Max und Anny. Hans Leip

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Max und Anny - Hans Leip

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herzustellen. In diesem Falle zog sie bei dem Umfange der Arbeit alle ihre Schulfreundinnen zur Hilfe heran, und alle durften dafür mitspielen.

      Es wurde ein grosser Erfolg. Die Prager zeigten sich rührend dankbar, dass die junge tschechische Nation ihre eigene Filmindustrie begonnen hatte und Land und Leute und Blut und Boden nationaler Gattung zu Themen wählte.

      Sehr viele Filme entstanden damals, die meisten wurden in vier bis sieben Tagen gedreht.

      Gleich im ersten Jahr ihrer „Filmtätigkeit“ bekam Anny eine Einladung der Filmgesellschaft Sascha nach Wien. Sie sollte dort vorspielen; ihre Mama begleitete sie, aber es wurde nichts als eine Enttäuschung. Wie gross und frech war die Welt zu Wien! Nein, da konnte sich ein kleines Mädchen nicht wohlfühlen.

      Anny war froh, wieder in Prag zu landen, wo inzwischen nun doch ein Filmatelier entstanden war. Zwar war es nichts weiter als die alte hölzerne Scheune einer Brauerei, wo früher Hopfen getrocknet wurde, zwar wurden vorerst nur alte Theaterkulissen dafür zurecht gemacht, und mit der Beleuchtung haperte es anfangs auch. Es war ein Unternehmen, das das Missfallen einer jeden Feuerpolizei erregt hätte. Dennoch wurden hier Hunderte von Filmen gedreht, und noch 1931 wurde dort gefilmt (wenn auch nicht mehr mit Anny), ohne dass je etwas passiert wäre.

      Max geht auf Wanderschaft

      Wie gesagt, Büroarbeiten waren nichts für Max. Er musste mehr frische Luft um sich haben, und seine Arme sehnen sich nach anderen Lasten, als es Federhalter, Briefmarken, Bestellzettel und Kontobücher ihm sein konnten. Er wurde Arbeiter in einem Hamburger Rohrbogenwerk. Dort wurden riesige Eisenplatten mit Gasbrennern zu Rohrstücken gewölbt. Das behagte Max eine Weile ganz gut, bis er sich eines Tages die Hand so übel verbrannte, dass er die weitere Neigung zu dieser Art Beschäftigung verlor. Es fiel ihm ein, wie anders doch sein Vater gelebt habe, und er spürte, das Erbteil, das er in sich trug, hiess: Sehnsucht in die Weite. Seine Mutter verstand ihn, und da er versprach, niemals Seemann zu werden, schnürte sie ihm den Pappkarton, versorgte ihn mit einem dicken Paket deftiger Butterbrote und wünschte ihm viel Glück. Er fuhr nach Düsseldorf, um bei den Eltern eines Hamburger Sportfreundes zu wohnen.

      Nun begann eine harte Schule für ihn. Schliesslich wurde er Arbeiter bei einer Hoch- und Tiefbaufirma. Er schaufelte, schuftete und grub, drehte Winschen, mischte Zement, bohrte Brunnen und legte Rohre. Das bekam seinen Muskeln und seinem Appetit vortrefflich, obwohl es nicht immer gross was zu beissen gab. Auch Freizeit gab es wenig, aber selbst in dieser kargen Freizeit verlangte sein Körper nach Betätigung. Somit wurde er Mitglied eines „Ring- und Stemmklubs“ zu Benrath, in welchem Ort seine Firma einen grösseren Auftrag auszuführen hatte.

      Mit kaum glaublicher Zähigkeit widmete er sich seiner sportlichen Fortbildung, rang, boxte und trieb Leichtathletik.

      Manchen Sonntag aber zog er mit einem ehemaligen Artisten auf die Dörfer, und die beiden auf den kleinen Bühnen der ländlichen Tanzsäle erstaunten die Menge mit „sensationellen Attraktionen“, indem sie Nägel mit der ungeschützten Hand in ein Brett schlugen, Ketten zerrissen und Hufeisen verbogen, hin und wieder auch einmal ein bisschen boxten.

      Max war es eben gewohnt von Jugend auf, seine Fertigkeiten nicht nur zum Vergnügen auszuüben, sondern vielmehr das Vergnügen durch Zweckmässigkeit zu steigern.

