Zwei Jahre Ferien. Jules Verne
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»Was willst du, Jacques?« fragte ihn sein Bruder.
»Komm! Komm schnell!« erwiderte Jacques. »Im Salon steht Wasser!«
»Ist das möglich?« rief Briant erschreckt.
Eilenden Schrittes lief er nach der Kappe und sprang die Treppe hinunter.
Den Salon erleuchtete nur ganz notdürftig eine Hängelampe, welche bei dem Stampfen des Schiffes heftig schwankte. Beim Schein derselben erblickte man etwa zehn Kinder auf den Polsterbänken oder den Lagerstätten des »Sloughi«. Die kleinsten derselben — und es waren solche von acht bis neun Jahren darunter — hatten sich in ihrer Todesangst dicht aneinandergedrängt.
»Es ist keine Gefahr vorhanden!« rief ihnen Briant, der sie zunächst beruhigen wollte, zu. »Wir sind ja da! Fürchtet euch nicht!«
Darauf mit einer Signallaterne den Fußboden des Salons ableuchtend, musste er sich überzeugen, dass eine gewisse Menge Wasser in der Yacht von einem Bord zum anderen hin und wieder flutete.
Jetzt galt es festzustellen, woher dieses Wasser kam und ob es wohl gar durch einen Sprung in der Seitenwand eingedrungen war.
Vor dem Salon befand sich das große Zimmer und weiterhin der Speisesaal, dann die Wohnung und darüber das Wachhaus der Mannschaft.
Briant durchsuchte alle diese Räumlichkeiten und erkannte, dass das Wasser weder ober- noch unterhalb der Schwimmlinie eingedrungen sein könne. Dasselbe war vielmehr nur durch das Aufbäumen des Vorderstevens hierhergeschleudert worden und rührte von Spritzseen her, welche, über das Vorderteil schlagend, teilweise durch die zur Mannschaftswohnung führende Treppenkappe Eingang nach dem Innern gefunden hatten. Von dieser Seite drohte also keine eigentliche Gefahr.
Briant beruhigte seine Leidensgefährten, als er wieder durch den Salon kam, und nahm auch selbst mit größter Zuversicht seinen Platz am Steuerrad wieder ein. Der sehr solide gebaute und erst unlängst frisch gekupferte Schoner zog kein Wasser und versprach auch dem Anprall der Wogen Widerstand zu leisten.
Es war jetzt ein Uhr nachts, und während schwere Wolken die Dunkelheit noch verschlimmerten, entfesselte sich der Orkan zur schlimmsten Wut. Die Yacht flog dahin, als wäre sie völlig in Wasser eingetaucht. Scharf drang dann und wann der Schrei eines Sturmvogels durch die Luft. Von deren Erscheinen konnte man jedoch keineswegs auf die Nähe eines Landes schließen, denn man begegnet denselben oft mehrere hundert Seemeilen von der nächsten Küste. Übrigens außerstande, gegen den Sturm aufzukommen, folgten die Vögel diesem vielmehr ebenso wie der Schoner, dessen Schnelligkeit keine menschliche Kraft zu hemmen vermocht hätte.
Eine Stunde später hörte man an Bord wieder etwas zerreißen. Der Rest des Focksegels war in Stücke gegangen und die Leinwandfetzen flatterten gleich riesigen Möwen durch die Luft.
»Nun haben wir kein Segel mehr«, rief Doniphan, »und ein anderes zu setzen ist ganz unmöglich.«
»Tut nichts!« antwortete Briant. »Verlass dich darauf, dass wir doch noch ebenso schnell vorwärts kommen.«
»Eine schöne Antwort!« erwiderte Doniphan. »Wenn das deine Art und Weise zu manövrieren ist …«
»Achtung auf die Wellen von rückwärts!« unterbrach ihn Moko. »Festgehalten oder wir werden weggeschwemmt …«
Er hatte den Satz kaum beendet, als mehrere Tonnen Wasser über das Backbord hereinstürzten. Briant, Doniphan und Gordon wurden gegen die Treppenkappe geschleudert, wo sie sich zum Glück noch anklammern konnten. Der Schiffsjunge dagegen war verschwunden mit der Wassermasse, welche sich in brodelndem Schwall von hinten nach vorne über den »Sloughi« ergoss und dabei einen Teil des Mastwerkes, die beiden Boote und die Jolle — obwohl diese ganz hereingeholt waren — sowie mehrere Schiffsbalken und das Kompasshäuschen mit fortriss. Da jedoch gleichzeitig die Schanzkleidung streckenweise zerstört war, konnte das Wasser schnell wieder abfließen, was die Yacht vor dem Untergange durch diese ungeheure Überlastung bewahrte.
»Moko …! Moko!« rief Briant, sobald er wieder ein Wort sprechen konnte.
»Ist er etwa ins Meer geschleudert worden?« fragte Doniphan.
»Nein; doch man sieht und hört nichts von ihm«, erklärte Gordon, der sich über die Reling hinausgebeugt hatte.
»Wir müssen ihn retten — ihm eine Rettungsboje oder Stricke zuwerfen!« antwortete Briant.
Und mit lauter Stimme, welche während einiger ruhigerer Sekunden kräftig widerhallte, rief er noch einmal:
»Moko …! Moko.«
»Hierher …! Zu Hilfe!« erklang die Antwort des kleinen Negers.
»Er liegt nicht im Meer«, sagte Gordon. »Seine Stimme kommt vom Vorderteil des Schoners her.«
»Ich werde ihn retten!« rief Briant.
Sofort tastete er sich über das Deck hin unter steter Vorsicht, den Blöcken und Rollen auszuweichen, welche lose an den herabgelassenen Rahen5 hingen, und sich festklammernd, um bei den Bewegungen des Schiffes auf dem schlüpfrigen Verdeck nicht umgeworfen zu werden.
Noch einmal hörte er die Stimme des Jungen, dann war alles still.
Mit größter Anstrengung war es Briant gelungen, die Treppenkappe des Volkslogis zu erreichen.
Er rief laut …
Keine Antwort.
War Moko etwa durch eine neue heftige Schiffsbewegung über Bord geschleudert worden, nachdem er den letzten Schrei ausgestoßen? In diesem Fall musste der unglückliche Bursche schon weit von ihnen, weit hinter dem Winde treiben, denn die Wellenbewegung konnte ihn nicht mit gleicher Schnelligkeit