Hölle am Himmel. Will Berthold
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Читать онлайн книгу Hölle am Himmel - Will Berthold страница 11
»Das faule Ei des Kolumbus«, quittierte Larry Merx; »da er nicht mehr in den USA sein darf, gibt es ihn nicht mehr.«
»Ja, eine Kartei-Leiche«, entgegnete Mike Blower. »Trotzdem kann ich nicht glauben, daß sich der Kerl in New York aufhält; er ist in der Unterwelt bekannt wie ein bunter Hund. An jeder Grenzstation, in jedem Polizeirevier hängt seine köstliche Visage.«
»Vielleicht hat er sich ein neues Gesicht schneidern lassen«, sagte Larry. »Durch eine plastische Operation zum Beispiel. Und die Verhafteten sitzen alle noch?«
»Ja«, antwortete der Assistent. »Und bei guter Führung kommt der erste in frühestens elf Jahren wieder aus dem Knast.«
»Tüchtiger Richter«, versetzte Larry trocken. »Haben Sie auch überprüft, ob sich die Burschen tatsächlich alle noch in Haft befinden?«
»Blitzumfrage: 48 sind hinter Schloß und Riegel, verteilt auf drei Strafanstalten.«
»Und die Nummer 49?« fragte Larry gespannt.
»Ist unsere Chance.« Der Mann mit dem Dutzendgesicht überreichte seinem Chef die Mitteilung wie einen Blumenstrauß.
»Er hat den Spitznamen ›Riccio‹, der Igel. Wegen seiner stacheligen Haare. Er ist ein V-Mann. Wir hatten ihn in die Bande eingeschleust und bei der Verhaftung entkommen lassen. Tolle Schießerei am hellichten Tag. Alle ballerten in die Luft, und seitdem ist Riccio in Cosa-Nostra-Kreisen ein berühmter Mann.«
»Mensch«, erwiderte Larry. »Hüten Sie ihn wie Ihren Augapfel.«
»Schon veranlaßt«, versetzte Mike Blower stolz.
»Nun platzen Sie bloß nicht vor Tüchtigkeit«, entgegnete sein Chef und lachte zum erstenmal in dieser Nacht.
9
Morgens um sieben war Martin abgeschlafft. Er verließ seinen Posten und fühlte sich wie ein Deserteur. Der glänzende Pilot war ein miserabler Autofahrer. Er nahm ein Taxi, das ihn zur 57. Straße brachte. Hier hatte er eine komplette Junggesellenwohnung gemietet. Es war schierer Luxus, aber wenigstens eines der Betten, in denen er schlief, sollte sein eigenes sein.
»Halten Sie vor dem Haus mit dem Baldachin«, sagte er zu dem Fahrer, bezahlte und stieg aus.
Er ging mit unsicheren Schritten zum Lift, schleppte die Müdigkeit mit sich herum wie einen Sack Zement. Sonst wirkte nach tagelanger Abwesenheit seine Wohnung immer abgestanden, aber heute war sie gut durchlüftet und dazu noch von einem verlockenden Duft überlagert: sie roch nach Brenda.
Er riß die Zimmertür auf.
Sie kam ihm lächelnd entgegen. Fast wäre er ihr ohne sein Zutun in die Arme gefallen.
»Ich bin’s wirklich«, sagte sie. »Entschuldige, daß ich bei dir eingedrungen bin.«
»Wenn du schon da bist«, erwiderte Martin lächelnd, »dann könntest du auch gleich bleiben.«
»Darüber läßt sich reden«, entgegnete sie und sah skeptisch in sein von den Strapazen plissiertes Gesicht. »Ist etwas passiert?« fragte sie besorgt.
»Nein, gar nichts«, versetzte er.
»Mein Urlaub hat schon begonnen«, wechselte Brenda das Thema. »Und wie steht’s mit deinem?«
»Schlecht«, brummte er.
»Du gehst jetzt unter die Dusche, und dann schläfst du dich aus«, sagte sie.
»Du bist ganz schön herrschsüchtig«, konterte Martin.
»Kann mir schon vorstellen, wie du dich als meine Frau benehmen wirst.«
»Soll das ein Antrag sein?« fragte Brenda.
»Du wirst doch eines Mannes Müdigkeit nicht ausnutzen wollen?« grinste er.
Er zog Brenda an sich. Sie wich ihm nicht aus. Ihr Puls schlug in seinen Händen. Er spürte die Sehnsucht wie eine Stichflamme.
Sie machte sich behutsam von ihm frei. »Ich übernehme die Telefonwache«, versprach Brenda Martin.
Er schlief sofort ein. Als er erwachte, sah er benommen in moosgrüne Augen und rötliche Haare. Alles verschwamm vor seinem Blick, bis er Brendas Lippen spürte. Und da wußte er endgültig, daß er nicht träumte.
»Wie spät?« fragte er.
»15 Uhr«, antwortete sie.
»Höchste Eisenbahn.« Er sprang aus dem Bett, ging ans Telefon.
»Diese langweiligen einfarbigen Pyjamas wirst du dir abgewöhnen müssen«, rief ihm Brenda nach.
»Du willst es wohl gestreift oder getupft?« Er grinste breit. »Du möchtest einen Tiger im Haus?«
Brenda wollte den Wohnraum verlassen, um nicht Zuhörerin des Telefongesprächs zu werden. Aber er gab ihr einen Wink, dazubleiben. Er wählte ohne richtig hinzusehen eine endlose Nummer.
»Hallo, hier New York«, begrüßte er seine Mutter. »Was gibt es Neues in Klingenberg?«
»Hast du deinen Kuchen bekommen?« fragte sie.
»Aber ja«, schwindelte er. »Und auch schon aufgegessen.«
»Soll ich dir wieder einen backen?«
»Nein, bitte keinen Kuchen«, sagte er rasch.
»Was möchtest du dann?« Sie blieb hartnäckig.
»Vielleicht ein bißchen fränkischen Leberpressack«, antwortete er, um ihr den Gefallen zu tun.
»Geht morgen ab.«
»Aber bitte nicht so viel«, lachte Martin.
Brenda sprach ganz gut deutsch, aber diesem Zwiegespräch belangloser Zärtlichkeit konnte sie kaum folgen. Sie sah nur, wie es aus seinem Gesicht die Falten und Kerben schrubbte.
»Gute Nachricht, Mutschka«, sagte er. »In zehn Tagen bin ich wieder da. Mit Rücksicht auf ihre deutschen Aktionäre hat die Jet-Air in diesem Jahr ihre Hauptversammlung nach Frankfurt verlegt. Was sagst du dazu?«
»In zehn Tagen erst?«
»Und dann hab’ ich noch eine Überraschung!« Martin hatte spontan beschlossen, seine Mutter auf Brenda vorzubereiten. »Ich bring’ dir jemanden mit.«
»Einen Freund?«
»Nein«, entgegnete er gespielt beiläufig. »Eine Freundin.«
Die Leitung blieb stumm; seiner Mutter mußte es die Stimme verschlagen haben.
»Sieh’ sie dir mal an, Mutschka«, sagte er. »Vielleicht ist es die Richtige.«