Butler Parker Box 13 – Kriminalroman. Günter Dönges
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»In einer Street-Gang, Mylady, schließen sich junge Leute zusammen, die im Sinn der Gesetze erst noch kriminell werden können. Man könnte sie auf den sprichwörtlichen Pfad der Tugend zurückgeleiten. Bei einer Profi-Gang dürfte man tauben Ohren predigen, um es mal so auszudrücken.«
»Sollte man sich nicht mal mit Chief-Superintendent McWarden in Verbindung setzen, Mylady?« fragte Kathy Porter. »Vielleicht weiß er bereits etwas von diesen Pflastersteinwerfern.«
»Er wird dann nur wieder meine Kreise stören«, wehrte die ältere Dame umgehend ab, »Sie wissen doch, Kindchen, wie ungeschickt der gute McWarden ist.«
»Also warten wir erst mal ab«, faßte Mike Rander zusammen.
»Aber keineswegs, mein Junge«, lautete Lady Simpsons Antwort, und die Detektivin reagierte genau so, wie Mike Rander es gewünscht hatte, »selbstverständlich werde ich die Initiative ergreifen. Mr. Parker, verschaffen Sie mir die Adresse der beiden Lümmel, die im Morris gekommen sind. Ich bin es gewöhnt, den Dingen stets auf den Grund zu gehen. Daher rühren ja schließlich auch meine Erfolge.«
Parker, Kathy Porter und Mike Rander tauschten schnell einen Blick. An Unbescheidenheit hatte Lady Agatha noch nie gelitten.
*
»Natürlich fahre ich einen Morris«, sagte Ken Kogan, ein dicklicher Mann von etwa fünfzig Jahren und starrte Agatha Simpson respektvoll an, »das habe ich ja gar nicht abgestritten.«
Ken Kogan stand in der Haustür zu seinem schmalbrüstigen Eigenheim im Stadtteil Clerkenwell und fuhr sich nervös über das schüttere Haar. Er sah sich Lady Agatha gegenüber, hinter der Butler Parker Aufstellung genommen hatte.
»Leugnen wäre auch sinnlos gewesen, junger Mann«, meinte die ältere Dame mit ihrer baritonal gefärbten Stimme, »und an wen haben Sie Ihren Wagen ausgeliehen?«
»Ausgeliehen?« Der Mann, der Ken Kogan hieß, schluckte vor Aufregung. »Ich habe meinen Wagen nicht ausgeliehen.«
»Sie sollten Mylady vielleicht ins Haus bitten«, schlug Josuah Parker höflich vor.
»Mylady? Guter Gott, eine echte Lady! Natürlich, treten Sie näher. Warum interessieren Sie sich für meinen Morris?«
»Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet, junger Mann«, erinnerte die ältere Dame und schob ihre majestätische Fülle durch die schmale Haustür. Ken Kogan ging voraus und führte sie in ein kleines Wohnzimmer, in dem ein Fernsehgerät lief. Die Einrichtung bestand aus Plüsch, »Ich habe meinen Wagen nicht ausgeliehen«, wiederholte Kogan, »auf solch einen Gedanken würde ich nie kommen. Wer verleiht schon seinen Wagen?«
»Sie, um nur ein Beispiel zu nennen, junger Mann«, grollte Lady Agatha, »Ihr Wagen ist in der Nähe von Hyde Park unangenehm aufgefallen. War es nicht so, Mr. Parker?«
»In der Tat«, bestätigte der Butler und korrigierte ein wenig die Wahrheit, »Ihr erwähnter Morris soll an einem kleinen Verkehrsunfall beteiligt gewesen sein.«
»Das ist ausgeschlossen«, sagte Ken Kogan, »ich bin seit gestern überhaupt nicht mit dem Wagen unterwegs gewesen. Auch vorgestern nicht. Ich fahre eigentlich nur samstags oder sonntags.«
»Haben Sie etwa einen entsprechenden Schwur geleistet?« erkundigte sich die ältere Dame.
»Nein, aber ich denke schließlich an die Kosten. Verstehen Sie? Ich verdiene einfach nicht genug, um jeden Tag zur Arbeit zu fahren. Ich habe es ohnehin nicht weit, ich gehe zu Fuß.«
»Darf man sich nach Ihrem Beruf erkundigen?« fragte Josuah Parker.
