Gestillt. Daniel Zindel
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Aber nun zurück zu Deiner Geschichte: Anfangs sei Dir die Tragweite Deines Vergehens nicht bewusst gewesen. Ich weiß, dass Dir ein wacher Seelsorger die Maske vom Gesicht reißen musste, damit Du erkanntest, wie schuldig Du warst. Nathan hieß er, wenn ich mich nicht irre. Es ist gut, wenn wir in unserem Leben schonungslos mit unseren Schwachstellen konfrontiert werden, dann können wir uns verbessern. Ich fasse mich auch kurz. Hab morgen mit dem Verwaltungsrat einen Strategietag zum Thema, wie wir als Unternehmen wachsen und unsere Marktposition ausbauen können. Zum Glück ist die Stimmung im Gremium gut. Ich danke Gott, dass ich nicht so viele Auseinandersetzungen durchstehen und Kriege führen muss wie Du damals. Von kleineren Intrigen abgesehen, läuft es im Geschäft rund.
Sei herzlich gegrüßt
Dein Reinhold
Lieber Reinhold,
und wie geht es Deinem Herzen? Wie willst Du nach außen Siege erringen, wenn Du zu Hause Niederlagen erlebst? Könnte es sein, dass der Schlüssel zu einer Veränderung in Dir liegt?
Dein David
Lieber David,
ich habe mich in den letzten Wochen wirklich angestrengt und mir außerordentlich Mühe gegeben, korrekt zu sein. Ich selber bin in letzter Zeit völlig erschöpft, von einer kaum fassbaren Traurigkeit erfüllt. Ich decke mich dann mit Arbeit ein, das hat eine betäubende Wirkung und so kann ich vergessen. Ich vergesse die Misere zu Hause und mich selbst spüre ich auch nicht mehr. Dann ist mein mieses Gefühl wie weggeblasen, ich komme auf Touren und fühle mich stark, und als angenehmes Nebenprodukt bekommst du Anerkennung für die Leistung, in meinem Fall sogar happige Lohnzulagen. Ich hatte gerade gestern mein Qualifikationsgespräch. Mein Vorgesetzter fand meine Leistung im letzten Jahr exzellent, für die Leistungskomponente meines Lohnes könnte meine Frau neben Prag auch noch Paris und Peking besuchen. Du hast Recht, ich erringe nach außen Siege, zu Hause scheitere ich. Ich führe im Geschäft engagiert und inspiriert mein Team, zu Hause bin ich ein Versager.
Reinhold
Lieber Reinhold,
zu versagen, ist für uns Männer eine Urangst. Dies wurde mir bei meinem Absturz ganz klar. Ich habe Dir ja gesagt, dass mir meine Schuld anfangs nicht bewusst war. In schlaflosen Nächten meldete sie sich kurz, es gelang mir jedoch immer, sie wieder zum Schweigen zu bringen: »Mein Nachbar hat seiner Frau doch so wenig Zuwendung zukommen lassen, selbst seine Feigenbäume hat er liebevoller behandelt als sie«, rechtfertigte ich mich. Unglaublich, wie erfinderisch ich in meiner Selbstüberlistung war. »Er starb doch eines ehrenhaften Soldatentodes, er wollte es so haben, ich hatte ihm ja Urlaub angeboten.«
Dann kam Nathan. Er hat mich aber nicht demaskiert, wie Du denkst! Er hat mich keineswegs in die seelsorgerliche Mangel genommen, da wir bei Druck bekanntlich nur mit Gegendruck reagieren. Er sprach zu meinem Herzen. Wie er das tat? Wie man eben zum Herzen spricht. Er erzählte mir eine einfache Geschichte. Ich empörte mich über den reichen, hinterlistigen Mann in seiner Erzählung, der gewaltige Schafherden besaß und einem Armen dessen einziges Schaf wegnahm. Als Nathan die Geschichte zu Ende erzählt hatte, schaute er mich ernst und zugleich liebevoll mit seinen traurigen Augen an. Noch heute klingt mir seine Stimme in meinem Ohr: »Ata, ha isch«24 – Du bist der Mann. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich bin schuldig. Schuldig vor der Frau. Schuldig vor dem werdenden Kind. Schuldig vor meinem Nachbarn. Schuldig – die Erschütterung ging noch tiefer. Entschuldige, wenn ich jetzt abbreche. Ich muss zu meiner Harfe greifen, und das große »Bara«25 singen. Es ist einfach unglaublich. Bei den Menschen ist das unmöglich, so etwas kann nur Gott, gepriesen sei er.
Bis bald D.
20Jesaja 28,20
21Psalm 62,2
22Matthias Claudius, Werke, Dritter Band, Hamburg 1819, Seite 81
23Gesangbuch der evangelisch-reformierten Kirchen der deutschsprachigen Schweiz 1998, Nr. 729
242. Samuel 12,7
25Psalm 51,12
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