Die bekanntesten Werke von Robert Louis Stevenson. Robert Louis Stevenson
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Die Kajüte glich einer Fleischbank. Drei lagen drinnen tot, ein vierter im Todeskampf auf der Schwelle. Und da standen Alan und ich siegreich und unverletzt.
Er kam mit offenen Armen auf mich zu. »Komm an meine Brust!« rief er und umarmte und küßte mich fest auf beide Wangen. »David,« sagte er, »ich liebe dich wie einen Bruder. Und sag', mein Junge,« rief er in einer Art Verzückung, »bin ich nicht ein guter Kämpfer?«
Darauf wendete er sich den vier Feinden zu, durchbohrte jeden einzelnen von ihnen mit dem Schwert und warf sie, einen nach dem anderen, vor die Tür. Während er dies tat, summte und sang und pfiff er immerfort leise vor sich hin, wie einer, der sich eine Melodie ins Gedächtnis zurückrufen will. Nur daß er damit beschäftigt war, eine Melodie zu schaffen. Die ganze Zeit über lag ein Glanz auf seinem Antlitz, und seine Augen leuchteten, wie die eines fünfjährigen Kindes beim Anblick eines neuen Spielzeuges. Dann setzte er sich plötzlich, das Schwert in der Hand, auf den Tisch, die Melodie, an der er die ganze Zeit im Geiste gearbeitet hatte, wurde nun deutlicher und immer deutlicher erkennbar und plötzlich erklang aus seinem Munde mit mächtiger Stimme ein gälisches Lied.
Ich verstand kein Wort von dieser Sprache. Aber infolge der langen Wartezeit, der Anspannung aller unserer Kräfte während des Kampfes und mehr noch, infolge des Grauens, das ich empfand, ob meines eigenen Anteils daran, war ich, kaum daß die Sache vorbei war, froh, zu einem Sitz taumeln zu können. Ich fühlte meine Brust so beengt, daß ich kaum atmen konnte. Der Gedanke an jene beiden Männer, die ich erschossen hatte, lag wie ein Alpdruck auf mir; und ganz plötzlich, ehe ich erraten konnte, was geschehen sollte, fing ich an zu weinen und zu schluchzen wie ein kleines Kind.
Alan klopfte mir auf die Schulter und sagte, ich wäre ein tapferer Bursche und brauche nichts als ein wenig Schlaf.
»Ich übernehme die erste Wache,« sagte er. »Du hast gut an mir gehandelt, David, von Anfang bis zu Ende, und ich möchte dich nicht verlieren, nicht um ganz Appin – nein, nicht um Breadalbane willen.«
Dann machte er mir auf dem Fußboden ein Bett zurecht und übernahm die erste Nachtwache – die Pistole in der Hand und das Schwert auf den Knien – drei Stunden nach des Kapitäns Uhr an der Wand. Dann weckte er mich und ich kam für drei Stunden an die Reihe. Doch noch ehe die um waren, war es bereits heller Tag geworden. Es war ein sehr stiller Morgen mit glatter, leise rollender See, die das Schiff schaukelte und das Blut auf dem Boden der Kajüte hin und her rinnen ließ; ein schwerer Regen trommelte auf das Dach. Während meiner ganzen Wache rührte sich nichts, und dem Schlagen des Steuerruders nach wußte ich, daß sie nicht einmal einen am Steuer hatten. Tatsächlich waren (wie ich nachher erfuhr) so viele von ihnen verwundet oder tot und die übrigen bei so übler Laune, daß Herr Riach und der Kapitän einander abwechseln mußten, wie Alan und ich, sonst wäre das Schiff ans Ufer angefahren, ohne daß es jemand bemerkt hätte. Es war ein Glück, daß es in der Nacht so still geworden war, denn der Wind hatte sich gelegt, sobald der Regen eingesetzt hatte. Aber auch so mußten wir – wie ich aus der großen Menge klagender Möwen, die schreiend und fischend das Schiff umflogen, schloß, recht nahe der Küste einer der Hebriden-Inseln getrieben worden sein. Und als ich schließlich zur Kajütentür hinaus sah, erblickte ich rechts die großen Steinhügel von Skye und ein wenig weiter hinten die merkwürdige Insel Rum.
