Soldaten des Glücks. Richard Harding Davis
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„Ich habe einen interessanteren Stoff für unsere Unterhaltung,“ sagte Clay. „Ich werde nämlich über Sie reden, denn, sehen Sie, ich kenne Sie schon seit langer Zeit.“
„Seit acht Uhr?“ fragte Miss Langham.
„O nein, seit Sie in die Gesellschaft eingeführt worden sind, also seit vier Jahren.“
„Sich an etwas zu erinnern, was so weit zurückliegt, ist nicht höflich,“ antwortete sie. „Waren Sie denn bei diesem wichtigen Ereignis zugegen? Es waren so viele Leute da, dass ich mich nicht mehr entsinne.“
„Nein, ich habe nur etwas darüber gelesen, und ich weiss es noch wie heute. An jenem Tage war ich zwölf Meilen geritten, um die Postsachen zu holen, und hielt an, als ich den halben Rückweg nach der Ranch hinter mir hatte, lagerte mich im Schatten eines Felsens und las sämtliche Zeitungen und Wochenschriften auf einen Zug durch, bis die Sonne unterging und ich die Schrift nicht mehr erkennen konnte. In einer der Zeitungen fand ich einen Bericht über Ihre Einführung in die Gesellschaft mit einem Bilde von Ihnen, und ich schrieb später an den Photographen und liess mir das Original kommen. Drei Monate lang trieb ich mich im Westen umher, bis es mich endlich in Laredo, an der Grenze zwischen Texas und Mexiko, erreichte, und seitdem führe ich es immer bei mir.“
Einen Augenblick sah ihn Miss Langham in schweigendem Verdruss und mit einem betroffenen Lächeln an.
„Wo ist es denn jetzt?“ fragte sie endlich.
„In meinem Koffer im Gasthaus.“
„O,“ entgegnete sie langsam, denn sie war noch im Zweifel, wie sie sich einer solchen, dem Herkömmlichen so gar nicht entsprechenden Handlungsweise gegenüber verhalten sollte. „Also nicht in Ihrer Uhr?“ sagte sie, um die Pause zu verdecken. „Das hätte zum Rest der Geschichte besser gepasst.“
Mit einem verlegenen Lächeln zog der junge Mann seine Uhr hervor, liess den Deckel springen und drehte sie so, dass Miss Langham die darin liegende Photographie sehen konnte. Das Gesicht in der Uhr war das eines der damaligen Mode nach gekleideten. jungen Mädchens.
„Habe ich einmal so ausgesehen?“ fragte sie gleichgültig. „Nun, fahren Sie fort.“
„Ich interessierte mich sehr für Miss Alice Langham,“ sagte er mit einem Seufzer der Erleichterung, „und für alles, was sie that und trieb. Dank dem Umstand, dass es die Presse in den Vereinigten Staaten für ihre besondere Aufgabe zu halten scheint, rein persönliche Angelegenheiten zu veröffentlichen, war ich im stande, Ihnen ziemlich genau zu folgen; denn wohin ich auch gehe, meine Zeitungen werden mir nachgeschickt. Ohne Kompass oder Medizinkiste könnte ich wohl auskommen, ohne meine Zeitungen aber nicht. Eine Zeitlang glaubte ich, Sie würden jenen Oesterreicher heiraten, und damit war ich gar nicht einverstanden, denn ich hatte in Wien einiges über ihn gehört. Und dann las ich von Ihrer Verlobung mit anderen — verschiedenen anderen, von denen ich einige für Ihrer würdig hielt, andere nicht. Einmal dachte ich sogar daran, deswegen an Sie zu schreiben, und einmal sah ich Sie in Paris. Sie fuhren in einem Wagen an mir vorüber. Der Herr, der bei mir war, sagte mir, Sie seien es, und ich wollte Ihnen in einer Droschke folgen, aber er nannte mir ein Hotel als Ihr Absteigequartier, und deshalb liess ich Sie weiterfahren. Sie waren jedoch nicht in dem Gasthof und auch in keinem anderen, — wenigstens konnte ich Sie nicht ermitteln.“
„Was würden Sie denn sonst gethan haben?“ fragte Miss Langham. „Aber lassen Sie nur,“ unterbrach sie sich selbst, „und fahren Sie lieber fort.“
„Das ist alles,“ antwortete Clay lächelnd, „das ist alles — wenigstens alles, was Sie betrifft. Das ist der Roman dieses armen jungen Mannes.“
„Aber nicht der einzige,“ erwiderte sie, nur um etwas zu sagen.
