Hanussen - Hellseher und Scharlatan. Will Berthold

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Hanussen - Hellseher und Scharlatan - Will Berthold

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Hanussen lachend.

      »Ich bin Journalist«, erwidert der Helfer und Vertraute des Illusionisten. »Und ich kenne die technischen Gegebenheiten – und meine früheren Kollegen. Alle waren vertreten, und ich weiß auch schon zum Teil, was sie an ihre Redaktionen durchtelefoniert haben.« Der Ex-Reporter aus Wien zündet sich eine Zigarette an. »Diesmal haben Sie sich wirklich selbst übertroffen«, lobt er, ohne zu schmeicheln. »Jedenfalls haben Sie gestern abend sogar mich ausgetrickst.«

      »Und das will etwas heißen«, entgegnet der Meister. »Aber du solltest dich gewählter ausdrücken. Schließlich ist meine Fähigkeit kein Trickwerk.«

      »Selbst ich muß es jetzt wohl glauben«, versetzt der Sekretär, halb ernst, halb spöttisch. »Allmählich werden Sie auch mir unheimlich, Herr Hanussen.«

      Er hört es nicht ungern. An diesem Tag kann man ihm alles sagen. Sonst ist der Magier in seiner Umgebung wegen seiner Marotten und Launen gefürchtet. Der geborene Verschwender kann sich mitunter benehmen wie ein verknöcherter Geizkragen. Er kann verletzend wirken, taktlos, selbst aber beleidigt ihn jeder Anflug von Kritik, eine Mimose, die aggressiv ist. Chef und Sekretär sind schon häufig und heftig aneinandergeraten; nach Meinung des übrigen Hanussen-Gefolges war beim einen oder anderen Schlagabtausch der Bruch nur vermieden worden, weil die beiden gemeinsame Leichen im Keller haben.

      Heute freilich hat Juhn nichts zu befürchten. Es ist einer der Tage, an denen Hanussens gute Laune Purzelbäume schlägt. Er trägt über dem Seidenpyjama einen Morgenmantel mit den riesigen Goldinitialen: EJH, das Monogramm eines Erfolgreichen, der sein Publikum lähmt, narrt, verhext und fasziniert.

      Er hat für sich und seine Begleiter die Beletage des ersten Hauses am Platz gemietet und bewohnt selbst einen Salon mit nebenan liegendem Schlafzimmer. Zur Zeit benutzt die feine Welt Pyjamas und Bettwäsche im gleichen Muster, aber Hanussen, der ständig unterwegs ist, muß damit noch warten, bis er eine feste Residenz haben wird. Der uniforme Snobismus kommt aus Paris, die Seine-Stadt ist in der Mode noch immer führend, aber die Musik spielt in Berlin. Die deutsche Reichshauptstadt gilt weltweit als interessanteste Metropole des Vergnügens.

      Wer etwas erleben will, fährt Ende der zwanziger Jahre nicht ins ›Tivoli‹ nach Kopenhagen, nicht zum Piccadilly-Circus in London, nicht auf den Montmartre in Paris. Er reist an die Spree, bewundert die Zuckungen reizvoller Geschöpfe in der letzten Charleston-Wut, des Tanzes, über den die alte Herzogin d’Uzès gesagt hatte: »Seinerzeit – zu meiner Zeit – machte man das nur im Schlafzimmer.« Berlin: Hier wirken ehemalige Gardeoffiziere als Gigolos, als Lohntänzer. Es gibt Etablissements, in denen sich Männer nur mit Männern und Frauen nur mit Frauen im Reigen bewegen. Die Prüderie und Heuchelei der Kaiserzeit schlagen in das Gegenteil um; die berühmte Tänzerin Josefine Baker führt sie im eigenen Haus hüllenlos wie hemmungslos vor: »Man hat seit einiger Zeit seinen Hintern zu sehr im verborgenen gehalten«, schreibt sie geradezu in ihren Memoiren. »Und er ist doch da, der Popo. Ich weiß nicht, weshalb ich ihm Vorwürfe machen sollte. Allerdings gibt es Hinterteile, die so erbarmungswürdig sind, daß sie nur zum Sitzen taugen und zum – na, ja …«

      Hanussen zieht es schon lange nach Berlin, aber er wartet noch auf einen ganz großen Knüller als Einstiegsgag. »Vielleicht klappt es diesmal«, sagt er zu seinem Privatsekretär. »Wenn die Zeitungen wirklich ein Feuerwerk über meinen gestrigen Coup abschießen, werden wir schleunigst die Provinz verlassen und«, er nickt seinem Helfer zu, »dann werden wir dieses heiße Pflaster auf den Kopf stellen, verlaß dich drauf.«

