Pinien sind stumme Zeugen. Will Berthold
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»Und das«, unterstreicht Craig Ginty die Fahndungsleistung, »obwohl sich auf wenigen Quadratkilometern fünfzigtausend Flüchtlinge zusammendrängten, das ganze Fallobst der Festung Alpenland.«
»Nur drei schwere Lastwagen erreichten also den Toplitzsee«, berichtet Steel weiter. »Unter größten Schwierigkeiten. Dieser Schlammeimer des Dritten Reiches ist zwölf Kilometer von Bad Aussee entfernt. Er liegt siebenhundert Meter über dem Meeresspiegel. Es dunkelte bereits, als der Rest-Konvoi ankam. Das Ufer des Bergsees kann von Landfahrzeugen nur von der Ortschaft Gössel aus an der nordwestlichen Ecke angefahren werden. Man kommt nicht ganz an den See heran. Einer der SS-Männer, Hauptscharführer Öhlschläger, organisierte ein Motorboot. Die Begleiter der Fahrzeuge luden ihre Fracht ab. Die Scheinwerfer der Autos waren trotz der Verdunkelung voll aufgedreht, so daß keiner verschwinden oder etwas mitgehen lassen konnte. Kiste für Kiste wurde auf das Motorboot geladen. Öhlschläger fuhr zur Mitte des Sees und warf die Fracht ab, wo er die tiefste Stelle vermutete.
Er mußte mit dem Boot vier- oder fünfmal hin- und herfahren. Die Spurenbeseitiger waren die ganze Nacht auf den Beinen, bevor sie am Morgen auseinanderliefen. Den Leiter der Aktion, Sturmbannführer Müller-Malbach, haben wir dann ganz schnell geschnappt und noch schneller zum Reden gebracht; er ist ein übler Kriegsverbrecher und persönlich ein Schwächling, aber was immer diese Kanaille ausgesagt hatte, wurde später durch unsere Ermittlungen bestätigt.«
»Wie ging es mit diesem Müller-Malbach dann weiter?«
»Die Polen hatten ein Auslieferungsgesuch an die US-Besatzungsmacht gestellt. Ich konnte im letzten Moment verhindern, daß ihnen der Mann übergeben wurde. Nicht weil ich es ihm versprochen hatte, sondern weil ich mir einen wichtigen Zeugen für alle Fälle aufheben wollte. Ich übergab ihn der Kriegsverbrecher-Kommission, und diese erhob Anklage vor einem Militärgericht. Müller-Malbach wurde zum Tode verurteilt und trägt seitdem in der Strafanstalt Landsberg die Rotjacke. Insgeheim habe ich bei General Clay durchgesetzt, daß seine Hinrichtung immer wieder aufgeschoben wurde – bis jetzt jedenfalls.«
»Lassen Sie sich umarmen, Bob«, lobt Partaker. »Umsichtiger als Sie kann man nicht sein. Und was ist aus diesem Öhlschläger geworden?«
»Ich habe ihn auf die Fahndungsliste der Kriegsverbrecher-Kommission gesetzt. Was weiter mit ihm geschah, weiß ich nicht; er war aber wirklich eine ziemlich untergeordnete Figur. Nach dem Namensgeber des Unternehmens, Bernhard Krüger, haben wir die Fahndung mit allen Mitteln betrieben; der Mann blieb ein Gespenst ohne Fleisch und Knochen, vermutlich ein erfundener Deckname. Entweder hat es den Burschen gar nicht gegeben, oder er heißt ganz anders. Auffällig war nur, daß von ihm immer als von dem ›Major‹ Krüger gesprochen wurde. Ein Major bei der SS war aber ein Sturmbannführer und legte – damals – auch großen Wert auf diesen Rang. Wie gesagt, wichtige Posten standen noch offen, als meine Sonderkommission aufgelöst wurde, Sir.«
»Nennen Sie mich doch James, Bob, oder …« Partaker zerlegt das Gesicht in zahllose Fältchen. » … oder Skinny – das erlaube ich wirklich nur ganz wenigen.«
»Heavens – das nenn’ ich aber eine Blitzkarriere, Bob«, albert Ginty, wiewohl ihm nicht danach zumute ist.