»Ich bin in einer Autowaschanstalt beschäftigt«, lautete prompt die Antwort, »ich erledige da die Buchung. Besonders viel verdiene ich nicht, aber ich bin ja allein. Junggeselle, verstehen Sie?«
»Und wo befindet sich Ihr Wagen zur Zeit?« erkundigte sich der Butler höflich weiter, während die Detektivin Bilder und Fotos links und rechts des kleinen Kamins betrachtete. In dem vorgetäuschten Kamin gab es eine Gasheizung, die trotz der warmen Außentemperaturen eingeschaltet war.
»Ich möchte jetzt endlich wissen, wer Sie sind und warum Sie diese Fragen stellen?« Ken Kogan hatte sich aufgerafft und wollte energisch wirken, fiel aber nach seiner Frage wieder förmlich in sich zusammen. Er hüstelte nervös.
»Meine Wenigkeit war so frei, Mylady bereits vorzustellen«, gab Josuah Parker zurück, »würden Sie sich freundlicherweise zu Ihrem Wagen äußern?«
»Mein Morris steht in einer Sammelgarage hinter dem Block«, erwiderte Ken Kogan, »und wenn Sie wollen, können Sie sich den Wagen ja mal ansehen.«
»Und ob ich will, junger Mann!« Agatha Simpson setzte sich in Bewegung. Ken Kogan drückte sich an ihrer Fülle vorüber und übernahm die Führung. Es ging durch eine kleine Küche, dann über eine Hintertreppe hinaus in einen winzigen Garten. Hier öffnete Kogan eine ebenfalls schmale Tür in der Mauer und führte seine Besucher dann zur Sammelgarage. Unter einem Wellblechdach standen etwa acht bis zehn Wagen, die voneinander nur durch Maschendraht getrennt wurden. Ken Kogan deutete auf einen Wagen und … stutzte.
»Mein Morris«, sagte er dann mit heiserer Stimme, die immer schriller wurde, »mein Morris … mein Morris ist weg … Er ist gestohlen worden! Mein Morris ist weg!«
»Sie sagten es bereits mehrfach und geradezu überdeutlich«, gab Josuah Parker zurück, »wann sahen Sie ihn zum letzten Mal?«
»Heute nachmittag. Vor ein paar Stunden erst. Ich hatte die Polster abgesaugt und die Scheiben gewaschen.«
»Sie sollten sich wegen des bedauerlichen Verlustes an die zuständige Behörde wenden«, schlug Parker vor, »man wird Ihren Wagen mit einiger Sicherheit finden.«
»Aber in welchem Zustand?« Kogan war zutiefst erschüttert und den Tränen nahe. Er nahm kaum wahr, daß Lady Simpson und Butler Parker den schmalen Fußweg hinter den Reihenhäusern benutzten, um zum hochbeinigen Monstrum des Butlers zurückzugehen.
»Schuldig, Mr. Parker, oder nicht schuldig?« fragte die Detektivin, »ich bin doch sehr gespannt, was Sie dazu sagen.«
»Meine Wenigkeit möchte Mylady den Vortritt überlassen«, gab Josuah Parker zurück. »Und bei dieser Gelegenheit sollte man darauf verweisen, daß Mylady wahrscheinlich mit einem Zwischenfall zu rechnen haben.«
»Zwischenfall?« Sie runzelte die Stirn.
»Meine Wenigkeit möchte auf die Gruppe Jugendlicher verweisen, die sich augenscheinlich zusammengerottet hat, um Mylady den Weg zu versperren.«
Parkers Stimme klang höflich-diszipliniert wie stets.
*
Es waren vier junge Schläger, die Lady Simpson und Butler Parker eindeutig im Weg standen. Sie hatten sich nebeneinander aufgebaut und führten erstaunlicherweise Hockeyschläger mit sich, die in ihren Händen sehr gefährlich aussahen.
»Geht man vielleicht recht in der Annahme, daß Sie die Absicht hegen, physisch auf Lady Simpson und meine Wenigkeit einwirken zu wollen?« erkundigte sich Parker und lüftete höflich die schwarze Melone. Er hatte die vier jungen Männer erreicht, die im Schnitt wohl achtzehn Jahre sein mochten. Sie trugen ausgewaschene Jeans, überweite Herrensakkos und ziemlich