Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2). Perry Rhodan
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»Möglich, aber nicht wahrscheinlich«, gab Adams zu.
»Weil?«
»Wozu sollte sie eine solche Scharade aufführen? Was hindert sie, ohne Begründung anzugreifen, wenn sie das will?«
»Vielleicht muss sie es vor der Gelegemutter rechtfertigen?«
»Ein guter Gedanke«, sagte Adams. »Wir wissen einfach zu wenig über die hiesigen Topsider, um auch nur halbwegs sinnvolle Vermutungen anzustellen. Jedenfalls wird der TLD die Delegation beobachten. Um sie einerseits zu bewachen – und andererseits zu beschützen.«
»Hast du mit ...« Vehara Togan zögerte. »... mit unseren Topsidern gesprochen, ob sie vielleicht eine Vermittlerrolle übernehmen können?«
»Genau das habe ich vor – zusammen mit dir. Unser Besuch in Neu-Atlantis ist bereits angemeldet.«
»Ich bin einverstanden. Aber zuvor möchte ich dir etwas zeigen. Ich habe dich nicht ohne Grund in mein Schiff gebeten. Es ist ... heikel. Deshalb konnte ich nichts über Funk mitteilen. Die Topsider hätten es womöglich abgehört, aber sie dürfen es nicht erfahren.«
»Du machst mich neugierig.«
»Begleite mich.«
»Wohin?«
»In einen unserer kleinen Trainingsräume.«
»Was ...«
»Er ist gesperrt, weil ich dort zwei Besucher aufgenommen habe. Komm einfach mit.« Die Kommandantin verließ die Zentrale.
Adams folgte ihr. Es ging in einem Antigravschacht etliche Decks höher und mit einer Schwebeplattform weiter, die rasch durch die Korridore jagte, nahe an die Außenhülle der AMUNDSEN heran.
Die Trainingshalle durchmaß etwa zehn auf zwanzig Meter. Darin lag eine Laufbahn, auf der abschnittsweise verschieden starke Gravitation herrschte, wie Kommandantin Togan erklärte – eine spezielle Fitnessmethode, wie sie in Raumschiffen gerne angewandt wurde. Da Abschnitte unter Wasser gesetzt werden konnten, bot sie die idealen Lebensbedingungen für ihre Gäste, die sie beim vierten Planeten des Beteigeuzesystems aufgenommen hatte.
Adams sah sie wenige Augenblicke später mit eigenen Augen und erfuhr von der Kommandantin, dass sie sich selbst als Yura bezeichneten.
Die beiden Wesen staksten auf langen Tentakeln durch die Wasserläufe auf ihn zu. Es waren Kopffüßler, die ihn spontan an eine überdimensionale Mischung aus Tintenfisch und Krake erinnerten, in ihrer Gesamtheit jedoch etwas völlig Eigenständiges bildeten.
Drei ihrer Extremitäten nutzten sie ähnlich wie menschliche Beine, die übrigen reckten sie zur Seite oder in die Höhe, vollführten damit schwingende Bewegungen wie einen ätherischen Tanz. Ihre Körperfarbe changierte von verwaschenem Weißgrau zu einem rötlichen Schillern. Bahnen aus glänzendem Stoff zogen sich über die Leiber. Auf einer hing ein Translator. Zwei große, schwarze Augen saßen in der Mitte des Zentralleibs, darunter ein kaum wahrnehmbarer, schmaler Mund.
