Pinien sind stumme Zeugen. Will Berthold

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Pinien sind stumme Zeugen - Will Berthold

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breite Prunkstraßen mit den Marmorfassaden fast nahtlos in Slumviertel münden, sogar die Reporter und die Einbrecher zu Hause. Und das gibt dem Ankömmling eine Chance, unbemerkt nach New York zurückzufliegen.

      Die Teilnehmer der Geheimbesprechung, Spitzenleute der FBI-Bundespolizei, des CIA-Geheimdienstes und der US-Notenbank, werden sorgfältig gegen die Öffentlichkeit abgeschirmt und durch verschiedene Eingänge in das Weiße Haus geschleust.

      Kurz hintereinander betreten der Gouverneur der Notenbank, der wortkarge Finanzminister, gefolgt von dem glattarroganten Edgar Hoover, dem allmächtigen FBI-Chef seit 24 Jahren, und zuletzt, wie in ihrem Windschatten, CIA-Direktor Hillenkoeter das Oval Office und dramatisieren durch ihre Anwesenheit bei der Top-Secret-Besprechung den Ernst der Lage.

      »Just a moment, Gentlemen, please«, entschuldigt der Stabschef des Weißen Hauses die Abwesenheit des Hausherrn. »Mister President telefoniert noch mit General Clay in Frankfurt.«

      James Partaker nickt ungeduldig; wiewohl das Zusammentreffen in erster Linie auf seine Veranlassung zustande gekommen ist, hält er es für eine notwendige Zeitverschwendung. Die Abwehr der Katastrophe duldet keinen Aufschub, keinen Tag, keine Stunde. Die FBI-Leute und CIA-Agenten, durch eine Ausnahmesituation auf Schulterschluß gebracht, benötigen Sondervollmachten, wie sie nur der US-Präsident erteilen kann, und auch das nur unter der Hand. Das Peinliche ist nur, daß solche Abmachungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit demnächst mit Amerikas neugewählter Nummer Eins wiederholt werden müssen, denn der 31. US-Präsident – nach dem plötzlichen Tod Roosevelts ohne Wahl in das höchste Amt gekommen – hat kaum eine Chance, im Weißen Haus zu bleiben.

      Die Versammelten empfangen den Präsidenten stehend im Oval Room, einen erschöpften Mann mit einem Dutzendgesicht und rotgeränderten Augen hinter einer Einfach-Brille; es ist der Preis für eine 50 000-Kilometer-Reise mit 255 Wahlkundgebungen nebst unvermeidlichen Dauer-Shakehands.

      Der Eintretende nickt den Anwesenden zu. Amerikanische Staatsmänner pflegen das Gespräch mit einem Witzwort zu eröffnen: »Ich würde Ihnen gern die Hand drükken, aber sie ist geschwollen vom Wahlkampf«, stellt er fest. »Gott bewahre Sie davor, eines Tages für das Weiße Haus zu kandidieren.«

      Die Anwesenden lachen gequält. Humor ist Glückssache, und außerdem ist ihnen nicht nach Späßen zumute – dem Präsidenten übrigens auch nicht; er fordert seine Gäste mit einer Handbewegung auf, Platz zu nehmen. Er schafft es nicht, von einem Übel in das andere umzusteigen; er muß sich erst noch Luft machen.

      »Ich wurde gerade wieder darauf aufmerksam gemacht«, sagt er abschweifend, »daß die Russen mühelos unsere Luftbrücke nach Berlin während des Winters zum Einsturz bringen können, wenn sie durch einen Wellensalat den Funkverkehr stören«, beginnt er. »In dieser Jahreszeit sind unsere Versorgungsflugzeuge auf Blindflug angewiesen.«

      »Ich weiß«, antwortet Admiral Hillenkoeter. »Aber das werden die Sowjets nicht wagen – vielleicht erinnern sie sich noch an die Hiroshima-Bombe …«

      »Vielleicht haben sie die Atombombe bald selbst«, versetzt Harry S. Truman verbittert. »Einige Anzeichen deuten darauf hin.«

      Keiner der Anwesenden spricht aus, was alle denken: Die völlige Abschnürung Berlins würde Krieg bedeuten – oder Unterwerfung unter Stalins Erpressungspolitik.