»Ich habe wochenlang Tauchversuche im Toplitzsee vornehmen lassen«, fährt der CIC-Offizier fort. »Leider ohne jeden Erfolg. Der See ist tief und tückisch, auf Grund gibt es gefährliche Schlinggewächse, und mit unseren ziemlich behelfsmäßigen Geräten kamen wir einfach nicht voran. Auch nicht eigens angeforderte US-Pioniere. Natürlich erregten unsere Bemühungen bei der Zivilbevölkerung enormes Aufsehen. Es sprach sich herum, daß auf Grund des Bergsees angeblich der Goldbestand des Dritten Reiches läge. Als wir unsere Versuche einstellen mußten, auf Befehl natürlich, wurde das Tauchen in dieser Gegend zu einem Volkssport. Die Behörden hatten es zwar verboten, aber Sommerfrischler versuchten ihr Glück, und sei es nur von einem Faltboot aus. Die Zeitungen wärmten die Story von dem versenkten Nibelungenschatz immer wieder auf. Inzwischen sind fast drei Jahre vergangen. Es gibt nunmehr weit modernere Ortungs- und Tauchgeräte, als ich sie seinerzeit einsetzen konnte. Das bewies zum Beispiel eine deutsche Illustrierte, die mit behördlicher Erlaubnis unter den Augen der Polizei ein paar Kisten mit Pfund-Blüten an die Oberfläche beförderte. Es liegen auch Raketen einer benachbarten Versuchsanstalt auf Grund, und in der Nähe wurde in einem Bergstollen eine Sammlung geraubter Kunstwerke sichergestellt. Und die Schatzsucher sind immer noch am Werk und vermehren sich wie Ungeziefer. Drei dieser privaten Froschmänner sind bereits ertrunken. Außerdem ist es in dieser Gegend zu zwei ungeklärten Mordfällen gekommen.«
»Woher wissen Sie das alles, Bob?«
»Kurz vor meinem Abflug in die USA war ich noch einmal in Bad Aussee«, berichtet der Major. »Den örtlichen Polizeichef hatte ich seinerzeit noch selbst eingesetzt. Er ist ein Vertrauensmann – und verläßlich«, erklärt Steel.
»Sie haben also die Recherchen nie ganz aufgegeben, Bob?«
»Überlegungen nie«, erwidert der Mann in der Majors-Uniform. »Ich bin Kriminalist und Jurist, und ich leiste mir – wenn Sie so wollen – einen gewissen Berufsstolz. Pfusch geht mir einfach gegen den Strich, auch wenn man mich dazu zwingen will.«
»Dieser Müller-Malbach war eine Hauptfigur in der Abteilung VI b der Fälscherzentrale im Reichssicherheitshauptamt«, fährt der CIA-Vice fort. »Haben Sie nie daran gedacht, daß einer der Typen in dieser Abteilung die Dollarfälschung für seine private Zukunftssicherung genutzt haben könnte?«
»Und ob, Sir … ich meine, James«, verbessert sich Steel. »Ich stand in einem ständigen Informationsaustausch mit der Kriegsverbrecher-Kommission, die eine eigene Fahndungs-Crew für die RSHA-Leute eingerichtet hatte.«
»Nehmen wir einmal an – es ist nur eine Theorie es hätte eine zweite Ausweichstelle wie Redl-Zipf gegeben. Oder einer dieser Schreibtischtäter in der Fälscherzentrale hätte in Sachsenhausen eine zweite Garnitur Dollars oder Pressen oder Klischees auf die Seite gebracht?«
»Das wäre äußerst schwierig gewesen«, erwidert Steel. »Diese Leute ließen einander nicht aus den Augen. Die alten Kameraden waren auch mißtrauische Kameraden.«
»Well«, erwidert Partaker, »aber was unwahrscheinlich ist, ist noch lange nicht unmöglich.«
»Sicher, Sir«, entgegnet der Berichterstatter wenig überzeugt. »Vielleicht kann man diese Prinz-Albrecht-Straße-Mentalität nur begreifen, wenn man sich intensiv mit ihr befaßt hat. Eigentlich ist sie außerhalb jeder Logik. Die Chargen dieser Institution erhielten spätestens im Januar 45 falsche Ausweispapiere, echte Devisen und für alle Fälle Zyankali-Ampullen – alles Vorbereitungen zum Absprung. Trotzdem riskierten sie Kopf und Kragen, wenn sie auch untereinander am Endsieg zweifelten.«
»Well, Bob, das nehme ich Ihnen ab. Ich hab’ übrigens mit diesen Leuten auch meine Erfahrungen gemacht.« Der CIA-Vice tauscht mit Ginty einen Verschwörerblick. Sie brauchen nicht auf ihre Vergangenheit zurückzukommen. Ein Mann wie Steel kennt die Rolle, die Partaker und Ginty im Zweiten Weltkrieg gespielt hatten.
Der Gast sieht auf seine Armbanduhr. »Wie komme ich eigentlich nach New York zurück?«
»Heute überhaupt nicht«, entgegnet der CIA-Gewaltige. »Wir brauchen Sie dringend. Das sehen Sie doch ein, Bob!«
»Ungern«, erwidert Steel. »Ich habe in New York eine Verabredung.«
»In