Soldaten des Glücks. Richard Harding Davis
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„Leben Sie wohl,“ antwortete sie in so leisem Tone, dass die Umstehenden sie nicht hören konnten. „Sie haben mich freilich nicht darum gebeten, aber — ich werde Ihnen doch wohl erlauben, das Bild zu behalten.“
„Danke Ihnen,“ versetzte Clay lächelnd, „das war auch meine Absicht.“
„Sie können es behalten,“ sagte sie, indem sie sich noch einmal nach ihm umwandte, „denn es ist nicht mein Bild; es ist das eines jungen Mädchens, das vor vier Jahren zu existieren aufgehört hat und das Sie nie getroffen haben. Gute Nacht!“ —
Mr. Langham und seine jüngere Tochter Hope waren im Theater gewesen. Das gegebene Stück hatte Miss Hope entzückt, und das war alles, was ihr Vater verlangte, denn er hörte sie gern lachen. Mr. Langham war der Sklave seines eigenen Glücks. Seinem Instinkt und seiner Erziehung nach war er ein Mann, der den ruhigen Genuss der Schätze unserer Bildung allem anderen vorgezogen haben würde, allein der Reichtum, den er geerbt hatte, war wie ein ausgelassenes Kind, das ständiger Beaufsichtigung bedarf. Das hatte ihn zu einem Geschäftsmanne gemacht, der zu nichts anderem Zeit hatte.
Als Alice Langham von Mrs. Porter zurückkehrte, fand sie ihren Vater in seinem Arbeitszimmer mit einem Spiel Patience beschäftigt, während Hope mit auf den Tisch aufgestützten Ellbogen auf einem Stuhle an seiner Seite kniete. Mr. Langham hatte in der letzten Zeit viel an Schlaflosigkeit gelitten, und so kam es häufig vor, dass ihn Alice, wenn sie von einem Balle zurückkehrte, einen Roman lesend oder Patience spielend in seinem Zimmer fand, während Hope, die sich aus ihrem Bett heruntergeschlichen hatte, ihm, vor dem Feuer schlummernd, schweigend Gesellschaft leistete. Der Vater und seine jüngere Tochter hatten sich immer sehr nahe gestanden, ganz besonders seit seine Frau gestorben war und sein Sohn und Erbe die Universität bezogen hatte. Dieses vierte Glied der Familie war ein starkes Band der Liebe und des Interesses zwischen ihnen beiden, und seine Siege und Streiche in Yale waren die Hauptgegenstände ihrer Unterhaltung. Die Direktoren einer grossen Eisenbahn im Westen erzählten, sie seien, als sie nach New York gekommen waren, um Fragen von der grössten Wichtigkeit mit Mr. Langham zu besprechen, eines Abends in sein Zimmer geführt worden und hätten dort den Vorsitzenden des Verwaltungsrates und seine Tochter Hope getroffen, wie sie auf dem Billard den Verlauf eines Fussballspieles darzustellen suchten. Dieser Anblick hätte die Direktoren auf den schrecklichen Gedanken gebracht, dass der Vorsitzende übergeschnappt sei. Nachdem sie indessen eine halbe Stunde auf den hohen Stühlen um das Billard herum gesessen und Hopes Erklärung des Spieles angehört hatten, waren sie zu der Ansicht gelangt, er sei ein sehr kluger Mann, und als sie das Haus verliessen, hatte jeder von ihnen bedauert, keinen Sohn zu haben, der würdig wäre, „dieses junge Mädchen“ in den fernen Westen heimzuführen.
„Du kommst ja früh,“ sagte Mr. Langham, als Alice vor ihm stand und ihre Handschuhe auszog. „Ich meinte, du hättest die Absicht gehabt, noch auf einen anderen Ball zu gehen?“
„Ich war zu müde,“ antwortete seine Tochter.
„Na, wenn ich erst in Gesellschaft gehe,“ erklärte Hope, „komme ich nicht schon um Elf nach Hause, aber Alice war immer eine Drückebergerin.“
„Was für ein Ding?“ fragte die ältere Schwester.