      »Indeed – wir haben Sorgen genug.« Der Präsident gestattet sich ein kurzes Abgleiten in die Wehleidigkeit. »Die Russen haben sich ganz Osteuropa unter den Nagel gerissen und ihre Westgrenze um vier Fünftel näher nach Mitteleuropa geschoben. Die Berlin-Krise nähert sich dem Siedepunkt. China geht uns verloren. In Korea braut sich eine Schweinerei zusammen. In Nahost tobt ein Krieg gegen das von uns unterstützte Israel – und jetzt behaupten Sie, daß unter Umständen unser prächtiger Dollar, die Leitwährung der Welt, ins Wackeln geraten könnte …«

      »Nicht unter Umständen, Mister President.« Der Gouverneur der Notenbank geht sofort zum Angriff über. »Sondern mit Sicherheit.«

      In seiner hemdsärmeligen, gelegentlich auch gewöhnlichen Art versucht der Politiker aus Missouri abzuwiegeln. »Auch wenn die Scheiße am Dampfen ist, wird sie sich schon wieder abkühlen«, stellt er fest. »Don’t be such a pessimist«, wendet er sich an den Geldmann, der aussieht, als sei er geschlagen worden. »Sie meinen also«, lenkt Amerikas Nummer Eins wieder ein, »daß der Mann auf der Straße nicht in der Lage ist, diese Dollarfälschungen zu erkennen?«

      »Weder Mr. Everybody«, entgegnet der Gouverneur, »noch der Experte; selbst unter der Quarzlampe nicht und noch nicht einmal im Labor. Ich muß Ihnen nun deutlich vor Augen führen, was das bedeutet.« Er entnimmt seiner Brieftasche zwei Fünfzig-Dollar-Noten und breitet sie vor dem Staatschef aus. »Bitte betrachten Sie sich die Scheine genau, und sagen Sie mir dann, welcher von beiden gefälscht ist.«

      Der Präsident nimmt sich Zeit. Er schiebt die Brille hoch, vergleicht Zentimeter für Zentimeter wie ein hartnäckiger Rätselfreund, der die Abweichung auf dem Vexierbild unbedingt finden will. Er sucht und sucht. James Partaker beobachtet, wie Truman die Banknote wendet und von neuem beginnt, die Rückseite abzutasten. Ein Mann, der nicht aufgibt, auch wenn er natürlich weiß, daß sich die Fachleute nicht geirrt haben.

      Truman hatte in seiner Karriere als Laufbursche, Zeitungspacker, Buchhalter und Eisenbahnkontrolleur gearbeitet, war im Ersten Weltkrieg Artillerie-Offizier geworden, hatte nach seiner Entlassung aus der US-Army zunächst die elterliche Farm bewirtschaftet, war dann nach zwei kümmerlichen Geschäftsjahren mit einer Kurzwarenhandlung an der 12. Straße von Kansas-City in Konkurs gegangen, hatte aber, bevor er sich entschloß, Politiker zu werden, den letzten Dollar abgestottert.

      Würde jetzt unter seiner Regierungszeit ein Staatskonkurs gebaut, gäbe es keine Rückzahlung.

      »Leider haben wir jeden Grund zur Schwarzseherei, Mister President«, wirft der Finanzminister ein. »Unsere Banknoten werden nach einem ausgeklügelten Verfahren hergestellt. Mindestens drei Dutzend Raffinessen stellen für Fälscher die Fallen auf; es ist noch keinem gelungen, eine auch nur mehr als flüchtige Ähnlichkeit mit den echten Greenbacks herzustellen. Sie wissen, Mister President, wie Experten sind. Fünf von ihnen vertreten meistens sechs Meinungen; doch hier sind – oder besser waren – sich alle Sachverständigen einig, daß es unmöglich ist, Dollarnoten zu fälschen.«

      »Bis jetzt«, erwidert der Präsident sarkastisch. »Nunmehr aber sind falsche Greenbacks im Umlauf. Vermutlich haben Sie diese nur an der gleichlautenden Numerierung erkannt.«

      »So ist es, Mister President.«

      »Und das kann kein technisches Versehen sein?«

      »Ausgeschlossen«, erwidert der Gouverneur der Notenbank. »Jeder Fehldruck wird von uns sorgfältig registriert und vernichtet. Wir führen Buch über jedes Gramm Papier in den Staatsdruckereien. Wir arbeiten mit Doppelsicherung und Dreifachkontrolle. Wir können jede Panne ausschließen – schließlich hat es auch noch keine gegeben.«

      »Vielleicht bis jetzt«, erwidert der Regierungschef. »Ein technischer Fallout oder menschliches Versagen lassen sich bei aller Wachsamkeit wohl niemals restlos ausschließen.«

      »Ich bleibe dabei«, sagt der Staatsbanker. »Irrtum ausgeschlossen. Ich muß noch etwas Furchtbares feststellen: Wer Fünfzig-Dollar-Noten so perfekt nachahmt, kann praktisch alle US-Werte fälschen. Bekanntlich zeigen Fünfzig-Dollar-Scheine das Bildnis General Grants. Setzen Sie Benjamin Franklins Konterfei auf die Note, sind es schon hundert Dollar, und das Clevelands tausend …«

      »Und ein Madison fünftausend«, unterbricht ihn der Präsident ungehalten. »Ein Chase zehntausend

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