Ewige Stille. Astrid Keim

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Ewige Stille - Astrid Keim

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aber sei versichert, dass du in deiner Liga nicht viel Konkurrenz hast.«

      »Ich würde dir das gerne zurückgeben, wenn es nicht so klänge wie: für dein Alter siehst du aber noch gut aus“, neckt sie ihn, „denn das empfinde ich nicht gerade als Kompliment.«

      »Wie kannst du nur so etwas sagen?« Er zieht sie an sich und küsst beide Wangen. »Du weißt doch, dass ich immer ein glühender Verehrer von dir war.«

      Jetzt lacht Laura laut auf. »Lass das bloß nicht André hören, sonst reicht er noch die Scheidung ein.«

      »Wird etwa von mir gesprochen?« Unbemerkt ist Johannes’ Gatte durch eine Seitentür hinzugetreten. »Was soll ich nicht hören?«

      Laura lächelt ihn an. »Alles im grünen Bereich. Es ging nur um die überaus liebenswürdige Feststellung, dass Alter und Attraktivität sich nicht notwendigerweise ausschließen müssen.«

      »Nun, das steht ja wirklich außer Frage.« Anmutig tänzelt er ein paar Schritte zurück, stützt die rechte Hand auf eine Konsole, die Linke in die Hüfte. »Allerdings muss man auch etwas dafür tun.« Er wirft den Kopf zurück, deutet auf sein Haar. »Hier fängt es schon an.« Und mit einem Augenzwinkern zu Laura: »Wie gut, dass wir zu den Menschen gehören, die niemals ergrauen.«

      »Da kann ich nur beipflichten, obwohl Christoph mir immer das Lied vom Akzeptieren des Alters sang. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um mein Äußeres zu optimieren. Wobei ich betone in meiner Macht, denn unters Messer lege ich mich bestimmt nicht.«

      »Gut, dass du das erwähnst. Ich habe nämlich manchmal das Gefühl, dass André darüber nachdenkt. Und das«, er legt seinem Partner liebevoll die Hand auf die Schulter, »hat er ja nun wirklich nicht nötig.«

      Ein merkwürdiges Paar. Laura verkneift sich mit Mühe ein Grinsen. Johannes, ein hoch gewachsener Mann, ­seinem Namensvetter Hans Albers nicht unähnlich, mit sorgfältig gescheitelten, silbergrauen ­Haaren, vermittelt in seinem tadellos sitzenden, schwarzen Anzug, an dessen Revers die goldene Traube, das Erkennungs­zeichen der Sommeliers, steckt, den Eindruck eines Gentleman der alten Schule, während André, unablässig in Bewegung wie ein Kolibri, auch dessen leuchtende Farben übernommen hat. Dunkelbraune Haare umrahmen in weichen Locken das schmale Gesicht, geschmückt von einem längst aus der Mode gekommenen Menjoubärtchen. Ein Seidenschal in sattem Violett ist um seinen Hals geschlungen und verschwindet im fliederfarbenen Hemd. Das Jackett ist weiß mit azurblauem Einstecktuch, einzig die Hosen sind als Zugeständnis an seine Position in klassischem Schwarz gehalten. Mittelgroß von Statur hat er sich eine geschmeidige Schlankheit bewahrt und ist vom Alter her kaum einzuschätzen. Wenn Laura nicht wüsste, dass das Paar gleichaltrig ist, würde sie ihn für jünger halten.

      Die beiden sind nun schon seit über acht Jahren zusammen. Es war Liebe auf den zweiten Blick. Obwohl sie sich bereits einige Jahre kannten, funkte es erst als André, letzter Abkömmling einer ehemals verzweigten und wohlhabenden Familie, nach dem Tod seiner Mutter das Anwesen übernahm. Sie hatten nun oft miteinander zu tun und kamen sich zu ihrer eigenen Überraschung, sowie dem großen Erstaunen der Mitarbeiter, näher als vermutet. Letzteren war zwar Andrés sexuelle Orientierung durch seine häufigen Besuche nicht verborgen geblieben, da er nie einen Hehl daraus machte, aber niemals hätte jemand die gleiche bei Johannes vermutet. André war es auch zuzuschreiben, dass die Beziehung öffentlich wurde, da es keinesfalls in seiner Absicht lag, sich zu verstecken. Es hatte eine Weile gedauert Johannes, der sein Privatleben konsequent abschirmte, davon zu überzeugen, dass Offenheit der bessere Weg sei, um Gerüchten von vornherein die Grundlage zu nehmen. Wie sich bald herausstellte, war die Entscheidung goldrichtig, denn ihr Ansehen wurde in keinster Weise geschmälert. Auch den Mitarbeitern wäre es im Traum nicht eingefallen, eine despektierliche Bemerkung zu machen, denn es ist ein Privileg, in diesem Haus zu arbeiten und Diskretion ist ohnehin oberstes Gebot.