„Vielleicht nicht,“ entgegnete Clay, „aber der einzige, der zählt. Ich wusste stets, dass ich Ihnen eines Tages begegnen würde, und nun habe ich Sie wirklich kennen gelernt.“
„Ja, nun haben Sie mich kennen gelernt,“ sagte Miss Langham, indem sie ihn belustigt ansah. „Thut Ihnen das leid?“
„Nein,“ antwortete Clay, aber so zögernd und so nachdenklich, dass Miss Langham lachte und ihren Kopf etwas in den Nacken warf. „Dass ich Sie kennen gelernt habe, thut mir nicht leid, wohl aber, dass ich Sie in einer solchen Umgebung getroffen habe.“
„Was haben Sie denn an meiner Umgebung auszusetzen?“
„Ja, sehen Sie, diese Leute sind so oberflächlich, so unbedeutend,“ antwortete Clay. „Sie, verehrtes Fräulein, passen nicht hierher. Es muss doch etwas Besseres geben, als dies, und Sie werden mich auch niemals überzeugen, dass diese Umgebung Ihre freie Wahl sei und Ihrem Geschmack entspreche. In Europa könnten Sie einen Salon haben und Staatsmänner beeinflussen, aber Sie könnten doch gewiss auch hier etwas anderes finden — etwas Besseres — als Golfkellen und gesalzene Mandeln.“
„Was wissen Sie denn von mir?“ fragte Miss Langham ruhig. „Nur, was Sie in unverschämten Zeitungen gelesen haben. Woher wissen Sie denn, dass ich zu einem anderen Dasein tauge, als zu diesem? Sie haben doch heute abend zum erstenmal im Leben mit mir gesprochen.“
„Das hat gar nichts damit zu thun,“ versetzte Clay rasch. „Die Welt ist für gewöhnliche Leute gemacht, aber wenn sich Menschen begegnen, die etwas bedeuten, so brauchen sie nicht Monate dazu, um herauszufinden, was in ihnen steckt. Nur die Zweifelhaften müssen immer wieder und wieder geprüft werden. Als ich als kleiner Junge in den Diamantgruben von Kimberley war, habe ich gesehen, wie Sachverständige tadellose Diamanten auf den ersten Blick und ohne sich im geringsten zu besinnen, aus einem Haufen Erde herausfanden. Die geringwertigen Steine waren es, die ihnen die meiste Zeit kosteten. — Also wirklich angenommen, dass ich Sie heute abend zum erstenmal gesehen habe, angenommen, dass ich Sie nie wiedersehen werde, was sehr möglich ist, da ich morgen nach Südamerika segle — was kommt darauf an? Ich weiss ebenso gut, was Sie sind, als wenn ich seit Jahren mit Ihnen verkehrt hätte.“
Einen Augenblick sah ihn Miss Langham schweigend an. Ihre Schönheit war so gross, dass sie sich Zeit lassen konnte, denn sie brauchte sich keine Sorge zu machen, dass jemand das Interesse für sie rasch verliere.
„Sie kommen aus dem Westen und kennen mich so genau, dass Sie mir zu sagen im stande sind, ich würfe mich hier weg?“ fragte sie. „Ist das alles?“
„Ja, das ist alles,“ antwortete Clay. „Sie wissen übrigens sehr wohl, was ich Ihnen gern sagen möchte,“ schloss er, indem er sie scharf ansah.
„Ich glaube, es würde mir besser gefallen, wenn Sie mir etwas anderes sagten,“ entgegnete sie. „Es wäre leichter zu glauben.“
„Sie müssen glauben, was ich Ihnen auch sagen mag,“ erwiderte er lächelnd.
Das junge Mädchen presste die in ihrem Schosse liegenden Hände zusammen und schaute mit einem forschenden Blicke zu ihm auf. Doch nun entstand eine Bewegung und man fing an, sich zu verabschieden, und das rief Miss Langham jäh in die Gegenwart zurück.
„Es thut mir leid, dass Sie fortgehen,“ sagte sie. „Unser Zusammentreffen war so eigentümlich. Sie tauchen plötzlich aus der Wildnis auf, zwingen mich zum Nachdenken und beunruhigen mich mit Fragen über mich selbst, und dann stehlen Sie sich wieder fort, ohne so lange zu bleiben, dass Sie mir helfen könnten, Antworten auf diese Fragen zu finden. Ist das recht?“
Bei diesen Worten erhob sie sich und reichte ihm die Hand, die er ergriff