Pinien sind stumme Zeugen. Will Berthold
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»Und wie«, antwortet der Falschgeldexperte. »Darum waren wir Amerikaner ja so sauer auf sie, denn durch ihr Schweigen hatten sie auch unsere Währung gefährdet.« Sein Zorn scheint sich bis jetzt noch nicht gelegt zu haben. »Die deutschen Falschgeldagenten hatten die Blüten von einem Schloß in Südtirol aus über die Schweiz und andere neutrale Länder in Umlauf gebracht und damit ihre Auslandsspionage und Waffenkäufe finanziert. Von Versicherungsmathematikern waren die Seriennummern sorgfältig vorausberechnet worden. Vermutlich wären die Fälschungen von den Engländern noch lange nicht entdeckt worden, wenn ihre Auftraggeber nicht aus Geldgier auch Makulatur an den Mann gebracht hätten, die natürlich bald auffiel.«
»Und warum haben die Tommies nicht sofort gehandelt?«
»Die Bank of England war in einer Zwangslage; sie mußte dichthalten und zähneknirschend für das Falschgeld geradestehen, um einen Zusammenbruch der britischen Währung zu vermeiden. Unter äußerster Geheimhaltung waren neue Banknoten entworfen und gedruckt worden. Unmittelbar nach Kriegsende verfielen schlagartig alle englischen Banknoten bis auf die noch benötigten Fünf-Pfund-Scheine. Alle anderen Pfundnoten wurden ausgetauscht; wer am Schalter erschien, um das neue Geld einzuwechseln, mußte eine gründliche Untersuchung über die Herkunft der alten Pfundnoten über sich ergehen lassen.«
»Gleichzeitig wurde eine US-Sonderkommission gebildet um festzustellen, ob die Deutschen auch Dollarnoten gefälscht hatten, stimmt’s?«
»That’s right«, bestätigt Ginty. Er verstummt, als der Kellner an den Tisch kommt und eine spezielle Tiramisù als Nachtisch anbietet. Partaker winkt ab; seinem Gast fällt die Entscheidung schwer, aber da ihm der Rotwein mundet, verzichtet er auf die Süßspeise und ordert Bel Paese und etwas Mascapone. »Tatsächlich hatte das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) nach der Kriegserklärung Hitlers an Amerika im Dezember 41 den Befehl ausgegeben, sofort und mit höchster Beschleunigung nach dem Muster der Pfundnoten US-Dollar-Blüten herzustellen. Die Fälscher wurden eingearbeitet; die Erfahrungen kamen ihnen zugute. Trotzdem brauchten sie bis kurz vor Kriegsende, um Lardos«, – der FBI-Gewaltige benutzt den Ganovenausdruck für gefälschte Dollarscheine –, »zu fertigen, die selbst Fachleute nicht von echten Greenbacks unterscheiden konnten. Zum Glück war es zu spät; die Flaschgeldlawine kam nicht mehr ins Rollen.«
»Bist du sicher, Craig?«
»Die Sonderkommission hat sehr gründlich gearbeitet. Während und nach der Untersuchung ist nicht eine einzige Dollar-Blüte aufgetaucht.«
»Und die Druckstöcke, und das Papier, die Pressen …?«
»… wurden von den Deutschen in den letzten Kriegstagen beseitigt oder vernichtet.«
»Und die Fälscher?«
»Die liefen schnellstens auseinander – in ihre Heimatländer zurück.«
»Auch in die Länder des Ostblocks?« fragt Partaker.
