Der neue Dr. Laurin Staffel 1 – Arztroman. Viola Maybach

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Der neue Dr. Laurin Staffel 1 – Arztroman - Viola Maybach Der neue Dr. Laurin Staffel

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sie an mit seinem blauen Auge und der geschwollenen Wange, und das war der Grund dafür, dass sie sich trotz der Aufregungen des vergangenen Tages recht unbeschwert auf den Weg ins Büro machte. Dort berichtete sie bei der täglichen Zusammenkunft von der Vergrößerung ihres Auftrags und freute sich über die Überraschung, aber auch die Glückwünsche ihrer Kollegen, die großenteils ehrlich gemeint zu sein schienen.

      Sie hatte viel zu tun, deshalb verging die Zeit schnell. Sie war direkt erstaunt, als sie feststellte, dass sie sich schon beeilen musste, wenn sie zur versprochenen Uhrzeit zu Hause sein wollte. Also verließ sie das Büro, fuhr beim Optiker vorbei, um Peters Brille abzuholen und kaufte Obstkuchen, der so appetitlich aussah, dass ihr bei seinem Anblick das Wasser im Mund zusammenlief.

      Sie war wirklich neugierig auf Kyra Laurin!

      Diese war schon da, wie sie feststellte, als sie die Wohnungstür aufschloss, denn sie hörte eine helle Mädchenstimme etwas sagen und Peter daraufhin lachen – so unbeschwert und vergnügt, dass sie Kyra schon mochte, bevor sie auch nur den ersten Blick auf sie geworfen hatte.

      »Ich bin wieder da!«, rief sie.

      Daraufhin wurde die Tür von Peters Zimmer geöffnet, und ein hübsches Mädchen mit halblangen dunklen Haaren, großen braunen Augen und schüchternem Lächeln erschien. »Ich bin Kyra«, sagte sie. »Guten Tag, Frau Stadler. Ich bin etwas früher gekommen, weil unsere letzte Stunde ausgefallen ist, Frau Honigmeier ist krank geworden.«

      »Guten Tag, Kyra, schön, dich kennenzulernen. Ich habe Stachelbeertorte und Apfelkuchen gekauft.«

      Kyra strahlte. »Stachelbeertorte ist mein absoluter Lieblingskuchen!«

      Britta warf einen Blick in Peters Zimmer. Er lag angezogen auf seinem Bett. Die schreckliche Brille lag auf seinem Nachttisch, er nahm seine Umgebung also allenfalls verschwommen wahr.

      Sie ging zu ihm. »Hier, deine Brille«, sagte sie. »Sie haben sich extra beeilt.«

      Mit erleichtertem Lächeln schob er sie sich auf die Nase. »Danke!«, sagte er. »Mann, endlich kann ich wieder sehen!«

      »Siehst du denn gar nichts ohne Brille?«, wollte Kyra wissen.

      »Na ja, jedenfalls kann ich nichts klar erkennen«, gab Peter zu.

      Kyra wies auf das unförmige Gestell auf dem Nachttisch. »Und warum hast du die nicht aufgesetzt? Ich habe mich schon gefragt, wieso du so komisch gehst, als du mir die Tür aufgemacht hast.«

      Schweigend setzte Peter seine reparierte Brille ab und die Ersatzbrille auf und wandte sich Kyra zu. »Deshalb!«, sagte er mit todernstem Gesicht.

      Kyra brach in helles Gelächter aus. »Du siehst furchtbar aus!«, rief sie.

      Peter fiel in das Lachen ein, und Britta eilte in die Küche, um den Kuchen auszupacken und für sich einen Kaffee zu kochen. Peter kam ihr wie verwandelt vor. Das lag sicherlich zum Teil daran, dass er keine Angst vor diesen großen Jungs mehr haben musste, aber sie vermutete, dass es vor allem die beginnende Freundschaft mit Kyra Laurin war, die ihn so fröhlich sein ließ.

      *

      Ella war nach Hause gefahren, um ein paar Stunden zu schlafen, denn Dr. Laurin hatte ihr gesagt, dass Florian den Tag ebenfalls weitgehend verschlafen würde.

      »Ich vermute, gegen Abend werden Sie schon mit ihm reden können, vorher sicherlich nicht.«

      Sie hatte einige Stunden Tiefschlaf hinter sich, als sie in die Klinik zurückkehrte und erfuhr, man habe ihren Mann bereits auf eine normale Station verlegen können, da es ihm viel besser gehe. Und tatsächlich: Wie Dr. Laurin vorhergesagt hatte, war Florian wach und ansprechbar. Seine Augen leuchteten auf, als er sie hereinkommen sah.