      Allerdings wissen nur ganz wenige Gäste, die zum Freundeskreis zählen, von der Verbindung. Obwohl das Paar sie nicht verschweigt, wird sie auch nicht an die große Glocke gehängt, zumal ihre ­Aufgabenbereiche ohnehin unterschiedlich sind: Andrés Mutter, in deren Händen alle Fäden zusammenliefen, hatte ihren Sohn nach der Diagnose eines fortgeschrittenen Leberkarzinoms gebeten, die Geschäftsführung von Restaurant und Hotel zu übernehmen und er hatte es nicht übers Herz gebracht, abzulehnen. Keine einfache Entscheidung, denn als Geschichtswissenschaftler war er für die Redaktion des Feuilletons einer überregionalen Zeitung zuständig. Die Zusage, im Status eines freien Mitarbeiters weiter an deren Gestaltung mitwirken zu können, hatte den Ausschlag gegeben. ­Glücklicherweise blieb Zeit für eine gründliche Einarbeitung, sodass er nach dem Ableben seiner Mutter für die Aufgabe gerüstet war.

      Johannes berührt Laura leicht am Arm. »Nun, wie sieht es aus, wollen wir ein Gläschen Champagner nehmen, bevor wir in die Unterwelt hinabsteigen?«

      Sie winkt ab. »Nein, lieber nicht. Es gibt nachher noch genug Alkohol. Ich bin leider nicht diszipliniert genug, den Probeschluck wieder auszuspucken, wenn mir ein Wein besonders gut gefällt. Außerdem freue ich mich auf die Privatführung zu den Kostbarkeiten.«

      Gut, dass wir nicht wirklich hinabsteigen müssen, denkt Laura, als der geräumige Aufzug ein Stockwerk tiefer gleitet, meinem Knie wäre das nicht gut bekommen. Kühle Luft schlägt ihnen entgegen, als sich die Tür öffnet und Laura zieht unwillkürlich ihren Mantel etwas enger um sich. Mehr als fünfzehn Grad werden es wohl nicht sein. Ein Glück, dass sie mit der Kleidung vorgesorgt hat, auch wenn die Temperatur im Probierraum etwas höher liegen dürfte.

      Johannes hat die Führung übernommen. Seine weit ausholende Geste umfasst das ausgedehnte Gewölbe. »Mein Reich.« Stolz schwingt in seiner Stimme mit. »Du kennst es ja bereits.«

      Ja, Laura kennt es und kann seinen Stolz nachvollziehen. Die Anzahl der Flaschen ist atemberaubend, aber noch atemberaubender ist, dass ihr Begleiter jede einzelne kennt, sie in der Hand gehalten, das Etikett betrachtet und Rückschlüsse auf den Inhalt gezogen hat. Er ist für den Einkauf und die optimale Lagerung verantwortlich. Weine aus ganz Europa sind hier versammelt, aber auch solche aus Kalifornien, ­Argentinien, Brasilien, Chile, Australien, Südafrika und Neuseeland, wo in den letzten Jahren riesige Kulturflächen mit Reben entstanden sind. Wenn auch ein großer Teil der Produktion zu gefälligen Industrieweinen verarbeitet wird, so sind doch auch Tropfen von ausgezeichneter Güte dabei, wie selbst Christoph zugeben musste, der oft genug monierte, dass ein großer Teil der Rotweine ›marmeladig‹ schmecke. »Die reinsten Fruchtbomben«, war sein häufig wiederkehrender Kommentar, »längst nicht so facettenreich wie die hiesigen Gewächse.« Laura jedoch konnte sich damit anfreunden, ihr gefallen die schweren Geschütze ausgesprochen gut zu kräftigen Fleischgerichten. Dies mag allerdings auch darauf beruhen, dass ihr kein so differenzierter Geschmacks- und Geruchssinn wie ihrem verstorbenen Mann und Johannes gegeben ist. Die beiden jedenfalls waren sich in ihrer Einschätzung einig und öffneten im privaten Rahmen nur in Ausnahmefällen einen Wein aus Übersee.

      Als sie den größten Teil des Kellers durchschritten haben, deutet Johannes nach rechts. »Hier entlang. Um die Ecke gibt es ein kleineres Nebengewölbe, von dem man vermutet, dass es früher als Eiskeller diente.«

      Nur wenige Schritte sind sie gegangen, als der Sommelier so abrupt innehält, dass seine Begleiterin fast gegen ihn prallt. »Was zum Teufel …« Er beugt sich vornüber. »Das darf doch nicht wahr sein! Sieh dir diese Bescherung an.«

      Laura drängt sich an ihm vorbei und nimmt die Bescherung in Augenschein. Direkt hinter dem Eingang der offen stehenden, schmiedeeisernen Tür liegen in einer riesigen Pfütze die Überreste einer Weinflasche, von der nur das untere Drittel mit dem dicken Boden heil geblieben ist. Vorsichtig, um sich nicht die Schuhe zu beschmutzen, tritt sie hinzu und dreht mit spitzen Fingern eine Scherbe mit dem größten Teil des Etiketts nach oben.

      »Ach

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