Kapitel XI
Der Kapitän gibt nach
Wir setzten uns, Alan und ich, gegen sechs Uhr zum Frühstück. Der Boden war mit Glasscherben und ekelhaften Blutlachen bedeckt, was mir allen Hunger raubte. In jeder anderen Beziehung jedoch befanden wir uns nicht nur in einer angenehmen, sondern sogar heiteren Lage. Da wir die Offiziere aus ihrer eigenen Kajüte verjagt hatten, waren wir im Besitze alles Getränkes an Bord – sowohl Wein als auch Schnaps – und aller Leckerbissen wie beispielsweise Pöckelfleisch und feine Zwiebacksorten. Dies allein genügte, um uns in gute Laune zu versetzen. Aber das Lustigste daran war, daß die beiden durstigsten Männer, die je aus Schottland kamen (da Herr Shuan nun tot war) jetzt im Vorderdeck des Schiffes abgeschnitten und zu dem verhaßtesten Getränk – nämlich kaltem Wasser – verdammt waren.
»Und verlaß dich darauf,« sagte Alan, »wir werden gar bald von ihnen hören. Man kann einen Menschen vom Kampfe fern halten, aber niemals von seiner Flasche.«
Wir leisteten einander gute Gesellschaft. Alan äußerte sich wirklich sehr herzlich. Auch nahm er ein Messer vom Tisch und schnitt mir einen der Silberknöpfe seines Rockes ab.
»Ich habe sie«, sagte er, »von meinem Vater Duncan Stewart und gebe dir jetzt einen als Talisman für deine Arbeit von heute nacht. Und wo immer du gehst und diesen Knopf vorweist, werden die Freunde Alan Breck's sich um dich scharen.«
Dies sagte er als wäre er Karl der Große und befehle über Armeen. Und wirklich, so sehr ich auch seinen Mut bewunderte, war ich doch stets in Gefahr, über seine Eitelkeit zu lächeln. In Gefahr, sage ich. Denn bei dem Gedanken, welch ein Streit daraus hätte entstehen können, wenn ich meine Haltung nicht bewahrt hätte, müßte ich mich wahrhaftig heute noch fürchten.
Sobald wir unsere Mahlzeit beendet hatten, kramte er so lange im Kasten des Kapitäns, bis er eine Kleiderbürste gefunden hatte. Und dann, nachdem er seinen Rock ausgezogen hatte, fing er an, seinen Anzug genau zu untersuchen und alle Flecken auszubürsten, mit so großer Sorgfalt und Mühe, wie ich sie bisher nur bei Frauen gesehen hatte. Freilich hatte er keinen andern Rock und außerdem gehörte dieser (wie er sagte) einem König und es gebühre ihm daher königlich gehalten zu werden.
Darum, und als ich sah, wie sorgfältig er die Fäden auszupfte an der Stelle, wo der Knopf angenäht gewesen war, maß ich dieser Gabe höheren Wert zu.
Er war noch immer beschäftigt, als Herr Riach uns vom Deck aus anrief und um eine Unterredung bat. Ich kletterte durch das Dachfenster, setzte mich an den Rand desselben und rief mit kühner Stirne, die Pistole in der Hand – obwohl innerlich sehr ängstlich wegen der Glasscherben – zurück und hieß ihn sprechen. Er kam bis an die Ecke der Kajüte und stellte sich auf ein aufgerolltes Tau, so daß sein Kinn in gleicher Höhe war wie das Dach. Einen Augenblick sahen wir einander schweigend an. Herr Riach war, da er wohl während des Kampfes nicht sehr weit vorne gewesen sein dürfte, mit einem unbedeutenden Hieb auf der Wange davongekommen. Aber er sah sehr mutlos und müde aus, da er die ganze Nacht auf den Beinen gewesen war, teils Wache haltend, teils die Verwundeten pflegend.
»Das ist eine üble Geschichte«, sagte er schließlich kopfschüttelnd.
»Es war nicht unsere Wahl«, sagte ich.
»Der Kapitän«, sagte er, »möchte gern mit deinem Freund sprechen. Sie könnten durchs Fenster miteinander reden.«
»Wir wissen ja nicht, ob er nicht neuerlich auf Verrat sinnt«, rief ich.
»Nein, David, sicherlich nicht,« antwortete Herr Riach, »und wenn er auch wollte, ich sage dir die Wahrheit, wir könnten die Leute nicht dazu bewegen, mitzutun.«
»Ist das wahr?« sagte ich.
»Ich werde dir noch mehr verraten,« sagte er, »nicht nur die Mannschaft, auch ich will nicht. Ich bin fertig!« Er lächelte mir zu. »Nein,« fuhr er fort, »was wir wollen ist, ihn los werden.«
Daraufhin