Der neue Dr. Laurin Box 1 – Arztroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der neue Dr. Laurin Box 1 – Arztroman - Viola Maybach страница 3
»Überhaupt nicht, ich kann das gut nachvollziehen. Ich wundere mich nur, wie genau du zu wissen meinst, was dein Mann sagen wird.«
»Ich kenne Leon ziemlich gut, und ich liebe ihn sehr. Außerdem ist er ein großartiger Arzt, dafür bewundere ich ihn. Aber ich finde, nun bin ich an der Reihe, meinen beruflichen Träumen zu folgen, und das wird bei ihm erst einmal auf Unverständnis stoßen, weil eine Veränderung unserer Lebensumstände nämlich mit Unbequemlichkeiten für ihn verbunden sein wird. Damals, als wir geheiratet haben, gab es gar keine Diskussion, dass ich meinen Beruf würde aufgeben müssen, damit ich mich um die Kinder kümmern kann. Mittlerweile hat sich aber die Welt ein bisschen weiter gedreht.«
»Die Kinder können jedenfalls kein Argument mehr sein«, stellte Ingo fest.
»Ach, Ingo«, seufzte Antonia, »alles wird ein Argument sein. Ich weiß schon, warum ich so lange zögere, mit ihm zu reden. Solange ich selbst nicht zu hundert Prozent davon überzeugt bin, dass ich wieder als Kinderärztin arbeiten kann – und zwar so, dass ich meinen eigenen Ansprüchen genüge – sage ich kein Wort, sonst knicke ich bei der ersten Diskussion ein. Ich kenne mich schließlich.«
»Die selbstbewusste Antonia, wer hätte das gedacht?« Ingo lächelte voller Sympathie. »Früher dachte ich immer, du weißt, was du willst, und du lässt dich von niemandem aufhalten. Allein, wie du gegen den Willen deines Vaters deine eigene Praxis aufgemacht hast, als ganz junge Frau … Ich habe dich so dafür bewundert!«
»Ohne die finanzielle Unterstützung meines Onkels wäre das nichts geworden«, erwiderte sie nachdenklich. »Aber du hast Recht: Früher habe ich mich eher nicht beirren lassen. Jetzt denke ich länger über die Konsequenzen meines Handelns nach. Denn ich will natürlich nicht, dass meine Familie darunter leidet, dass ich mich selbst verwirklichen kann, wie man das heute nennt.«
»Denkst du denn, die Kinder würden leiden?«
»Die Zwillinge bestimmt nicht, die würden sich über etwas mehr Freiheit eher freuen. Kevin auch nicht, solange sichergestellt ist, dass ich nicht irgendwie verschwinde. Kyra … ja, die würde es wahrscheinlich vermissen, dass ich nicht jederzeit verfügbar bin, aber sie würde sich schnell daran gewöhnen. Sie ist zwar unsere Kleine, und ein bisschen verwöhnt ist sie deshalb auch, aber sie streckt die Fühler bereits aus und beginnt, sich die Welt zu erobern. Insofern: Nein, sie würden nicht leiden, denke ich. Ein bisschen maulen würden sie, weil sie hier und da selbst mit anpacken müssten, weil Mama nicht mehr so viel Zeit hat, aber leiden würden sie nicht.«
»Und meinst du nicht, Leon wäre nach dem ersten Schock stolz auf dich?«
»Vielleicht, ja.« Plötzlich lachte Antonia und sah in diesem Moment beinahe wieder so aus wie die junge Frau, in die Ingo seinerzeit verliebt gewesen war. »Ich bin einfach ein Feigling, Ingo, so ist das.«
»Du und feige? Nie im Leben!« Ingo bat die Kellnerin um die Rechnung.
»Aber bezahlen tue ich dieses Mal«, erklärte Antonia. »Und dann sollte ich mich schleunigst auf den Heimweg machen.«
»Damit der gestrenge Gatte nicht etwa fragt, wo du so lange gewesen bist?«
Sie errötete verlegen. »Na ja, ich lüge einfach nicht gern, und ich kann es auch nicht besonders gut. Dabei habe ich in letzter Zeit schon mehrmals schwindeln müssen. Das ist übrigens der Hauptgrund, weshalb ich bald mit Leon reden werde. Ich hasse Heimlichkeiten!«
Sie verließen das Café, zum Abschied umarmten sie sich freundschaftlich.