      »Wie schön, dass du wach bist«, sagte sie, nachdem sie ihn mit einem zärtlichen Kuss begrüßt hatte.

      »Und wie schön, dass du jetzt kommst«, erwiderte er.

      »Wie fühlst du dich?«

      »Müde, aber sonst fehlt mir eigentlich nichts. Ich bekomme ja etwas gegen die Schmerzen. Es scheint, als wäre ich dem Tod ziemlich knapp entkommen.«

      Sie sah ihn nachdenklich an. »Hast du dich umbringen wollen?«

      »Nein, ganz bestimmt nicht, obwohl ich verzweifelt war, weil ich dachte, du hast mich für immer verlassen. Aber irgendwie ist mir schwarz vor Augen geworden. An den Unfall kann ich mich überhaupt nicht erinnern, ich habe keine Ahnung, wie es dazu gekommen ist.«

      »Ich war in den Bergen«, sagte Ella. »Ich wollte nachdenken – über uns beide. Ich habe einfach nicht mehr gewusst, wie es weitergehen soll mit uns.«

      »Und weißt du es jetzt?«

      Sie nickte. »Ich möchte, dass du offen mit mir redest, dass du mir nicht mehr ausweichst, wenn ich dich frage, warum du solche Angst hast, Vater zu werden. Weißt du, ich habe ja letzte Nacht öfter mit Herrn Dr. Laurin gesprochen. Er ist hier geblieben, um zur Stelle zu sein, falls es kritisch würde. Das ist dann ja auch passiert. Er hat mir erzählt, dass du zusammen mit seiner Frau einem Jungen geholfen hast, der von Größeren geschlagen und geschubst und bedroht worden ist. Und er hat mir beschrieben, wie du mit dem Jungen umgegangen bist. Es ist nicht so, dass du mit Kindern nichts anfangen kannst, Flo.«

      »Ich habe in ihm mich selbst gesehen«, erwiderte er. »Das ist eigentlich schon alles.«

      »Das ist es sicher nicht«, sagte sie sanft. »Erzähl mir deine Geschichte.«

      Sie hatte mit Widerstand gerechnet, doch er nickte nur. »Es wird wohl allmählich Zeit«, sagte er.

      »Ja, das denke ich auch.«

      Es dauerte einige Moment, bis er anfing zu sprechen, und zunächst tat er es stockend. Immer wieder entstanden längere Pausen, aber sie drängte ihn nicht. Sie hatte Jahre auf dieses Gespräch gewartet, da kam es auf ein paar Minuten mehr oder weniger nicht mehr an.

      »Als mein Vater uns verließ, war ich sieben Jahre alt, aber die Szenen mit ihm, an die ich mich erinnere, habe ich gestochen scharf vor Augen. Ich zittere innerlich, wenn ich nur an ihn denke. Er hat nicht nur meine Mutter geschlagen, sondern auch mich. Oft hat er einen Gürtel genommen, er wusste ziemlich gut, wo und wie es besonders weh tat. Er war Alkoholiker, ein sogenannter Quartalssäufer: Manchmal ließ er uns wochenlang in Ruhe, aber dann ging es wieder los, und jedes Mal war es schrecklich. Deshalb habe ich heute, als ich sah, wie diese großen Jungen sich an einem Jüngeren vergriffen und ihn gequält haben, sofort mich selbst gesehen, wie ich damals, hilflos und starr vor Angst, immer nur gehofft habe, dass es bald vorbei ist.«

      Ella wandte den Blick nicht von ihrem Mann, sie hielt seine Hand, während sie versuchte, ruhig weiter zu atmen. Aber wie atmete man ruhig, wenn einem eine unsichtbar Hand aus Eisen die Kehle zusammendrückte?

      »Man könnte nun denken«, fuhr Florian nach einer Weile fort, »dass meine Mutter und ich zusammengehalten hätten, gegen ihn, aber so war das nicht: Sie liebte ihn – oder jedenfalls hielt sie ihre Gefühle für ihn für Liebe, also hat sie alles getan, um ihm zu gefallen. Ab und zu war er deshalb nett zu ihr, und dann war sie ein paar Tage lang glücklich.

      Zu mir war er nie nett. Ohne Ausnahme nie. Und meine Mutter war es auch nicht. Im Gegenteil, oft hat sie mich beschuldigt, dass ich meinen Vater gereizt hätte und deshalb die

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