      Boxen, das war ein Sport, der vor dem Kriege in Deutschland als roh und blutig öffentlich verboten gewesen war und der übrigens heute noch in den Vereinigten Staaten fast überall der behördlichen Genehmigung bedarf, sobald es sich um öffentliche Kämpfe handelt. Nach dem Kriege änderte sich die deutsche Einstellung. Deutsche Kriegsgefangene hatten in England, zumal auf der Insel Man, den Faustkampf sozusagen aus Verzweiflung und Langerweile gelernt. Prenzel, Breitensträter, Grimm, Naujoks, Wiegert, Dubois, Huber, Koch, Möller, Spörl, das hauptsächlich waren die ersten, die in Lederhandschuhen zu Hamburg, Berlin oder Köln auf das „Ring“ genannte, hanfseilumspannte rechteckige Podium vor das Publikum traten, und Otto Flint, ein Verwandter der berühmten Taucherfamilie, der schon vor dem Kriege bedeutendes boxerisches Können erlangt hatte, wurde der erste deutsche Schwergewichtsmeister.

      Durch seine Baufirma kam Max nach Köln. Dort lernte er seinen ersten richtigen Boxlehrer Adolf Dübbers kennen. Er hatte eine Menge allzu privater „Boxauffassung“ abzulegen. Er musste sozusagen ganz von vorn anfangen. Aber er lernte rasch. Dübbers fiel von einem Erstaunen ins andere. Und bald lagen auch die ersten „Gegner“ auf den Brettern.

      Wo etwas geleistet wird, stellen sich die Manager ein. Zwischenhandel gibt es nicht nur in der Wirtschaft, sondern ebensogut in der Kunst und im Sport. Der Manager und Agent eines Artisten zum Beispiel ist sozusagen sein Makler und Spediteur und oft auch sein Bankier. Nicht viel anders ist es beim Film. Und nicht viel anders im Berufssport, zumal bei den Boxern.

      Damals verdienten einige Boxer selbst in Deutschland schon ansehnliche Summen, so zum Beispiel der Gentlemanfighter Prenzel und auch Breitensträter, der blonde Hans. Summen von zwanzigtausend bis fünfundzwanzigtausend Mark als Kampfbörse. Max schwindelte es, wenn er sich das vorstellte. Aber es war nicht nur die Sehnsucht, Geld zu verdienen, die ihn anspornte. Der erste Beifall lag ihm in den Ohren, Ehrgeiz brannte in ihm. Er wollte zeigen, was er konnte. Sein Vater hatte die weite Welt gesehen, und auch sein Herz schlug für grössere Horizonte, als Adolf Dübbers und als sein erster Manager Abels ahnten.

      Es war um die Zeit, als der Fiskus ebenfalls seinen Anteil an den steigenden Boxunternehmungen suchte. Mit einem Schlage aber vermochte das die Entwicklung abzudrosseln. Die Kämpfe wurden seltener; das durch die Lustbarkeitssteuer vergrösserte Risiko schreckte viele Veranstalter ab.

      Auch kamen immer weniger Ausländer in den deutschen Ring. Die fortschreitende Geldentwertung machte ihre Bezahlung fast unmöglich.

      Es war das Jahr 1924.

      Damals schon gab es eine Fachzeitschrift des Faustkampfes: „Der Boxsport“. Der Hauptschriftleiter hiess Arthur Bülow. Unter den Mitarbeitern sah man auch den einstigen Hamburger Seemann Walter Rothenburg.

      Rothenburg war einer der frühesten Boxveranstalter nach dem Kriege. Jetzt sah er sein Geschäft dahinsinken, und da er auch ein fruchtbarer Lyriker war, erleichterte er sein Herz mit einem Gedicht, dessen melancholische Überschrift lautete: „Unheimliche Ruhe“.

      Der grosse Bauernfilm

      Im Filmgeschäft aber begann es lebhafter zu werden. Und die Suche nach den grossen Themen begann. Da ist zum Beispiel das Gebirge. Und, nicht wahr, das deutschsprachige Gebirgsbauerntum ist seit jeher beliebt gewesen, teils wegen der Tracht, teils wegen des freiheitlichen Charakters und teils als Musikkapelle für bürgerliche Bierlokale.

      In Norddeutschland singen schon die ganz kleinen Mädchen, wenn sie im Kreis auf der Strasse spielen:

      „Die Tiroler sind lustig, die Tiroler sind froh.“

      Peter Rosegger hat uns, da wir noch jung waren, mit den Geschichten vom Waldbauernbuben ans Herz gegriffen, Ludwig Thoma vermochte es auf bayrischer Grundlage später, als wir erwachsen waren (für andere war es Ludwig Ganghofer). Der grossen Literatur und Bühne aber hatte Karl Schönherr die Söhne der Berge entdeckt und hatte ihnen dort Raum und Gehör geschaffen schon vor dem Kriege.

      Was Wunder, dass nach dem Dauererfolg von „Glaube und Heimat“, „Volk in Not“ und „Weibsteufel“ unruhige Gehirne auf den Gedanken kamen, mit solch zügigen Themen auch im Film auf Erfolg zu pirschen.

      Eines Tages tauchte in Prag ein unternehmungslustiger Regisseur aus Wien auf. Er gedachte — lange vor Luis Trenker — das Gebirge nun auch für den Film zu entdecken

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