      Hanussen hat große Pläne; er will eine Zeitschrift gründen, seine Biographie schreiben und ein ›Haus des Okkultismus‹ eröffnen, in dem er einer reichen Klientel den Blick in die Zukunft deuten möchte. Ungeduldig wartet der Illusionist darauf, sich an der Seite von Filmstars zu zeigen, als Freund von Boxchampions, Rennfahrern, Sechs-Tage-Siegern aufzutreten, von Adeligen, Wirtschaftsmagnaten und jeder Art von Prominenz. Er will Schönheitsköniginnen an sich ziehen und auf dem UFA-Gelände in Babelsberg ein und aus gehen. Berlin, der große Pfuhl, die Stadt mit den Ringvereinen, den Filmbällen, der gesunden Luft und den geldbringenden Skandalen, die aufregende Hauptstadt der Superlative. Das große Lotterbett, in dem sich die Moral suhlt. Tummelplatz der Spekulanten, denen die Geldscheine locker in den Brieftaschen sitzen. Auf diesen Schauplatz gehört ein Mann wie Hanussen; erst wenn er zu den Attraktionen der Stadt zählt, hat er den Ritterschlag der Gesellschaft erhalten und kann von der Hauptstadt des Amüsements aus zu Gastspielen in andere Weltstädte starten – als Nummer 1 in seinem Metier: Und das steht dann in allen Zeitungen und nicht nur auf Provinz-Plakaten.

      »Und jetzt möchte ich nicht mehr gestört werden«, ordnet der reale Träumer an.

      Dann ordert er eine Flasche Schampus beim Etagenkellner. »Sie erwarten Besuch?« fragt Juhn.

      »Vielleicht –«

      »Damenbesuch? Prophezeiung oder Verabredung?« fragt der Helfer mit der Trickkiste grinsend.

      »Vorahnung«, erwidert der Magier und gibt das faule Lächeln zurück.

      »Keine Kunst«, mault der Ex-Journalist beim Abgang: »Sie fliegen ja schließlich auf alles, was sich bewegt.«

      »Eine wird kommen«, prophezeit Hanussen mit einem anzüglichen Lächeln.

      Es ist Eva Pflügler aus Prag.

      Der Portier, der Anweisung hat, niemanden vorzulassen, fragt sicherheitshalber bei Hanussen zurück.

      »Lassen Sie die Dame zu einer Privatberatung herauf«, erwidert der Magier. »Ich hab’ ihr das gestern in der Vorstellung versprochen – aber sonst bitte keinen mehr.«

      Er steht auf, geht der Blondine entgegen, küßt ihr die Hand. »Ich wollte wirklich nicht kommen«, behauptet die Dreißigerin.

      »Ich weiß«, entgegnet Hanussen mit einem gewissen Lächeln. »Ich wußte aber auch, daß Sie kommen würden. Und ich bin sicher, daß wir uns gut verstehen werden.« Albernd setzt er hinzu: »Morgenstund’ hat Gold im Mund.« »Es ist nicht meine Zeit«, erwidert die Pragerin. »Aber ich möchte wissen, ob Sie gestern abend Ihre Vorhersage über mich ernst gemeint haben.«

      »Ich meine alles ernst, Gnädigste«, versichert der Mann, der die Zukunft deutet, gegen Geld und Beifall.

      »Sie werden vielleicht verstehen«, versetzt die gustiöse Witwe angriffslustig, »daß mir ein vier Jahre jüngerer Liebhaber lieber ist als ein Ehemann mit einem dicken Bauch.« »… und einem dicken Konto«, ergänzt Hanussen. »Vergessen Sie das bitte nicht.« Er gibt der Besucherin Feuer. »Aber so ist das nun mal im Leben, Gnädigste. Man bekommt nicht immer, was man will, und dann nimmt man eben, was man bekommt.«

      »Sie Philosoph«, erwidert die Besucherin. Der Spott kräuselt die Lippen in ihrem pikant-frivolen Gesicht. Männer, die etwas von ihrem Geschlecht verstehen, können es bei Eva zu etwas bringen, aber dann sollten sie freilich anders aussehen als dieser Dämon mit den dichten Brauen.

      Hanussen schenkt Champagner ein, drückt der Blondine ein Glas in die Hand. »Sehr zum Wohl! Auf die Stunde, auf uns, und auf Ihre Zukunft!« Gläser klingen. »Ex!« sagt Hanussen und schenkt sofort nach. Er schnalzt mit der Zunge, und diese Unart paßt durchaus zu dem aufdringlichen Parfüm, nach dem er duftet.

      Aber Eva Pflügler läßt sich gerne von ihm animieren, zumal mit einem Getränk, das pro Flasche vierzig Mark kostet.

      »Möchten Sie dazu einen kleinen Imbiß, Teuerste?« fragt der Gastgeber: »Kaviar oder …«

      »Nein, danke. Ich möchte etwas mehr wissen über das, was mir in meiner

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