Emma. Jane Austen
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Читать онлайн книгу Emma - Jane Austen страница 15
»Bitte, Mr. Knightley«, sagte Emma, die während eines großen Teils dieser Rede vor sich hin gelächelt hatte, »wieso wissen Sie, daß Mr. Martin nicht gestern gesprochen hat?«
»Freilich«, erwiderte er erstaunt, »absolut sicher weiß ich es nicht, aber die Vermutung liegt doch nahe. War sie denn nicht den ganzen Tag bei Ihnen?«
»Kommen Sie«, sagte sie, »ich will Ihnen auch etwas erzählen, zum Dank für das, was Sie mir erzählt haben. Er hat schon gestern gesprochen – das heißt, er hat geschrieben und einen Korb bekommen.«
Das mußte sie wiederholen, ehe er’s glauben konnte. Mr. Knightley war tatsächlich rot vor Überraschung und Zorn, sprang in flammender Entrüstung auf und rief:
»Dann ist sie eine noch größere Gans, als ich geglaubt hätte. Was hat denn das törichte Mädchen im Sinn?«
»Oh, natürlich«, rief Emma, »für einen Mann ist es immer unvorstellbar, daß eine Frau einen Heiratsantrag zurückweisen könnte. Ein Mann bildet sich immer ein, eine Frau wartete nur auf den ersten besten, der um sie anhält.«
»Unsinn! Ein Mann bildet sich nichts dergleichen ein. Aber was soll das bedeuten? Harriet Smith gibt Robert Martin einen Korb? Ein Wahnsinn, wenn es wahr ist. Aber ich hoffe, Sie irren sich.«
»Ich habe ihre Antwort gelesen. Deutlicher konnte man es nicht sagen.«
»Sie haben ihre Antwort gelesen? Dann haben Sie ihre Antwort auch geschrieben. Emma, dies ist Ihr Werk! Sie haben sie dazu überredet, ihn abzuweisen!«
»Und wenn ich’s getan hätte – was ich jedoch nicht im entferntesten zugebe –, würde ich nicht das Gefühl haben, daß ich’s falsch gemacht habe. Mr. Martin ist ein sehr achtbarer junger Mann, aber ich finde ihn darum doch nicht Harriet ebenbürtig. Weiß Gott, ich bin einigermaßen erstaunt, daß er sich an sie herangewagt hat. Wie Sie sagen, hat er offenbar selber Skrupel gehabt. Schade, daß er sich darüber hinweggesetzt hat.«
»Ihr nicht ebenbürtig?« rief Mr. Knightley laut und heftig. Und nach ein paar Minuten fügte er, seine Schroffheit mäßigend, hinzu: »Nein, in der Tat, er ist Harriet nicht ebenbürtig, denn sowohl geistig wie auch seinen Verhältnissen nach steht er über ihr. Emma, Ihre Vernarrtheit in das Mädchen macht Sie blind. Was für Ansprüche stellt Harriet Smith denn hinsichtlich Geburt, Persönlichkeit und Bildung, die über eine Verbindung mit Robert Martin hinausgehen? Sie ist die natürliche Tochter von wer weiß wem, wahrscheinlich ohne jede geregelte Versorgung und gewiß ohne respektable Verwandtschaft. Man kennt sie nur als Pensionärin einer gewöhnlichen Schule. Sie ist weder ein gescheites noch irgendwie gebildetes Mädchen. Man hat sie nichts Nützliches gelehrt, und sie ist zu jung und zu einfältig, um sich selber etwas angeeignet zu haben. In ihrem Alter kann sie noch keine Erfahrung haben, und bei ihrem kurzen Verstand ist es nicht wahrscheinlich, daß sie je aus Erfahrungen etwas lernt. Sie ist hübsch und sie ist gutartig, das ist alles. Als ich zu der Heirat riet, galt meine einzige Besorgnis ihm, weil sie nicht an ihn heranreicht und eine schlechte Partie ist. Ich fand, daß er, was Vermögen angeht, es aller Wahrscheinlichkeit nach besser treffen könnte, und in Hinsicht auf eine verständige Gefährtin und nützliche Gehilfin konnte er’s nicht schlechter treffen. Aber solche Erwägungen mochte ich vor einem verliebten Mann nicht anstellen und habe mein Vertrauen darein gesetzt, daß nichts Schlechtes in ihr steckt, daß sie ein Menschenkind ist, das in guten Händen wie den seinen leicht auf dem rechten Weg zu führen ist und sich gut entwickeln kann. Die gute Partie sah ich ganz auf ihrer Seite und hatte nicht den mindesten Zweifel – und habe ihn auch jetzt nicht –, daß man allgemein die Hände überm Kopf zusammenschlagen würde über ihr unerhörtes Glück. Sogar Ihrer Zufriedenheit glaubte ich sicher zu sein. Es ging mir sofort durch den Sinn, Sie würden Ihre Freundin ohne Bedauern aus Highbury weggehen sehen, wenn sie sich so gut verheiratete. Ich weiß noch, wie ich mir sagte: Sogar Emma mit all ihrer Voreingenommenheit für Harriet wird finden, daß dies eine gute Partie ist.«
