Gesammelte Werke von Emile Zola: Die Rougon-Macquart Reihe, Romane & Erzählungen. Emile Zola

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des Fußweges ein wie ein Händel suchender Klopffechter. Wenn sie sich einmal trafen, so hatte der Fischmarkt einen ganzen Tag davon zu reden. Wenn die schöne Normännin die schöne Lisa auf der Schwelle ihres Ladens erblickte, machte sie einen Umweg, um bei ihr vorbeizukommen, sie mit ihrer Schürze zu streifen; dann kreuzten sich die Blicke ihrer schwarzen Augen wie zwei Degen, mit dem flüchtigen Blitz und der scharfen Spitze des Stahls. Die schöne Lisa nahm ihrerseits, wenn sie auf den Fischmarkt kam, eine Miene des Ekels an, sobald sie sich der Fischbank der schönen Normännin näherte; sie kaufte bei einer Nachbarin einen großen Fisch, einen Steinbutt, einen Lachs und legte ihr Geld breit auf den Tisch hin, weil sie bemerkt hatte, daß dies die »Nichtsnutzige« im Herzen traf, die dann sogleich zu lachen aufhörte. Wenn man die beiden Gegnerinnen hörte, verkaufte die eine nur faule Fische, die andere nur verdorbenes Wurstzeug. Ihren Kampfposten hatte die schöne Normännin vornehmlich bei ihrer Fischbank, die schöne Lisa hinter ihrem Pulte; so vernichteten sie einander mit den Blicken quer über die Rambuteau-Straße. Da thronten sie in ihren langen, weißen Schürzen, mit ihren Toiletten und ihrem Schmuck. Schon am Morgen begann die Schlacht.

      Schau, die dicke Kuh ist schon auf! rief die schöne Normännin. Sie schnürt sich ein, wie ihre Würste! ... Aha, sie hat den Kragen vom Samstag angelegt und trägt schon wieder ihr Popelinekleid!

      Im selben Augenblicke sagte jenseits der Straße die schöne Lisa zu ihrem Ladenmädchen:

      Augustine, schauen Sie nur das Geschöpf dort drüben, das uns mustert! ... Sie ist ganz aus der Form gebracht durch das Leben, das sie führt ... Sehen Sie ihre Ohrgehänge? Ich glaube, sie hat wieder ihre großen Birnen, nicht wahr? Es ist wirklich ein Jammer, daß solche Dirnen Brillanten tragen!

      Mein Gott, was sie ihr kosten! ... erwiderte Augustine gefällig.

      Wenn eine von ihnen ein neues Schmuckstück hatte, so war das ein Sieg und die andere barst schier vor Ärger. Den ganzen Vormittag neideten sie sich gegenseitig die Kunden und zeigten sich sehr verdrossen, wenn sie sich einbildeten, daß das Geschäft besser gehe bei der »langen Mähre« da drüben. Dann kam das Bespähen des Frühstücks; sie wußten gegenseitig, was sie aßen und belauerten selbst ihre Verdauung. Nachmittag saß die eine zwischen ihren kalten Schüsseln, die andere bei ihren Fischen. Da machten sie sich schön, zierten sich und gaben sich alle erdenkliche Mühe, die andere zu übertrumpfen. Dies war die Stunde, die den Erfolg des Tages entschied. Die schöne Normännin strickte, wählte sehr feine Handarbeiten, was die schöne Lisa außer sich brachte.

      Sie täte besser, sagte sie, die Strümpfe ihres Jungen auszubessern, der barfüßig geht. Seht doch dieses Fräulein mit den roten Händen, die nach Fischen stinken!

      Lisa strickte gewöhnlich.

      Sie hat noch immer einen und denselben Strumpf in der Hand, sagte die andere. Sie schläft bei der Arbeit ein ... sie ißt auch zu viel ... Wenn ihr Hahnrei auf diese Strümpfe wartet, um warm zu gehen! ...

      So verharrten sie in unversöhnlicher Feindseligkeit bis zum Abend, jeden Besuch mit so raschem Blick erläuternd, daß sie die geringste Einzelheit an der Person der Gegnerin erfaßten, während andere Frauen erklärten, in solcher Entfernung nichts bemerken zu können. Fräulein Saget bewunderte die guten Augen der Frau Quenu eines Tages, als diese auf der linken Wange der Fischhändlerin eine Schramme entdeckten. – Mit solchen Augen, sagte sie, könne man durch die Türen sehen. Oft war bei Einbruch der Nacht der Kampf noch nicht entschieden; zuweilen blieb die eine auf der Walstatt, übte aber am folgenden Tage Vergeltung. Im Stadtviertel wettete man auf die schöne Lisa oder auf die schöne Normännin.

      Dies ging so weit, daß die beiden ihren Kindern untersagten, miteinander zu reden. Pauline und Feinchen waren früher gute Freunde gewesen, wenngleich Pauline mit ihren gesteiften Röcken einem vornehmen Fräulein glich, während Feinchen schmutzig war und fluchte wie ein Kärrner. Wenn sie zusammen auf dem breiten Fußweg vor dem Fischpavillon spielten, machte Pauline den Karren. Aber eines Tages, als Feinchen kam, um Pauline zu holen, zeigte Lisa ihm die Türe und nannte ihn einen Gassenjungen.

