Hölle am Himmel. Will Berthold
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Der morgendliche Ansturm hatte New York in einen brodelnden Eintopf von Lärm, Hast und Mief verwandelt, aber nach neun Uhr begann die überforderte Millionenstadt auf kleinerer Flamme zu kochen. Die Wolkenkratzer verschluckten Hunderttausende von Menschen, um sie am Abend wieder auszuspucken.
Der Tag hatte Tritt gefaßt, sechs Stunden hinter Mitteleuropa. Nur in der Zentrale der Jet-Air-Intercontinental in der Nähe des Flugplatzes Idlewild war er vorzeitig gestolpert.
9 Uhr 33.
»Spreche ich mit Mr. Lovestone?« fragte eine verzerrte Stimme. »Hören Sie gut zu. Ich erzähle nichts zweimal. Entweder Sie gehen auf meine Bedingung ein«, fuhr der Unbekannte fort, »oder es fliegt wieder eine Maschine in die Luft. Diesmal eine vollbesetzte.« Die Stimme in der Leitung drohte: »Zum Beispiel Ihr neuer Jumbo ›Happy Day‹ mit 366 Passagieren und 16 Mann Besatzung.«
Mr. Lovestone quollen die Augen aus dem Kopf, und sein rechteckiges Zimmer wurde einen Moment lang rund und drehte sich wie ein Karussell. »Hier ist der Zentralsitz einer Fluglinie«, fuhr Norman dann den Erpresser an. »Und keine Irrenanstalt.«
Larry Merx lenkte ihn wie der Leitstrahl eine Maschine bei einer Blindfluglandung.
»Wer sind Sie überhaupt?« schrie der Präsident in die Muschel und steigerte seine Stimme zu dem Organ eines Mannes, der 35111 Mitarbeiter sicher durch die Fährnisse des Geschäftslebens steuert.
»Ich bin der Bursche, der heute nacht ein kleines Feuerwerk in Ihrem Hangar B veranstaltet hat«, erwiderte eine verzerrte Stimme, die sich jetzt anstrengte, ein wenig langsamer zu sprechen. »Ich will eine Million. Bis heute mittag. Punkt zwölf Uhr. In Hundert-Dollar-Scheinen.«
Als der Spitzenmanager diese Forderung hörte, nahm er ein Wechselbad von Hitze und Frost. Er hatte die Vermutung des Experten von der Bundespolizei in Washington für übertrieben gehalten. Doch diese Hoffnung war jetzt geplatzt wie ein Reifen. »Sie sind ja wahnsinnig«, stöhnte er auf.
»Oder Sie«, konterte die blecherne Stimme. »Falls Sie nicht auf mich hören. Oder die Polizei bemühen.« Er lachte heiser. »Denken Sie an Ihre wunderschönen Jets in der Luft«, drohte er. »Denken Sie an die vielen unschuldigen Passagiere an Bord.«
Larry Merx starrte auf das Zifferblatt: 42 Sekunden. Dann sah er gespannt durch die offene Tür ins Vorzimmer, wo sein Assistent Mike Blower mit den Fahndungs-Trupps der Telefongesellschaft und der New Yorker Kripo in Sprechverbindung stand.
Der Mann gab das Signal, hob den Arm, und das hieß, daß der Standort des Erpressers mit Erfolg angepeilt worden war. Das hieß, daß in dieser Sekunde Dutzende von Streifenwagen mit Sirenengeheul durch die Weltstadt hetzten. Das hieß, daß Larry eine Chance hatte, einen Mann zu fassen, der ihm den Weg zu der Bande weisen müßte.
»Und wenn ich bezahle?« fragte der Präsident zögernd.
»Dann lassen wir Sie in Ruhe.«
»Und wer garantiert mir das?« fragte Mr. Lovestone.
»Niemand«, versetzte der Erpresser kalt. »Sie haben keine andere Wahl, als uns Vertrauen und Geld zu geben.«
Obwohl mit jeder weiteren Sekunde dieses Telefonats die Chance stieg, den Unbekannten zu fassen, rechnete Larry doch nicht mit einem Erfolg. Wenn der Anrufer zu einer Gang gehörte – woran nicht zu zweifeln war –, mußte er ein Fachmann sein und wissen, daß er gefahrlos nicht länger als 40 Sekunden sprechen konnte. Ein Profi würde das Gespräch jetzt abbrechen und von woanders aus fortsetzen.
