Die Morde in der Rue Morgue und andere Erzählungen. Эдгар Аллан По
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Das Treppenhaus war überwunden, und es lagen nur noch drei oder vier weitere Aufwärtsstufen zwischen uns und der Spitze. Wir stiegen weiter, und nun blieb nur noch eine Stufe. Eine Stufe! Eine kleine, kleine Stufe! Von einer solch kleinen Stufe in dem gewaltigen Treppenhaus menschlichen Lebens, welch unermessliche Summe menschlichen Glücks oder Unglücks hängt davon ab! Ich dachte an mich selbst, dann an Pompey und dann an das geheimnisvolle und unerklärliche Geschick, das uns umgab. Ich dachte an Pompey! – ach, ich dachte an Liebe! Ich dachte an die vielen falschen Stufen, die ich betreten hatte und wieder betreten könnte. Ich beschloss vorsichtiger zu sein, zurückhaltender. Ich trennte mich von Pompeys Arm, überwand ohne seine Hilfe die eine übrig gebliebene Stufe und erreichte die Glockenstube. Unmittelbar danach folgte mir mein Pudel. Pompey allein blieb zurück. Ich stand am Kopf des Treppenhauses und ermutigte ihn hinaufzusteigen. Er streckte mir seine Hand entgegen und wurde dadurch unglücklicherweise genötigt, den festen Halt seines Überrocks aufzugeben. Werden die Götter ihre Verfolgung nie einstellen? Der Überrock fällt, und mit einem seiner Füße trat Pompey auf den langen und nachschleppenden Schoße des Überrocks. Er stolperte und fiel. Diese Folge war unvermeidlich. Er fiel vorwärts und schlug mir mit seinem verfluchten Kopf voll an die – an die Brust, stürzte mich mitsamt ihm selbst auf den harten, schmutzigen und abscheulichen Boden der Turmstube. Aber meine Vergeltung kam sicher, jäh und restlos. Ihn wütend mit beiden Händen bei der Wolle packend, riss ich eine große Menge schwarzen, gekräuselten und lockigen Zeugs aus und warf es von mir, mit allen Zeichen der Verachtung. Es fiel zwischen die Seile des Glockenstuhls und blieb dort. Pompey erhob sich und sagte kein Wort. Aber er betrachtete mich mitleidig mit seinen großen Augen und – seufzte. Bei Gott – dieser Seufzer! Er sank in mein Herz. Und das Haar – die Wolle! Hätte ich diese Wolle erreichen können, ich hätte sie in meinen Tränen gebadet als Zeugnis des Bedauerns. Aber ach! sie war nun weit außerhalb meiner Reichweite. Wie sie so zwischen dem Tauwerk der Glocke flatterte, wähnte ich sie lebendig. Ich wähnte sie auf dem Kopf stehend vor Missfallen. Also heißt es, trägt die happydandy Flos Aeris von Java50 eine wunderschöne Blüte, die weiterlebt, wenn sie mit den Wurzeln aus der Erde gezogen wird. Die Einheimischen hängen sie an einer Schnur von der Decke und genießen ihren Duft jahrelang.
Unser Streit war nun beigelegt, und wir sahen uns in dem Raum nach einer Öffnung um, durch welche man die Stadt Edina überblicken konnte. Fenster gab es keine. Das einzige Licht, das Einlass fand in die düstere Kammer, kam aus einer quadratischen Öffnung von ungefähr einem Fuß Durchmesser, etwa sieben Fuß hoch über dem Boden. Was jedoch kann die Kraft eines wahren Genies nicht zustande bringen? Ich beschloss, zu diesem Loch hinaufzuklettern. Eine große Menge von Zahnrädern, Zahnstangen und anderen kabbalistisch anmutenden Geräts stand gegenüber dem Loch, nahe daran. Zwischen den Rädern und der Wand, in der sich das Loch befand, war kaum genug Platz für meinen Körper – ich brannte jedoch darauf hochzusteigen und war entschlossen, nicht locker zu lassen. Ich rief Pompey an meine Seite.
»Siehst du diese Öffnung, Pompey? Ich wünsche hindurchzuschauen. Du wirst hier stehen, gerade unter dem Loch – so. Jetzt strecke eine deiner Hände aus und lass mich daraufsteigen – so. Jetzt die andere Hand, Pompey, und mit ihrer Hilfestellung werde ich auf deine Schultern gelangen.«
Er tat alles, was ich wünschte, und oben angelangt, fand ich heraus, dass ich Kopf und Hals mit Leichtigkeit durch die Öffnung stecken konnte. Der Ausblick war herrlich. Nichts könnte großartiger sein. Ich hielt lediglich einen Augenblick im Schauen inne, um Diana zu bitten, sich zu benehmen, und Pompey zu versichern, dass ich behutsam sein und mich auf seinen Schultern so leicht wie möglich machen wolle. Ich sagte ihm, ich wolle zarte Rücksicht auf seine Gefühle nehmen, ossi zart que beefsteak. Nachdem ich meinem treuen Freund diese Gerechtigkeit hatte widerfahren lassen, gab ich mich selbst mit großem Vergnügen und Entzücken dem Genuss der Aussicht hin, die sich so einnehmend vor meinen Augen ausbreitete.