      Kann man denn wissen bei so schlecht erzogenen Kindern? ... sagte sie. Der Junge hat so schlimme Beispiele vor Augen, daß ich nicht ruhig bin, wenn er mit meiner Tochter ist.

      Das Kind war sieben Jahre alt. Fräulein Saget, die anwesend war, setzte hinzu:

      Sie haben recht. Der Bengel steckt immer unter den kleinen Mädchen des Stadtviertels ... Neulich hat man ihn mit der Tochter des Kohlenhändlers in einem Keller getroffen.

      Als Feinchen sein Erlebnis weinend seiner Mutter erzählte, geriet die schöne Normännin in einen schrecklichen Zorn. Sie wollte zu den Quenu-Gradelle gehen, um dort alles zu zerschlagen. Dann begnügte sie sich, Feinchen durchzuprügeln.

      Wenn du je wieder dorthin gehst, rief sie wütend, hast du es mit mir zu tun.

      Aber das eigentliche Opfer der beiden Frauen war Florent. Im Grunde hatte er allein sie auf diesen Kriegsfuß gebracht; sie schlugen sich nur seinethalben. Seit seiner Ankunft ging alles schief; er kompromittierte, erzürnte, beunruhigte diese Leute, die bis dahin in bester Eintracht gelebt hatten. Die schöne Normännin würde ihm gern mit den Nägeln ins Gesicht gefahren sein, wenn sie ihn zu lange bei den Quenu verweilen sah. Die Kampflust trug viel dazu bei, wenn sie nach diesem Manne Verlangen trug. Die schöne Lisa bewahrte die strenge Haltung eines Richters angesichts der schlimmen Lebensführung ihres Schwagers, dessen Beziehungen zu den beiden Schwestern Méhudin das Ärgernis des ganzen Stadtviertels waren. Sie war furchtbar verdrossen; sie bemühte sich, ihre Eifersucht zu verbergen, eine seltsame Eifersucht, die trotz ihrer Verachtung für Florent und trotz ihrer Kälte einer ehrbaren Frau sie jedesmal verbitterte, wenn ihr Schwager den Laden verließ, um nach der Pirouette-Straße zu gehen, und wenn sie sich die verbotenen Freuden vorstellte, die er dort sicherlich genoß.

      Der Abendtisch bei den Quenu ward weniger gemütlich. Die Sauberkeit des Speisezimmers nahm einen herben, spröden Charakter an. Aus den hellgelben Eichenmöbeln, der allzu blanken Lampe, der neuen Matte fühlte Florent einen Vorwurf, eine Art Verurteilung heraus. Er wagte kaum mehr zu essen, aus Furcht, daß er Brotkrümchen fallen lassen, seinen Teller beschmutzen könnte. Indes war er zu einfältig, um die Lage klar zu sehen. Überall pries er die Sanftmut Lisas. Sie blieb in der Tat sehr sanft; sie sagte ihm lächelnd, wie im Scherze:

      Es ist sonderbar: Sie essen jetzt nicht schlecht und werden doch nicht fetter ... Es bekommt Ihnen nicht gut.

      Quenu lachte noch lauter, schlug seinem Bruder auf den Bauch und behauptete, daß der ganze Metzgerladen seinen Weg durch diesen Bauch nehmen könne, ohne für zwei Kreuzer Fett daselbst zurückzulassen. Allein in der Beharrlichkeit Lisas lag jener Haß, jenes Mißtrauen gegen die Mageren, das die Mutter Méhudin noch schroffer bekundete; es lag darin auch eine versteckte Anspielung auf das regellose Leben, das Florent führte. Sie sprach übrigens vor ihm niemals von der schönen Normännin. Als Quenu eines Abends einen Scherz wagte, ward sie so eisig kühl, daß der würdige Mann sogleich abließ. Nach dem Nachtisch saßen sie noch eine Weile beisammen. Florent, der bemerkte, daß seine Schwägerin verstimmt sei, wenn er zu früh wegging, suchte ein Gespräch anzuknüpfen. Sie saß ganz nahe bei ihm; er fand sie nicht so warm, nicht so lebendig, wie die Fischhändlerin; sie hatte auch nicht den scharfen, durchdringenden Fischgeruch; sie hatte den faden Geruch der Fette, der Braten. Kein Frösteln warf eine Falte an ihrem straff gespannten Leibchen. Die allzu feste Berührung der schönen Lisa beunruhigte seine mageren Knochen noch mehr, als die zarte Annäherung der schönen Normännin. Gavard sagte ihm einmal vertraulich, daß die Quenu sicherlich eine schöne Frau sei, aber, daß er die Frauen weniger »gepanzert« liebe.

      Lisa vermied es, mit ihrem Gatten von Florent zu reden. Gewöhnlich trug sie große Geduld zur Schau. Auch hielt sie es für ein Gebot der Rechtschaffenheit, sich nicht ohne sehr ernste Gründe zwischen

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