»Ich hoffe, ihr fühlt euch wohl«, sagte Vehara Togan. »Wenn ihr Wünsche habt, teilt sie mir bitte mit.«
»Es ist alles in Ordnung«, sagte einer der Yura, und bei den Worten öffnete sich der Mund erstaunlich weit. Die originale, blubbernd klingende Sprache übertrug der Translator ohne Zeitverzögerung ins Interkosmo. Adams fand keine Möglichkeit, die beiden Wesen zu unterscheiden. Sogar die Stoffbahnen schienen auf identische Weise um den Körper zu laufen. »Allerdings geht unsere mitgebrachte Nahrung bald aus. Wir hoffen, dass ihr eure Worte wahr machen werdet und für Nachschub sorgen könnt.«
»Die Analysen der Vegetation auf eurer Heimat zeigen eindeutig, dass es sehr ähnliche Lebensformen auf Terra gibt«, sagte die Kommandantin, wandte sich an Adams und erklärte: »Blaualgen.«
Das also war der wahre Grund, warum das Beiboot so spät zur ROALD AMUNDSEN zurückgekehrt war – auf dem Planeten gab es eine intelligente Lebensform! Zum ersten Mal war eine der VASCO-Expeditionen auf ein außerirdisches Volk gestoßen, vom unglücklichen Zusammentreffen mit den Topsidern abgesehen.
Nun erfuhr Adams, was sich im Beteigeuzesystem abgespielt hatte.
Das Forscherteam hatte bereits vor der Landung entdeckt, dass es dort ein Intelligenzvolk gab – auf einer Entwicklungsstufe, die zwar erste Maschinen kannte, aber noch weit davon entfernt war, die Raumfahrt für sich zu entdecken. Bis vor etwa achtzig Jahren – zwei ihrer Generationen – wussten die Yura nichts von anderem intelligenten Leben ... bis die Topsider das Beteigeuzesystem erreicht und für sich beansprucht hatten.
»Sie versklaven die Yura und beuten die Rohstoffe des Planeten aus«, endete Kommandantin Togan. »Und damit stehen wir vor einem gewaltigen Problem, Advisor.«
Das sah Homer G. Adams genauso.
Denn dabei würden die Terraner nicht tatenlos zusehen. Sie konnten sich nicht sang- und klanglos aus dem Beteigeuzesystem zurückziehen.
Und das wiederum bedeutete, dass sie sich die Topsider womöglich endgültig zu Feinden machten.
*
Die Traumbilder verharren.
Mein Nicht-Schlaf in der Suspension kommt mir zeitlos vor – wie könnte es Zeit für mich geben, während ich keinen Körper besitze? Ich bin nicht mehr Teil des normalen Raum-Zeit-Gefüges, in dem die Minuten, Stunden, Tage und Jahre unablässig verrinnen. Trotzdem frage ich mich, ob es bald vorbei ist.
Ob ich endlich aufwache.
Wie immer werde ich mich nicht bewusst daran erinnern, dass die ganze Vergangenheit an mir vorübergezogen ist; die Historie der Menschheit seit der Versetzung ins Dyoversums. Mein Unterbewusstsein sorgt dafür, dass ich nichts vergesse, weder das Schöne noch das Schreckliche.
Die Yura waren das erste Fremdvolk, dem wir begegneten und für das es im Heimatuniversum keine Entsprechung gibt.
Warum hat die kosmische Evolution hier wie dort die Topsider hervorgebracht, mit wenigen Unterschieden zu dem Volk, das wir aus dem anderen Zwilling des Dyoversums kennen?
Und wieso nicht die Aquas, wie sie bei uns im Beteigeuzesystem leben ... sondern die Yura?
Hatte es im Solsystem auch Terraner gegeben – die nun in den Zwilling versetzt worden sind?
Weshalb entsprechen Sonnensysteme, Planeten und Monde in beiden Hälften so sehr einander, nicht jedoch das Leben, das hier insgesamt so viel seltener ist?
An einen Zufall glaubt niemand. Es wäre hanebüchen. Gibt es einen Austausch, einen natürlichen Mechanismus oder gar einen bewussten Plan, der die Evolution von Materie in den Zwillingsuniversen ähnlich ablaufen lässt, aber versagt, wenn es um Leben, vor allem um Bewusstsein geht? Hat es hier keine Schwärme oder Sporenschiffe gegeben? Liegt dieses Universum nicht im Zugriffsbereich der Hohen Mächte?
Eine Legion von Fragen türmt sich auf, und die Antworten, die die Wissenschaftler im Institut zur Erforschung des Dyoversums gefunden haben oder zumindest erahnen, bilden erst den Anfang.
So vieles ist noch offen und unklar.
Für