»Auch das. Die meisten hatten sich bereits auf die Sokken gemacht, bevor wir von dieser Falschgeldaffäre überhaupt etwas erfuhren. Soweit wie möglich haben wir sie auch wieder eingesammelt und vernommen.«
Partaker nickt: »Wie penibel seid ihr vorgegangen?«
»Es wurde nichts versäumt. Was überhaupt möglich war, geschah. Inzwischen sind fast drei Jahre vergangen, und noch immer sind diese Nazi-Lardos nicht aufgetaucht. Vielleicht war es gar nicht so falsch, den Fall ad acta zu legen.«
»Oder doch«, erwidert der CIA-Vice, nunmehr bereit, einen unbekömmlichen Nachtisch zu servieren. Die Gäste im Lokal sind weit genug vom Tisch entfernt und mit kulinarischen Finessen beschäftigt; Partaker entnimmt seiner Brieftasche zwei Fünfzig-Dollar-Duplikate. »Sieh dir das an, Craig«, sagte er. »Sorry, wenn es sich dir auf den Magen schlägt …«
Der Feinschmecker und Falschgeldbekämpfer betrachtet die Banknoten zuerst verständnislos, dann verändert sich schlagartig sein rundes Gesicht; es wirkt auf einmal kantig. Der Haut spannt sich über die Backenknochen. Der FBI-Falschgelddezernent zieht eine Lupe aus der Tasche. »Dear me«, murmelte er betroffen, wendet die Scheine und untersucht die Rückseite: »Deine Delikatessen sind doch immer vergiftet. Wo hast du diese Fünfziger her, Skinny?«
»Aus der Schweiz«, antwortet er. »Vermutlich kommen sie aus Italien.«
»Wieviel wurden sichergestellt?« fragt er hastig.
»Seit heute nachmittag sind es fünf; aber ich fürchte, sie werden sich bald wie Filzläuse vermehren.« Sein Gesicht zuckt stumm. »Vielleicht habt ihr doch nicht gründlich genug ermittelt«, sagt Partaker; es klingt, als hätte er Sand zwischen den Zähnen.
»Chickenshit!« flucht Ginty.
»Wer hat eigentlich die Sonderkommission damals geleitet?« fragte der CIA-Vice dann.
»CIC-Captain Robert S. Steel.«
»Wo ist er jetzt?«
»Soviel ich weiß, noch immer bei der US-Army in Germany. Der Mann ist erste Wahl«, behauptet Ginty. »Einer, der sein Fach versteht; er hat vor seiner Einberufung zur Armee als junger Anwalt für die US-Bundespolizei gearbeitet zur vollsten Zufriedenheit auch hier.«
»Und sonst?«
»Was meinst du damit?«
»Irgendwie hat doch jeder Mensch Schwächen.«
»Na ja«, sagt der FBI-Spezialist nach einigem Nachdenken. »Bob Steel trank gelegentlich ein bißchen viel; er war überhaupt kein Freund von Traurigkeit und hinter den Mädchen her wie der Windhund hinter dem falschen Hasen. Aber das kannst du mir glauben, Skinny, wenn es darauf ankommt, ist er trocken wie ’ne alte Jungfer und konzentriert wie ein Profiboxer. Er ist auch alles anderes als ein Pedant. Verstehst du, wenn er mit den Dienstregeln nicht weiterkommt, dann pfeift er eben darauf und findet sich zurecht.«
»Du meinst, Vorschriften stören ihn nicht?« fragt Partaker.
»So wenig wie dich und mich«, versetzt der Falschgelddezernent der Bundespolizei mit seinem faunischen Grinsen.
»Also ein Mann, der sich auf allen Wegen zurechtfindet?«
»Weiß Gott.« Ginty nickt. »Zuerst, als der Armee die Angst vor Lardos aus Deutschland noch im Nacken saß, konnte Steel schalten und walten, wie er wollte; das hat er auch reichlich genutzt.«
»Für sich?«
»Für seine Arbeit«, entgegnet der FBI-Spezialist.
»Kommt ein Mann nicht automatisch in Gefahr, wenn er unbeschränkt Vertrauensspesen erhält und wenn durch seine Hände Millionen – vielleicht noch mehr – gehen?«
»Ich habe niemals festgestellt, daß etwas zwischen seinen Fingern hängengeblieben wäre.«
»Du hast drauf geachtet?«
»Ich war sein Helfer, nicht sein Aufpasser«, versetzt der FBI-Mann gereizt. »Aber ein Kriminalist, der etwas taugt, ist immer auf dem Quivive. Und was hätte Steel mit ein paar Millionen Pfundblüten, die zwei, drei Tage später außer Gültigkeit gesetzt wurden, am Ende der Welt anfangen sollen?«
»Das klingt einleuchtend«, entgegnet Partaker und setzt wie entschuldigend hinzu: »Wenn ich an