Ich werde mich jedoch einer detaillierten Schilderung enthalten. Ich werde die Stadt Edinburgh nicht beschreiben. Jeder ist einmal in der Stadt Edinburgh gewesen – in dem klassischen Edina. Ich werde mich auf die bedeutungsvollen Einzelheiten meines eigenen beklagenswerten Abenteuers beschränken. Nachdem ich meine Neugierde in Bezug auf die Erstreckung, Situierung und allgemeine Erscheinung der Stadt einigermaßen befriedigt hatte, hatte ich Muße, die Kirche, in welcher ich war, und die zierliche Bauart des Turmes zu betrachten. Ich bemerkte, dass die Öffnung, durch die ich meinen Kopf gestreckt hatte, ein Loch im Zifferblatt einer gigantischen Uhr war und von der Straße wie ein großes Schlüsselloch ausgesehen haben muss, wie wir es von den Zifferblättern französischer Taschenuhren kennen. Zweifellos bestand der wahre Zweck darin, es dem Arm eines Bediensteten zu gestatten, die Zeiger der Uhr, wenn nötig, von innen nachzustellen, ich bemerkte auch mit Erstaunen die ungeheure Größe dieser Zeiger, deren längster nicht weniger als zehn Fuß in der Länge gemessen haben kann und, wo am breitesten, acht oder neun Zoll in der Breite. Sie waren anscheinend von massivem Stahl, und ihre Kanten sahen scharf aus. Nachdem ich diese und einige andere Eigenschaften wahrgenommen hatte, wandte ich meine Augen wieder dem prachtvollen Ausblick darunter zu und versank bald in Betrachtung.
Daraus wurde ich nach einigen Minuten von der Stimme Pompeys aufgerüttelt, der behauptete, er könne es nicht länger aushalten, und mich darum ersuchte, freundlicherweise herunterzukommen. Das war unsinnig, und ich legte ihm dies in einer Rede von etlicher Länge dar. Er antwortete, aber mit offensichtlichem Missverständnis meiner Gedanken zu diesem Thema. Demzufolge ärgerte ich mich und versicherte ihm geradeheraus, dass er ein Narr sei, dass er sich als ignoramus e-clench-eye51 bloßgestellt habe, dass seine Vorstellungen nichts als insommary Bovis52 seien und seine Worte wenig besser als an ennemywerrybor’em53. Dies schien ihm zu genügen, und ich nahm meine Betrachtungen wieder auf.
Es mag etwa eine halbe Stunde nach diesem Wortwechsel gewesen sein, als mich, tief versunken in das himmlische Schauspiel unter mir, etwas sehr Kaltes, das mit sanftem Druck auf meinen Nacken drückte, überraschte. Es ist wohl überflüssig zu bemerken, dass ich einen unbeschreiblichen Schrecken bekam. Ich wusste, dass Pompey unter meinen Füßen war und dass Diana gemäß meinen ausdrücklichen Anweisungen auf ihren Hinterbeinen in der entferntesten Ecke des Raumes saß. Was konnte es sein? O weh! ich entdeckte es nur zu bald. Meinen Kopf behutsam nach einer Seite drehend, fand ich zu meinem äußersten Schrecken, dass sich der große, schimmernde, krummsäbelartige Minutenzeiger der Uhr im Laufe seiner stündlichen Umdrehung auf meinen Hals gesenkt hatte. Da war, das wusste ich, keine Sekunde zu verlieren. Ich schnellte sofort zurück, aber es war zu spät. Es bestand keinerlei Aussicht, meinen Kopf durch den Schlund dieser grässlichen Falle zu zwingen, in welcher ich so gänzlich gefangen war und die enger und enger wurde mit einer zu schrecklichen Geschwindigkeit, um sich einen Begriff davon zu machen. Die Pein dieses Augenblicks ist unvorstellbar. Ich warf meine Hände hoch und bemühte mich mit all meiner Kraft, das gewaltige Eisen nach oben zu drücken. Ich hätte ebenso gut versuchen können, die Kathedrale selbst zu heben. Tiefer, tiefer, tiefer kam es, näher und noch näher. Ich schrie zu Pompey um Hilfe; aber er sagte, ich hätte seine Gefühle verletzt, als ich ihn »ein ignorantes altes Schielauge« genannt hatte. Ich brüllte nach Diana, aber sie sagte nur »wau-wau-wau«, und dass ich ihr befohlen hätte, »sich unter keinen Umständen aus der Ecke zu rühren«. Also hatte ich von meinen Genossen keine Erleichterung zu erwarten.
Inzwischen hatte die gewaltige und abscheuliche Sense der Zeit (denn nun hatte ich das buchstäbliche Gewicht dieses klassischen Ausdrucks erfahren) ihren Lauf weder unterbrochen, noch war es wahrscheinlich, dass sie es tun würde. Tiefer und immer noch tiefer kam sie. Sie hatte ihre scharfe Kante schon einen ganzen Zoll tief in mein Fleisch gegraben, und meine Empfindungen wurden undeutlich und verworren. Einmal wähnte ich mich selbst in Philadelphia mit dem stattlichen Dr. Moneypenny, ein andermal in dem