Scott Kelbys Foto-Rezepte. Scott Kelby
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BELICHTUNGSZEIT: 1/800 S | BLENDE: F/8 | ISO: 400 | BRENNWEITE: 560 MM
Kapitel 2
Die Wahrheit über Objektive
Wann und warum Sie welches Objektiv benötigen
Ist Ihnen schon aufgefallen, wie selten heutzutage jemand die Kameramarke wechselt? Ich meine, es kommt zwar vor, aber doch ziemlich selten. Warum ist das so? Wenn es Zeit für ein neues Auto ist, dann schauen wir uns um, was es so gibt, und den jüngsten Statistiken des Car Retention Academic Program (CRAP) zufolge ist es sehr wahrscheinlich, dass wir dabei die Marke wechseln. Aber wenn es im Fotobereich Zeit für ein neues Kameragehäuse wird, bleiben wir bei Altbewährtem. Gemäß CRAP geschieht dies nicht aus blinder Markentreue oder weil wir eine emotionale Bindung zu einer bestimmten Marke aufgebaut hätten, sondern vielmehr, weil Objektive heutzutage so teuer sind. Den Daten der Lens Association for Microstructure Education (LAME) zufolge halten wir nur deshalb an diesen Marken fest, weil wir nicht nur eine Kamera erworben, sondern uns in ein ganzes System eingekauft haben, und ein wichtiger Teil dieses Systems sind die Objektive. Wird es also Zeit für ein neues Kameragehäuse, können wir nicht einfach irgendeine Marke wählen, weil wir dann keine zum Kameragehäuse passenden Objektive hätten. Unsere vorhandenen Objektive zu verkaufen, wäre zu mühsam, also bleiben wir einfach bei dem, was wir haben. Das muss aber nicht so sein. Laut einem Bericht des Metropolitan Online Industry Statistics Tribunal (MOIST) wissen viele Fotografen heutzutage nicht, wie einfach es ist, Objektive im Laden zu klauen, und dass die Gesetze vielerorts extrem lax sind. Selbst wenn man erwischt würde, fielen die Bußgelder wahrscheinlich geringer aus als der Erlös aus dem Verkauf des Diebesguts auf eBay. Eine weitere Möglichkeit, die auch die Organization for Worldwide Education of Light, Exposure, Tungsten, and Telephoto Equipment (TOWELETTE) empfiehlt, besteht darin, in der Morgendämmerung an einem beliebten Fotospot für Sonnenaufgänge nach einem Fotografen Ausschau zu halten, der die gleiche Objektivmarke wie Sie verwendet. Werfen Sie einen Böller in seine Richtung, während er mit seiner Kamera hantiert, dann schnappen Sie sich seine Kameratasche und rennen wie der Teufel. Nur dass Sie es wissen: Ich befürworte Diebstahl in keinster Weise. Die Vorschläge stammen direkt von den Leuten von MOIST TOWELETTE. Wenn Sie also erwischt werden, rufen Sie bitte dort an und fragen Sie, ob man die Kaution für Sie stellt.
Wann Sie besonders lichtstarke Objektive einsetzen sollten
Wenn Sie drinnen ohne Blitz fotografieren möchten (z. B. in einer Kirche, einem Museum, einem Theater oder überall dort, wo kein Blitz und/oder keine Stative erlaubt sind), dann brauchen Sie ein besonders lichtstarkes Objektiv, also eines, dessen Blende sich auf einen sehr niedrigen Zahlenwert einstellen lässt, etwa f/2.8, f/1.8 oder f/1.4. Je niedriger die Blendenzahl, desto schlechtere Lichtverhältnisse können Sie ohne Stativ meistern. Und warum ist das so wichtig? An dunklen Orten kann die Kamera nur dann ein Foto aufnehmen, wenn Sie die Verschlusszeit verlängern. Dadurch gelangt mehr Licht auf den Kamerasensor. Mit einem Stativ ist das kein Problem, denn damit bleibt die Kamera vollkommen unbeweglich. Wenn Sie jedoch aus der Hand fotografieren (so wie in fast jeder Kirche und jedem Museum) und Ihre Verschlusszeit auf über 1/60 Sekunde ansteigt, bekommen Sie Fotos, die auf dem Kameradisplay noch gut wirken, später am Computer aber sehr wahrscheinlich so unscharf aussehen, dass sie im Prinzip unbrauchbar sind. Wenn Sie also die Kamera auf eine dieser »großen Blenden« wie etwa f/2.8, f/1.8 oder f/1.4 einstellen, erhalten Sie häufig ohne Stativ auch dort noch scharfe Bilder, wo sie normalerweise schon ziemlich unscharf geworden wären. In diesem Fall ist weniger (eine niedrigere Blendenzahl) also mehr.
Sie können dieselbe Technik verwenden, die auch Scharfschützen verwenden, um beim Abdrücken sämtliche Bewegungen zu minimieren: Sie halten den Atem an. Ja, sie haben richtig gelesen. Manche Profifotografen atmen zuerst komplett aus (oder tief ein), halten den Atem an und fotografieren erst dann. Dies minimiert Körperbewegungen und damit auch Verwacklungen der Kamera.
Wann Sie ein »Universal«-Zoomobjektiv einsetzen sollten
Wäre es nicht fantastisch, draußen fotografieren zu gehen und dabei nur ein Objektiv dabei zu haben? Eines, das alles kann, vom Weitwinkel bis zum Telezoom, sodass Sie nicht länger eine Kameratasche voller Ausrüstung mitschleppen müssen? Also, da haben Sie Glück, denn es gibt einige tolle Objektive, die genau das können. Für Vollformatkameras von Canon und Sony gibt es das 24–240-mm- und für Nikon-Kameras das 28–300-mm-Objektiv (für Kameras mit Crop-Sensor bieten die Hersteller entsprechende Objektiv mit Brennweitenbereichen von 18–200 mm). Und das Beste daran: Die Objektive sind kompakt, leicht und relativ preiswert. Sie eignen sich ideal für Reisen und Fotospaziergänge, für Stadtaufnahmen und in Kombination mit einem Stativ sogar für Landschaftsfotos. Mit so einem Objektiv müssen Sie nie mehr sagen: »Ich habe das Foto verpasst, weil ich gerade mein Weitwinkelobjektiv drauf hatte, aber eigentlich ein Teleobjektiv gebraucht hätte« (oder umgekehrt), denn dieses eine Objektiv kann Weitwinkel, Tele und alles dazwischen. Nur eine Vorwarnung: In Online-Foren werden möglicherweise einige Fotografen behaupten, diese Universalobjektive seien irgendwie unter ihrem Niveau, weil sie nicht so scharf seien wie die teureren High-end-Zoomobjektive, die sie sonst mit sich herumschleppen. Lassen Sie sich davon nicht aus der Fassung bringen. Ich kenne keinen einzigen Fotografen, der ein solches Objektiv besitzt und nicht von dessen geringem Gewicht, niedrigem Preis und der enormen Flexibilität begeistert wäre.
Wann Sie ein Ultraweitwinkelobjektiv nutzen sollten
Ich greife zu einem Ultraweitwinkelobjektiv (etwa einem 16-mm- oder 14-mm-Vollformat-Objektiv oder einem 10-mm- oder 12-mm-Crop-Sensor-Objektiv), wenn die Szene größer