„Erzähle uns einmal, was es zu essen gegeben hat,“ sagte Hope. „Ich weiss recht wohl, dass es sich nicht schickt, danach zu fragen,“ fügte sie hastig hinzu, „aber ich höre es doch gern.“
„Ich erinnere mich an nichts mehr,“ antwortete Miss Langham, indem sie ihrem Vater zulächelte, „ausser, dass er sehr sonnenverbrannt war und ganz verblüffende Augen hatte.“
„O, natürlich,“ stimmte Hope zu. „Damit willst du sagen, dass du während des ganzen Essens nur mit einem Herrn gesprochen hast. Nun, ich meine, alles hat seine Zeit.“
„Kennst du viele Ingenieure, Vater?“ unterbrach sie Miss Langham. „Ich meine, kommst du durch die Eisenbahnen und Bergwerke, wobei du beteiligt bist, viel mit solchen in Berührung? Ich interessiere mich nämlich ein wenig für diese Zunft,“ sagte sie leichthin. „Sind wohl sehr romantische Herren?“
„Ingenieure? Natürlich,“ antwortete Mr. Langham zerstreut, während er die Schippen-Zehn zaudernd in der Hand wog. „Manchmal müssen wir uns ganz allein auf sie verlassen. Nach dem, was uns die sachverständigen Ingenieure sagen, entscheiden wir uns, ob wir uns auf eine Unternehmung einlassen wollen oder nicht.“
„O, ich habe nicht die grossen Tiere der Zunft im Auge,“ sagte seine Tochter in zweifelhaftem Tone, „ich meine die, die die groben Arbeiten machen — die Leute, die die Bergwerke graben und die Eisenbahnen bauen. Kennst du welche von denen?“
„Den einen oder anderen,“ erwiderte Mr. Langham, indem er sich zurücklehnte und die Karten zu einem neuen Spiele mischte. „Warum?“
„Hast du jemals von einem gewissen Mr. Robert Clay gehört?“
Mr. Langham lächelte, während er die Karten in geraden Reihen auf den Tisch legte.
„Sehr häufig,“ antwortete er. „Er segelt morgen nach Südamerika, um die grössten Eisenlager, die es dort gibt, zu erschliessen, und zwar geht er im Auftrage der Bergwerksgesellschaft Valencia. Valencia ist die Hauptstadt einer der kleinen Republiken da unten.“
„Bist du — hast du etwas mit dieser Gesellschaft zu thun?“ fragte Miss Langham, indem sie sich vors Feuer setzte und ihre Hände darüber hielt. „Weiss Mr. Clay, dass du etwas damit zu thun hast?“
„Ja — ich habe etwas mit der Geschichte zu schaffen,“ erwiderte Mr. Langham, die vor ihm liegenden Karten aufmerksam betrachtend, „aber ich glaube nicht, dass Mr. Clay das weiss, — niemand weiss etwas davon mit Ausnahme des Präsidenten und der anderen Beamten.“ Bei diesen Worten hob er eine Karte auf, um sie gleich darauf unentschlossen wieder hinzulegen. „In der Geschäftswelt glaubt man, es sei eine Gesellschaft, aber in Wahrheit befinden sich sämtliche Aktien in einer Hand. Tatsächlich, meine lieben Kinder,“ rief Mr. Langham mit einem zufriedenen Lächeln, als er die Kreuz-Zwei auf die Schippen-Zwei legte, „ist euer geliebter Vater die Bergwerksgesellschaft Valencia.“
„O!“ sagte Miss Langham, ruhig ins Feuer sehend.
Hope klopfte sich leise mit dem Rücken ihrer Hand auf den Mund, um zu verbergen, dass sie schläfrig war, und stiess ihren Vater mit dem Ellbogen in die Seite.
„Du hättest die Zwei nicht dorthin legen sollen,“ sagte sie dabei. „Es wäre besser gewesen, wenn du sie aufs As gelegt hättest, um dann darauf weiter zu bauen.“
Zweites Kapitel.
Ein Jahr vor dem beschriebenen Diner bei Mrs. Porter war ein Frachtdampfer auf seiner Fahrt nach der Hauptstadt von Brasilien so nahe an der Küste von Olancho vorbeigesegelt, dass sein einziger Passagier in die Höhlen sehen konnte, die die Wellen in die Kalkfelsen der Küste gewühlt hatten. Dieser einzige Passagier war Robert Clay, und er sprach die Vermutung aus, dass die weissen Kalkpalissaden, die den Fuss der Berge am Meeresufer umgaben, vor vielen Jahrtausenden durch eine vulkanische Thätigkeit über den Spiegel der See gehoben worden seien. Bekanntlich liegt Olancho an der Nordostküste von Südamerika, und seine Ufer werden von dem Hauptäquatorialstrome bespült. Vom Deck eines vorüberfahrenden Dampfers aus erhält man nur eine schwache Vorstellung von Olancho, sowie dem Reichtum und der tropischen Pracht, die hinter dem Wall der Küstengebirge verborgen liegen. Nur die trostlosen dunkelgrünen Wände dieser steht man, und die weissen Höhlen an ihrem Fusse, in die die Wellen mit widerhallendem Donner strömen und moraus Tausende von erschreckten Fledermäusen hervorflattern.