Der FBI-Spezialist sah, daß Mr. Jet-Air am Ende war, er schob ihm hastig einen Zettel mit einem Stichwort zu.
»Und wie sollen wir Ihnen das Geld überhaupt zukommen lassen?« griff es Mr. Lovestone hastig auf.
»Sie halten die Million bereit. In einem Paket. Punkt zwölf Uhr. Am Hauptportal Ihrer Firma. Wir schicken Ihnen einen Boten und überzeugen uns, daß ihn niemand verfolgt. Andernfalls –«, drohte der Erpresser und legte auf; nach einer Minute und zehn Sekunden.
Von nun an rollte die Fortsetzung des Gesprächs mit anderen Worten. Regie: FBI. Medium: eingeschmuggelte Mikrofone. Zuhörer: eine nach Cosa-Nostra-Muster organisierte Unterwelt-Bande.
»Myrna, ich verbitte mir, daß Sie mich mit jedem Wahnsinnigen verbinden«, rügte der Präsident.
»Soll ich die Polizei verständigen?« fragte die Sekretärin.
»Um Gottes willen«, entgegnete Mr. Lovestone. »Auf keinen Fall. Vorläufig wenigstens. Verbinden Sie mich bitte mit der Chase Manhattan. Fragen Sie den Hauptkassierer, ob er bis heute mittag eine Million in Hundert-Dollar-Noten für uns beschaffen kann.« Er verbesserte sich sofort: »Oder nein, lassen Sie das noch, bis ich die Herren des Vorstandes gesprochen habe.«
Als Larry Merx sah, daß sein Zauberlehrling auf eigenen Beinen gehen konnte, stürmte er das verwaiste Arbeitszimmer des Chefpiloten Martin Nobis, das er nach gründlicher Untersuchung auf Abhörgeräte requiriert hatte.
Mike Blowers Gesicht trug schwer an einer Neuigkeit.
»Wir haben die Nummer, Chef«, begann er.
»Nun lassen Sie das weiße Kaninchen schon aus dem Zylinder hopsen, Sie Magier«, antwortete Larry gereizt.
Sein Assistent reihte die Ziffern zu einer Zahl aneinander; sie besagte Larry nichts.
»Es handelt sich hierbei um einen Nebenanschluß der Jet-Air«, erläuterte Mike Blower. »Genutzt wird er von Mr. Lionel Taylor.«
»Dem Chefingenieur?« erwiderte Larry nach kurzem Nachdenken. »Und der Mann ist zur Zeit in Kalifornien.«
»Ja«, bestätigte der Helfer, »und zwar ist es ein Autoanschluß. Dieser Dreckskerl von Anrufer ist einfach in Manhattan spazierengefahren.«
»Sehen Sie, es gibt für alles eine natürliche Erklärung«, stellte Larry fest. »Nur meistens zu spät.«
»Aber das Auto von Mr. Taylor?«
»Vermutlich gestohlen und bis jetzt noch nicht entdeckt.«
Wie zur Bestätigung seiner Kombinationsgabe ging Sekunden später die Meldung ein, daß der Cadillac von der Verkehrspolizei sichergestellt worden war. Ohne Insassen. Falsch geparkt; am Rand der breiten Auffahrt zum Riesengebäude der UN, die Taxis, Omnibussen und Staatskarossen Vorbehalten ist.
Larry Merx hatte den Anruf auf Tonband mitgeschnitten und hörte es ab. Er spulte zurück und begann von neuem:
»Merken Sie etwas, Mike?« fragte er.
»Der Mann hat seine Stimme unkenntlich gemacht. Vermutlich durch eine Cellophan-Folie über der Membrane.«
»Mehr fällte Ihnen nicht auf?«
»Dem Akzent nach ein Italo-Amerikaner.«
»Schon besser«, entgegnete