Die Morde in der Rue Morgue und andere Erzählungen. Эдгар Аллан По
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Eine der phantasmagorischen Schöpfungen meines Freundes, die nicht so streng abstrakt war, mag, wenn auch in schwachen Worten, hier abgeschattet werden. Auf einer kleinen Leinwand war das Innere eines unendlich langen rechtwinkligen Gewölbes oder Tunnels dargestellt, dessen niedere, glatte weiße Wände ohne Unterbrechung und ohne etwas darauf Gemaltes dahinliefen. Gewisse Einzelheiten des Bildes waren dazu angetan, den Eindruck zu vermitteln, dass diese Aushöhlung tief unter der Erdoberfläche liege. In keinem Teil dieser weiten Ausdehnung war etwas wie ein Auslass zu entdecken, noch fand sich eine Fackel oder eine sonstige künstliche Helligkeitsquelle, und doch war der Raum von intensivem Licht durchflutet, das das Ganze in einen geisterhaften und unangemessenen Glanz tauchte.
Ich habe bereits über die krankhafte Beschaffenheit der Gehörnerven Ushers gesprochen, die dem Leidenden jegliche Musik bis auf gewisse Saitenklänge unerträglich machte. Die enge Grenze, innerhalb derer er sich auf die Gitarre beschränkte, war es wohl, die die Phantastik seiner Darbietungen entstehen ließ, aber die glutvolle Beschwingtheit seiner Impromptus war dem nicht zuzuschreiben. Seine Stegreifkompositionen müssen in der Tonsetzung wie im Text dieser wilden Phantasien (denn er begleitete seinen Vortrag nicht selten mit frei erfundenen gereimten Versen) das Ergebnis jener starken geistigen Sammlung und Konzentration gewesen sein und sind es noch, die, wie schon angedeutet, nur in besonderen Augenblicken höchster künstlerischer Schöpferkraft zu beobachten sind. Der Wortlaut einer dieser Rhapsodien ist mir im Gedächtnis geblieben. Ich war vielleicht umso stärker davon beeindruckt, während er sie darbot, weil ich in der unterschwelligen oder mystischen Strömung des eigentlichen Sinns zum ersten Mal wahrzunehmen glaubte, dass Usher sich des schwankenden Throns seines hochragenden Verstands voll bewusst war. Die Verse mit der Überschrift »Spuk im Palast« lauten ungefähr, wenn nicht genau, so:
1
In der Täler grünster Welle,
Guter Geister liebster Rast,
Hob sein Haupt in Himmelshelle
Einst ein strahlender Palast.
Seraph schattete mit schlanken
Schwingen nie ein stolzer Haus,
Und der König der Gedanken
War der Herr des stolzen Baus.
2
Und in goldenem Entfalten
Flogen Banner, kühn gehisst,
(Dies, es war in jener alten
Zeit, die längst erstorben ist.)
Sanfte Morgenlüfte neckten
Tändelnd sich vor Tau und Tag
Und beflügelten und weckten
Duft, der um die Wälle lag.
3
Wandrer, der von stillen Steigen
In erhellte Fenster schaute,
Sah der Geister gleitend Reigen
Bei Musik und Lied der Laute,
Die in freundlichem Umfangen
Schwebten um den Porphyrstein;
Und des Herrschers Blicke drangen
Glückhaft durch die lichten Reihn.
4
Perlen und Rubine glühten
An des Schlosses hohem Tor.
Draus wie Duft von schweren Blüten
Strömte leiser Stimmen Chor,
Stimmen, deren frohe Töne
Nur ein einzig Wünschen kennen:
Schönres Echo sein dem schönen
Geiste, den sie ihren Herrscher nennen.
5
Doch der dunkle Fürst der Sorgen.
Jäh stürzt er des Herrschers Macht.
(Klag, mein Herz! Kein neuer Morgen
Dem Verzweifelten mehr lacht.)
Um sein Reich, das ruhmeshehre,
Blüten einst und Glück geweiht,
Raunet düster die Erinnerungsmäre
Lange schon begrabner Zeit.
6
Wandrer, die aus jenem Tale
Roterglühende Fenster sehn,
Schauen Geister, seltsam düstre, fahle,
In wüstem Missakkord sich drehn.
Wildes, scheußliches Gedränge
Stürzet aus dem Tor, des lichter Glanz verdarb,
Gell Gelächter tönt statt holder Klänge –
Allen Lächelns Süße starb.
Ich erinnere mich gut, dass einige Anregungen aus der Ballade uns zu einer Gedankenkette führten, bei der eine Ansicht Ushers offenbar wurde, die ich nicht so sehr wegen ihrer Neuheit (denn andere mögen auch so gedacht haben)58 als wegen der Hartnäckigkeit erwähne, mit der er sie aufrechterhielt. Bei dieser Meinung ging es generell um das Empfindungsvermögen alles Pflanzlichen. In seiner verwirrten Phantasie hatte diese Idee aber einen kühneren Charakter angenommen, und sie griff bei ihm sogar, waren gewisse Bedingungen gegeben, ins Gebiet des Anorganischen über. Es fehlen mir die Worte, die volle Reichweite dieser Idee oder die ernsthafte Hingabe an seine Überzeugung darzulegen. Sein Glaube hing (worauf ich schon angespielt habe) mit den grauen Quadern des Hauses seiner Vorfahren zusammen. Die Bedingungen für ein Seelenleben der Materie seien, wie er sich einbildete, hier in der Art der Schichtung der Steine und in der Ordnung ihrer Zusammenfügung voll erfüllt – überdies auch durch die zahllosen Pilze, die sie überwuchert hatten, und durch die toten Bäume, die davorstanden, vor allem aber durch die unendlich lange Dauer des Nebeneinanders all dieser Dinge, die sich noch dazu im Wasser des Teichs verdoppelten. Der Beweis dafür – Beweis der Beseeltheit –, sagte er, sei (und da erschrak ich heftig über das Folgende) die allmähliche, aber doch sichere Verdichtung einer eigenen Atmosphäre über dem Wasser und den Mauern. Das Ergebnis, fügte er hinzu, sei in der stillen und doch hartnäckigen, schrecklichen Einwirkung erkennbar, die seit Jahrhunderten das Schicksal seiner Familie bestimmt und nun auch ihn zu dem gemacht habe, den ich vor mir sähe – der er sei. Eine solche Anschauung bedarf keines Kommentars, und ich will auch keinen geben.
Unsere