Christines Weg durch die Hölle. Robert Heymann

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Christines Weg durch die Hölle - Robert Heymann

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schlägt furchtbares Knattern Christine beinahe zu Boden. Die Tür splittert. Michael stürzt herein. Kugelt über den Boden, springt aber schon auf und feuert weiter ... ins Dunkle, Wirre hinein, in den Menschenknäuel, der sich heranwälzt.

      Sie haben eine Handgranate geworfen. Durch ein Wunder blieb Michael unversehrt. Wohl rinnen ihm Blutbäche über das Gesicht. Aber das hetzt ihn nur an. Er schreit wie ein Trunkener, und die Anderen weichen zurück vor dem barbarischen Feuer, stürzen hinunter trotz der geborstenen Tür.

      „Ein Teufel,“ sagt unten im Hof einer der Offiziere zu Machno.

      „Dann werden ihn hundert Teufel herausholen. Und das Weib lebend!“ brüllt Machno und haut mit der Peitsche wütend auf den Wagenrand.

      Wieder stürmen sie.

      Jetzt zerschlagen sie im Ansturm alles Erreichbare, schieben Matratzen und Tische vor sich her als Schutz gegen den Einen.

      „Michael, ist das Ende der Welt gekommen?“ stammelte Christine.

      Er nickt, mit allen Sinnen nach der Treppe horchend.

      Das Geheul kommt wieder näher und näher.

      „Das Ende dieser Welt, ja.“

      Ein Schrei aus Seelentiefe.

      Er wendet sich ihr zu.

      „Michael! Fliehen wir! Wir sind jung! Jung!“

      „Fliehen?“ Er lächelt. „Zu spät! Zu spät!“

      „Der Tod — —? Wir sind verloren?“

      „Ja, Christine. Es ist das Ende.“

      Ihre Arme schlingen sich um seinen Hals. Sie drängt sich an seinen Körper. Sein Blut sprudelt über sie.

      Ihre Lippen suchen die seinen. Seine Arme schlingen sich um den zuckenden Körper, Augen tauchen in Augen. Liebe empfängt zwei Seelen, Liebe einer Sekunde, die sich in ein Leben wandelt.

      „Liebste! Mein Weib!“

      „Im Tode, Michael!“

      „In einem besseren Leben!“

      „Jenseits dieser entsetzlichen Zeit und Welt.“

      „Jenseits.“ —

      Küsse überirdischer Trunkenheit. — Ein Chaos von Flüchen. — Splitter. — Braune Köpfe! Irrlichternde Augen! Gewehre!

      „Michael! Michael! Nicht in diese Hände — barmherziger Gott —“

      Blitze in ihrer Nähe.

      Die Köpfe der Machnoleute verschwinden wieder für einen Augenblick. — Todesächzen. —

      Michael steht aufrecht, mit zitternden Muskeln. Die Patronenkammer des Brownings lässt ihm noch Zeit.

      „Michael — nur das nicht — nicht lebend —“

      Er lächelt.

      „Still, still, mein Liebling!“

      Das Geheul schwillt wieder an zum Orkan. — Schrille Schreie dazwischen.

      Feuer! Ein düsterer, brauner Kopf in der Türfüllung.

      Schüsse. Wieder Schüsse.

      Christine springt auf, vor den Geliebten.

      Christine deckt Michael mit ihrem Körper.

      Da verstummen die Schüsse. Da wird es still. Und die Stille schreit Christine das Entsetzliche zu: Lebend wollen sie das Weib haben, lebend!

      „Nicht lebend!“ schreit Christine mit wahnsinnigen Augen.

      Michael ist kühl wie ernst auf dem Exerzierplatz. Er hat seine Kugeln gezählt.

      Noch zwei.

      Die Tür bricht entzwei.

      Da wendet er die Waffe gegen Christines Stirn — und — senkt sie.

      Denn plötzlich, wie von Geisterhand verweht, ist der Spuk verschwunden.

      Die Angreifer sausen hinab. Unten wird gekämpft. Ein schweres Maschinengewehr arbeitet.

      Die Weissen aus dem Panzerzug sind gekommen. Der Kampflärm ist bis zu ihren Patrouillen gedrungen.

      Trotzdem die Machnoleute überrumpelt sind, gelingt es den Weissen nicht, sie richtig zu fassen. Ehe der Hauptangriff erfolgt, sind sie schon auf und davon. Ihre kleinen Pferdchen jagen, den Bauch fast im Schnee, dahin und schleppen Maschinengewehre und Mannschaften mit sich hinaus in die grosse Landschaft der Ukraine, in die undurchdringlichen Wälder, in die endlosen Ebenen.

      Als die Offiziere sich endlich den Weg über die Trümmer und Leichen gebahnt haben, sehen sie im obersten Stockwerk an der Treppe den Sieger, eine bewusstlose Frau im Arm. Wie eine Standarde weht ihr Haar im Wind.

      Sie bringen warme Decken. Setzen das Paar in einen Schlitten. Und während in der Ferne der Kampf verklingt, fliegen Michael und Christine einem neuen Leben entgegen. Der Panzerzug steht auf den Schienen wie ein Untier aus grauer Vorzeit. Die Soldaten haben sich zu beiden Seiten eingegraben. Die Geretteten werden mit Jubel empfangen. Michael wird verbunden. Der Kommandeur des Zuges bittet ihn in seinen Wagen.

      Es sind noch einige Passagiere da, Kaufleute, gerettete Gutsbesitzer.

      Christine erwacht in einem wohlig geheizten Raum, lächelt und schläft wieder ein.

      3

      Einige Kaufleute hatten sich im Gefühle völliger Sicherheit zu weit von Odessa fortgewagt. Sie wollten Luxusartikel an die Bauern verkaufen und verborgenes Gold herauslocken. Aber einige wurden ermordet, andere retteten mit Mühe ihr nacktes Leben in den Panzerzug No. 12.

      Nun lag das Ungetüm da, ständig unter Dampf, vorne die riesengrosse Lokomotive, und ihr Panzer berührte beinahe die Schienen.

      Hinter ihm stand ein Wagen, langgestreckt wie ein lauerndes Raubtier, mit vielen Schiessscharten für die Gewehrschützen, und daran schlossen sich Pullman-Cars für die Passagiere, einige Karren mit Kanonen und Gepäck.

      Vor der Lokomotive aber, umweht von Dampf und Rauch, war ein Panzerturm. Aus seiner Drehkuppel drohte eine Kanone, aus den Seitenwänden sahen die messingnen Maschinengewehre heraus.

      Als der Zug mit einem kurzen Ruck anfuhr, erwachte Christine. Der französische General liess Michael noch nicht von seiner Seite. Er wollte hundert Auskünfte haben, er bewunderte diesen russischen Grafen, der unter so fürchterlichen Verhältnissen mit seiner jungen Frau bis jetzt ausgehalten hatte, und er erwies sich so schlecht unterrichtet über die Verhältnisse unter den Bolschewisten, über ihre Truppen und Bewaffnung, dass Michael ihm lange Vorträge halten musste, die der General immer wieder mit einem verwunderten Kopfschütteln beantwortete. In Odessa, in Nikolajew und in Cherson gingen Gerüchte um von einer wohlbewaffneten, nach Hunderttausenden zählenden Armee,

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