*
»Im sechsten Monat?«, fragte Eckart Sternberg verblüfft. »Ich habe sie doch gesehen, als sie eingeliefert wurde – von einer Schwangerschaft ist mir nichts aufgefallen.«
»Mir auch nicht. Sie wollte sich zuerst ja auch nicht untersuchen lassen, aber das Ultraschallbild war eindeutig, danach hat sie dann einer gynäkologischen Untersuchung zugestimmt.«
Leon Laurin hatte seinen ersten Facharzt als Gynäkologe gemacht und sich später auch noch zum Chirurgen ausbilden lassen – es waren die beiden Fachrichtungen, die ihn von Anfang an am meisten fasziniert hatten. Heute war er froh darüber, sich diesen Anstrengungen unterzogen zu haben, denn nach wie vor war er auf beiden Gebieten tätig, und nach wie vor interessierten sie ihn beide.
»Sie hat zuerst hartnäckig behauptet, auf keinen Fall schwanger zu sein. Aber ich hatte sofort den Eindruck, dass sie eigentlich von ihrer Schwangerschaft wusste, sie allerdings nicht wahrhaben wollte.«
»Und jetzt? Was sagt sie jetzt?«
»Nichts mehr. Sie leugnet die Schwangerschaft nicht mehr, aber sie steht auch nicht dazu.«
»Können wir sie wieder entlassen?«
»Nein, ich will zuerst wissen, warum sie zusammengebrochen ist. Mir kommt das Baby etwas klein vor, was damit zusammenhängen kann, dass Frau Maischinger die ganze Zeit so getan hat, als wäre sie nicht schwanger.«
»Hat sie geraucht, Alkohol getrunken?«
»Auf diese Fragen hat sie mir bislang leider nicht geantwortet. Wenn du mich fragst: wahrscheinlich beides.«
»Das verheißt nichts Gutes für das Kind«, seufzte Eckart. »Gut, dann weiß ich Bescheid. Behalten wir sie zuerst in der Notaufnahme?«
»In der Gynäkologie haben wir kein freies Bett, ich habe schon nachgefragt. Also behalten wir sie hier, und morgen sehen wir weiter.«
Eckart Sternberg nickte. »Ich sehe ab und zu nach ihr, wenn wir heute Nacht nicht mit Patienten überschwemmt werden.«
»Und ich fahre nach Hause.«
»Grüß Antonia und die Kinder von mir.«
»Wird gemacht«, erwiderte Leon.
Antonia … Eva Maischinger hatte ihn von seinen Grübeleien abgelenkt, jetzt kehrten die unerwünschten Gedanken an die Heimlichkeiten seiner Frau zurück.
*
»Mama, sag ihr, sie soll gefälligst von meinem Kleiderschrank wegbleiben!«, fauchte Kaja. »Sie bringt immer alles durcheinander, und hinterher gibt sie mir meine Sachen nicht zurück.«
»Tue ich wohl!«, rief Kyra aufgebracht. »Ich gebe immer alles zurück! Es ist ungerecht, dass du immer neue Sachen kriegst, und ich muss deine alten auftragen. Ich hasse es, die Jüngste zu sein!«
Mit funkelnden Augen stand sie da, aber Antonia erkannte die Zeichen: Wenn sie nicht eingriff, würde die Szene in Tränen enden. Schon schwankte Kyras Stimme bedenklich, schon zitterte ihre Unterlippe. Ihre Jüngste hatte es oft schwer, sich gegen die drei älteren Geschwister durchzusetzen, bei ihr flossen schnell Tränen, so sehr sie sich auch bemühte, sie zu unterdrücken.
»Du hast bald Geburtstag, Mäuschen«, sagte sie, »es könnte schon sein, dass du da ein paar neue Sachen ganz für dich allein bekommst, meinst du nicht? Und es stimmt sowieso nicht, dass du nur alte Sachen deiner Schwester auftragen musst. Erst vor zwei Wochen haben wir dir einen schönen neuen Rock gekauft, und …«
Es half nichts, Kyra weinte bereits. »Aber er ist nicht so schön wie der, den Kaja bekommen hat, und wir haben ihn im Ausverkauf gekauft, weil ihn vorher keiner haben wollte!«