daß mich der Liebste grausam kränken will.
AMPHITRYON:
Unglückliche! Welch eine Sprach! – Und auch
Schon die Beweise hast du dir gefunden?
ALKMENE:
Ist es erhört? die ganze Dienerschaft
Ist, dieses Schlosses, Zeuge mir; es würden
Die Steine mir, die du betratst, die Bäume,
Die Hunde, die deine Knie umwendeten,
Von dir mir Zeugnis reden, wenn sie könnten.
AMPHITRYON:
Die ganze Dienerschaft? Es ist nicht möglich!
ALKMENE:
Soll ich, du Unbegreiflicher, dir den
Beweis jetzt geben, den entscheidenden?
Von wem empfing ich diesen Gürtel hier?
AMPHITRYON:
Was, einen Gürtel? du? Bereits? Von mir?
ALKMENE:
Das Diadem, sprachst du, des Labdakus,
Den du gefällt hast in der letzten Schlacht.
AMPHITRYON:
Verräter dort! Was soll ich davon denken?
SOSIAS:
Laßt mich gewähren. Das sind schlechte Kniffe,
Das Diadem halt ich mit meinen Händen.
AMPHITRYON:
Wo?
SOSIAS:
Hier.
Er zieht ein Kästchen aus der Tasche.
AMPHITRYON:
Das Siegel ist noch unverletzt!
Er betrachtet den Gürtel an Alkmenes Brust.
Und gleichwohl – trügen mich nicht alle Sinne –
Zu Sosias.
Schnell öffne mir das Schloß.
SOSIAS:
Mein Seel, der Platz ist leer.
Der Teufel hat es wegstipitzt, es ist
Kein Diadem des Labdakus zu finden.
AMPHITRYON:
O ihr allmächt'gen Götter, die die Welt
Regieren! Was habt ihr über mich verhängt?
SOSIAS:
Was über Euch verhängt ist? Ihr seid doppelt,
Amphitryon vom Stock ist hier gewesen,
Und glücklich schätz ich Euch, bei Gott –
AMPHITRYON:
Schweig Schlingel!
ALKMENE: zu Charis. Was kann in aller Welt ihn so bewegen? Warum ergreift Bestürzung ihn, Entgeisterung, Bei dieses Steines Anblick, den er kennt?
AMPHITRYON: