Die Groggespräche des Admirals von und zu Rabums. Hans Leip
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Als ich an Deck trat, durch ein unvorschriftsmäßiges Mundharmonikaspiel von meinem dampfenden Glase aufgeschreckt, blieb mir der Befehl, den Mann in Eisen zu legen, hinter den Kusen stecken. Ich habe seit der Zeit keinen so gewaltigen Weihnachtsbaum weder wieder geseh- noch vernommen, wie dunnemals den Großmast unserer Pomeranzia.
Tags darauf allerdings, als der Luftdruck wieder abnahm, alas und ay ay, und einzig zur Freude unseres Schiffskaters Mux, platzte der ganze Konfekt, und wir hatten den Glitsch auf den Planken und hätten Skilaufen können. Als Beweis habe ich die Mundharmonika konfiszieren lassen. Sie liegt noch in meiner alten Seekiste.
N.d.P., meine Lieben — na, denn Prost!“
Rum unter den Kesseln
„Ahoi!“ rief der Admiral von und zu Rabums, und niemand konnte leugnen, daß es unentwegt so war.
Ein Beben durchrann den grützegrauen Rauschebart wie eine Bö bei Kap Horn. Denn das Garn riß nicht ab von dunnemals.
„Meine Herren!“ fuhr er ungebrochenen Auges fort: „Dies Glas unseren ehrenwerten Kolonien! Hippra — hippra — hippra! Die Tränen der Wehmut sollten, o meine Lieben, über unseren Köpfen zusammenschlagen, zumal wegen der Südsee.
Nahm ich da eines warmen Tages mit meinem Favorit-Kreuzer Kurs auf das liebreiche Eiland Puapigrisia, dreiundvierzig Seemeilen westlich der Samoainsel Wallis. Es war strittig geworden, wem diese Insel, die eines weißen Fußes bislang nicht teilhaftig geworden war, einzuverleiben sei, und ich war entsandt, um mich durch Augenschein vom Gegenteil zu überzeugen.
Zugleich aber war auch ein Kleindreadnought der anderen Seite auf die saftige Fährte gehetzt worden. Und gerade, als wird die Insel sichteten, tauchte auch er mehrere Seemeilen von uns entfernt, aber in genau dem gleichen Radiusabstand, über die Kimm. In internationaler Höflichkeit tauschten wir ein paar Signale und kamen überein, dem den Vorrang zu lassen, der nicht nur die nun folgende Wettfahrt gewönne, sondern auch als erster die Flagge seines Vaterlandes alldort hisse.
Ich entschied das tollste aller Ozeanrennen dadurch, daß ich meine sämtlichen privaten Rumvorräte unter die Kessel feuern ließ, indem ich mich schwe- aber hehren und bis zum letzten Tropfen patriotischen Herzens davon trennte.
Und wirklich, es lohnte sich.
Um mehrere Kabellängen voraus schlüpften wir in die enge Durchfahrt des Atolls, jenes in der Südsee üblichen Korallenriffes, das die insulanische Binnensee in riesigem Kreisrund umgibt. Und gerade hatte ich befohlen, das nötige Flaggenmaterial bereitzulegen, als schreckensbleich mein erster Offizier meldete, es sei keine einzige Flagge mehr an Bord, da wir alle bei den vielen Besitzergreifungen allmählich aufgebraucht hätten.
Nun geschah zweierlei. Auf meine blitzartige, sich sogleich zum Kommando ballende Überlegung hin und ehe noch unser Heck die Durchfahrt hinter sich gelassen hatte, schüttete unser Oberfeuerwerker eine gute Portion reinen Natriummetalls in diese schmale Wassergasse, die das offene Meer von der Atollsee trennt. Und die gesamte übrige Mannschaft ergriff sofort Nadel und Faden, um aus den genugsam vorhandenen Reserveballen Flaggentuches und in Ermangelung des gänzlich erschöpften weißen aus ihren freudig geopferten Bettlaken die hochverehrten Farben unseres geliebten Reiches zusammenzustellen.
Natrium schwimmt bekanntlich auf Wasser, meine Allerwertesten, und erhitzt sich davon, wie manche vom Alkohol, so daß es zischend und sprühend umherfährt, dergestalt im Handumdrehen unseres Falles eine irrsinnige Nebelbank erzeugend, welchselbe den Engelsmann zwang, raschestens abzustoppen, um dem Verderben des haarscharfen Riffes zu ent- und nicht vor die Fische zu gehen.
Mit begeisterten Gesängen, Palmenzweige wedelnd, erwartete uns das braune harmlose Inselvölkchen, begierig, in das dreifache Hoch auf ihren neuen allerhöchsten Landesherrn auszubrechen. Unsere Flaggen waren fertig. Ich begab mich feierlich an Land. Der Häuptling küßte ehrerbietig das Gold meiner Achseln und eröffnete sofort das Palaver.
Dieses nun zog sich hin, da er mir vorerst unbedingt seine blühende Tochter zur Vermählung reichen wollte, währenddessen, wie jeder Chemiker zugeben wird, die Wirkung des Natriums nachzulassen drohen mußte.
Besorgt glitten meine Augen immer wieder von den wohlgefälligen Formen der verschämten Schönen und der noch immer unbehißten höchsten Palme ab zu der nebelbrandenden Einfuhr des Atolls. Sollte der stolze Gegenpartner, der in puncto Moral so konkur- wie transparent, weniger eisenfest sich gebärden und uns doch noch zu guter Letzt die Palme aus der Hand reißen?
Nein! Je mehr ich hinsah, desto üppiger wurde die zischende Rettungswolke und begann sich mehr und mehr über den riesigen Zuber der Binnensee auszubreiten. Mir wurde klar: Was mein Ingenium begonnen, höhere Gewalt setzte es fort. Zufall oder nicht; mein Natrium hatte eine unterseeische Ölader angebohrt, die nun zutage trat und das harmlose Atoll in den Anblick einer koloss- und phänomenalen Feuerzangenbowle verwandelte, nur, alas und ay ay, weniger angenehm riech- und genießbar. Ich befahl die gesamte Besatzung an Land bis auf eine Deckswache von zwei Mann, die gebürtige Polen und daher hitzige Ausbrüche gewohnt waren.
Die Eingeborenen aber, obwohl ich ihnen die Segnungen dar- und nahelegte, die ihrer mit Bohrtürmen und weißen Raffinessen und -nerien wartete, verdufteten, meine und die Gnade ihrer Fetische anflehend, samt Braut in ihre Hütten. In Ruhe nun verteilten wir unser stattliches Bündel wehender Vaterlandsembleme auf sämtliche Kokosbäume des bezaubernden Eilandes, labten uns an den Erträgnissen des Klimas und ließen das Naturereignis vorüberziehen, was in Kürze geschah, indem, durch den Umstand erregt, ein Tropenregenschauer so gründ- als reichlich niederprasselte und die Feuerwehr erübrigte, während der allmählich vor der Durchfahrt wieder sichtbar werdende Kleindreadnought sich bestürzt hinter den Ohren kratzte, ‚deepest admiration‘ signalisierte und tieftraurig von dannen qualmte. Wie denn schon der aufgeklärte Lukrez uns kündet:
Macht doch bei gröblicher See und wühlendem Winde anderer Mühsal von Land aus zu sehn, viel Vergnügen ...
An Bord zurück, hatten meine braven Krakowiakskis die enorme Temperatur ohne Schaden und zum besten ihres Teints obsolviert, auch der trutzigen Stahlfeste meines Schiffes war ein Kinderspiel gewesen. Und hatte sich nebenbei als vortreffliche Kochkiste erwiesen, so daß die Kombüse in den nächsten Wochen wenig zu tun hatte und wir vollauf hatten an gekochtem Schinken, Röstkartoffeln, gesottenen Eiern, gedämpften Schildkröten, gebackenem Käse, brauner Butter, Toast, geschmorten Bananen, Spanferkeln, Brotfrüchten, hausgemachtem Corned Beef, ganz abgesehen von dem tafelfertig unsere Flanken umkränzenden Fischreichtum des Atolls.
Nur an einem mangelte es uns, an Grog. Was wir hier, Gott sei Dank, von diesem geborgenen Platze nicht sagen sondern alles nachholen können. N.d.P., meine Herren — na, denn Prost!“
Die Uhr
„Ahoi!“ rief der Admiral, und zum weiteren Male war es so. Er griff in seinen Grützebart, als wolle er den Zeiger des Weltfortschritts anhalten, und wie ein ozeanisches Wetterleuchten strich sein Blick über den Stammtisch zur Duftenden Kompaßrose. Und die See ging hoch.
„Acht Glas!“ fuhr er fort, und seine Stimme klang liebreich wie nur je zwischen Klüver und Kielschwein. Aber nicht die Gläser meinte er, die dampfend die Runde schmückten, sondern zog aus der Tasche seiner wölbenden Weste ein tabaksdosengroßes Etwas in Gold und Brillanten und nannte es wohllautend „seine Cloche d’honneur, eine Ehrenglocke fürwahr und keine gewöhnliche Stundenrübe“. Und das aufgerissen gähnende Maul der Zeit, darin die Ziffern als Nagezähne stehn und die Zeiger wie Zahnstocher in