»Dann kann ich mich nur wundern, wie wenig Sie Emma kennen. Wie? Einen Bauern – und mit all seinem Verstand und all seiner Tüchtigkeit ist Mr. Martin doch nichts anderes – einen Bauern betrachten Sie als gute Partie für meine intime Freundin? Ich sollte nicht bedauern, wenn sie Highbury verläßt, um einen Mann zu heiraten, den ich nie in meinen Bekanntenkreis aufnehmen könnte? Ich bin erstaunt, daß Sie mir solche Empfindungen zutrauen. Da fühle ich ganz anders, versichere ich Ihnen. Ich finde Ihren Standpunkt keineswegs fair. Sie werden Harriets Ansprüchen nicht gerecht. Darüber würden auch andere Leute so denken wie ich. Mr. Martin mag der Wohlhabendere sein, aber in seinem Rang kann er sich nicht mit ihr messen. Sie bewegt sich in einer viel höheren gesellschaftlichen Sphäre als er. Es wäre eine Erniedrigung.«
»Eine Erniedrigung für uneheliche Geburt und Unwissenheit, einen ehrbaren, intelligenten Gutsherrn zu heiraten?«
»Was ihre Herkunft anlangt, mag man sie in juristischem Sinn ein Niemandskind nennen, für den gesunden Verstand ist das nicht stichhaltig. Sie soll nicht für das Vergehen anderer büßen, indem sie unter das Niveau gedrückt wird, auf dem sie erzogen ist. Man kann wohl kaum bezweifeln, daß ihr Vater ein Gentleman ist, und ein Gentleman mit Vermögen. Ihr Jahresgeld ist sehr großzügig bemessen, an ihrer Ausbildung und Ausstattung hat man nie geknausert. Daß sie die Tochter eines Gentleman ist, steht für mich fest, und daß sie mit Gentlemenstöchtern verkehrt, wird wohl niemand bestreiten. Sie gehört einer höheren Gesellschaftsschicht an als Mr. Martin.«
»Wer auch ihre Eltern sein mögen«, sagte Mr. Knightley, »wer immer mit ihrer Obhut betraut sein mag, es scheint nicht in ihrer Absicht gelegen zu haben, sie bei denen einzuführen, die Sie die gute Gesellschaft nennen. Nach einer sehr mittelmäßigen Erziehung ist sie Mrs. Goddards Händen übergeben worden, damit die sie weiterbringt, so gut sie kann – kurz, um sich auf der Linie Mrs. Goddards und in ihren Kreisen zu bewegen. Das fanden ihre Angehörigen offenbar gut genug für sie, und es war gut genug, sie selber wünschte sich nichts Besseres. Bis Sie geruhten, sie zu Ihrer Freundin zu machen, empfand sie keine Abneigung gegen ihresgleichen und hatte sie nicht den Ehrgeiz, höher hinaus zu wollen. Im Sommer war sie bei den Martins so glücklich, wie sie nur sein konnte. Damals dünkte sie sich noch nicht etwas Besseres. Wenn sie es jetzt tut, so haben Sie es ihr in den Kopf gesetzt. Sie haben damit nicht freundschaftlich an Harriet Smith gehandelt, Emma. Robert Martin wäre nie so weit gegangen, wenn er nicht überzeugt gewesen wäre, daß sie ihm nicht abgeneigt sei. Ich kenne ihn gut. Er ist in seinem Gefühl viel zu sicher, um in selbstischer Leidenschaft auf gut Glück um eine Frau anzuhalten. Und ich kenne keinen Menschen, dem Dünkel so fern liegt wie ihm. Verlassen Sie sich drauf, er ist ermutigt worden.«
Auf diese Behauptung ging Emma lieber nicht ein. Sie zog es vor, ihren eigenen Standpunkt weiter zu verfechten.
»Sie sind Mr. Martin ein sehr warmer Freund, aber, wie ich schon sagte, gegen Harriet sind Sie ungerecht. Harriets Ansprüche auf eine gute Heirat sind nicht so ungebührlich, wie Sie sie darstellen. Sie ist kein intelligentes Mädchen, aber gescheiter, als Sie wissen, und verdient nicht, daß man so abschätzig von ihrem Verstand spricht. Aber sehen wir einmal davon ab und nehmen wir an, sie wäre, wie Sie sie schildern, bloß hübsch und gutartig, so kann ich Ihnen nur sagen, daß diese Eigenschaften, in dem Maße, wie Harriet sie besitzt, in den Augen der Welt im allgemeinen keine belanglose Empfehlung sind. Sie ist wirklich ein schönes Mädchen, und neunundneunzig Leute von hundert müssen das finden; und solange sich nicht zeigt,