Die schwarze Tulpe. Alexandre Dumas

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Die schwarze Tulpe - Alexandre Dumas

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Glauben hängend, kann man ihn mit Recht unter die Familie jener Märtyrer rechnen, die kein haarbreit von ihrem vorgezeichneten Wege abweicht, und ihre Ideen mit dem ganzen Aufwande körperlicher und geistiger Kraft, wie einst unsere Vorfahren ihren religiösen Glauben, vertheidigen. Er lächelte zu allen Schmerzen, während der Folter recitirte er mit fester Stimme, die im Metrum geschriebenen Horazischen Verse, Jusium et lenacem ; er gestand nichts, und ermüdete dadurch nicht nur die Ausdauer, sondern auch den Fanatismus seiner Henker. Aber trotz dem Allen, hoben die Richter die von Tyckelaer gemachte Anschuldigung nicht auf, ihr Grimm schien durch den Muth des Unglücklichen nur noch mehr gesteigert zu werden, so daß sie ihm durch einen kurzen Urtheilsspruch seiner Würden und Aemter beraubten, ihm die Bezahlung der Gerichtskosten aufbürdeten, und zugleich auf ewige Zeiten aus Holland verbannten.

      Schon dieser Schritt trug sehr viel zur Beruhigung des aufgeregten Volkes bei, eines Volkes, dem das unschuldige der der Politik sein ganzes thatenreiches Leben ausschließlich gewidmet, dessen Wohlstand es begründet hatte. Und doch war auch dieses, wie die Folge lehren wird, nicht genug.

      Die Athener, die der Nachwelt ihren größten Ruhm in ihrer Undankbarkeit zurückließen, treten hier beschämt vor den Holländern zurück, da sie sich wenigstens mit der bloßen Verbannung ihres Wohlthäters Aristitides zufrieden gaben.

      Johann von Witt hatte gleich bei der ersten Nachricht von der Verhaftung seines Bruders, und der gegen ihn gerichteten Anklage, sein Amt als Großpensionär niedergelegt. Auch er fand sich für seine Aufopferung und Vaterlandsliebe würdig belohnt. In sein Privatleben folgten ihm seine unversöhnlichen Feinde, und die noch nicht vernarbten Wunden, als einzige Denkmale jener großen Männer, welche die ungeheure Schuld auf sich wälzen, von den edelsten Trieben beseelt, für ihr Vaterland, für ihre Mitbürger mit voller Selbstverläugnung zu wirken.

      Wilhelm von Oranien, das schwache, schweigsame Kind, erwartete von diesem Ereignisse seine ganze Zukunft, er bot selbst alle Mittel auf, das Volk dahin zu bringen, daß es ihm durch die Leichname der beiden Brüder, die zwei Stufen bilde, die er nothwendig hatte, um den Stuhl der noch immer schwankenden Statthalterschaft, erklimmen zu können.

      Gerade am 20. August 1672, strömte die ganze Einwohnerschaft von Haag nach dem Buytenhoff hin, um, wie bereits Eingangs erwähnt, der Escortirung des zum Exil verurtheilten Cornelius von Witt beizuwohnen, und zugleich beobachten zu können! welche Spuren die Tortour an dem Körper zurückgelassen, der seinen Horaz so vortrefflich kennend, unter den heftigsten Martern einzelne Stellen desselben recitirte.

      Aber zugleich erscheint es uns nothwendig, hier noch zu bemerken, daß die große Menge keineswegs nur von bloßer Neugierde getrieben, nach dem Schauplatze eines seltenen Spectakels strömte, sondern, daß viele darunter sich dem Zuge, in der Absicht angereiht hatten, an Ort und Stelle selbst eine Rolle zu spielen, oder vielmehr eine, ihrer Meinung nach nothwendige Kleinigkeit abzuthun.

      Es dürfte von selbst einleuchten, daß wir darunter die Ausgabe des Henkers verstehen.

      Die Zahl derjenigen, die gerade diese feindliche Absicht nicht hegte, und theils aus wirklicher Neugierde, theils nur in der Absicht dahin eilte, einen großen Mann’ in den Staub gewälzt, zu ihren Füßen zu sehen, einen Act, der beinahe instinctmäßig dem Stolze der rohen; Menge schmeichelt, war so gering, daß sie in keinem Falle, der Gegenpartei Widerstand bieten konnte.

      Cornelius von Witt, dieser Mann ohne Furcht, rief man allgemein, war er nicht eingespert? wurde er nicht geschwächt durch die Folter? Wie wird er aussehen? blaß, blutend, beschämt?

      Und alle diese Fragen, alle diese Ergüsse der rohesten Natur, waren die nicht ein schöner Triumph der Bürgerschaft, die noch weit mehr als das Volk, nach der Erreichung eines Ruhmes strebte, der im Buche der Geschichte, mit blutigen Lettern aufgezeichnet steht?

      Und dann riefen die Emissäre der Orangistenpartei, die sich unter dem Volke vertheilten; wird es auf Wege vom Buytenhoff bis zum Stadttore, nicht so eine kleine Gelegenheit geben, etwas Koth und einige Steine von der Erde aufzuheben, um sie nach der Richtung zu schleudern, die der Ruart von Pulten einschlägt, ein Mann, der die Einführung der Statthalterschaft mit vi coactus unterzeichnete, und selbst fest noch den Prinzen meuchlings ermorden lassen wollte, — werdet ihr auf diese Art dem Herrn nicht zugleich einen kleinen Beweis Eurer Anhänglichkeit liefern, und ihm deutlich zeigen, welcher glänzende Empfang bei dem allenfallsigen Versuche zur Rückkehr seiner warte.

      Aber noch mehr und mächtiger wurde dieser bereits glimmende Funke durch die französischen Flüchtlinge zur vollen Flamme angefacht. Ohne viel zu bedenken, fügten diese wüthenden Feinde ihres eigenen Vaterlandes jenen wohlberechneten Aufreizungen, die Bemerkung bei, daß man die beiden Brüder aus dem Haag, sich gar nicht entfernen lasse, da einmal in Sicherheit, sie alle früher mit Frankreich gesponnenen Intriguen wieder fortsetzen, und von dem Gelde des Marquis de Louvois, recht gemächlich leben würden.

      Es ist eine auf die Erfahrung begründete Thatsache, daß die Zuseher bei so seltenen Gelegenheiten mehr laufen als gehen, und es wird daher auch Niemand Wunder nehmen, die ganze Volksmasse, gleich den brausenden Wogen, eines durch den Orkan aufgeregten Meeres dahinstürmen zu sehen.

      Mitten unter dieser tobenden und lärmenden Menge, stürzte, Wuth im Herzen, jedoch ohne eigentlichen Plan, nach dem bezeichneten Platze, der biedere Tyckelaer, von den Orangisten als Heros der Rechtlichkeit, der Nationalehre, und der christlichen Liebe bezeichnet. Dieser Bösewicht entflammte die Menge durch seine lügenhafte Erzählung nur noch mehr. Die Ausführung der wohlüberlegten, einzelnen Umstände, die Mittel, die man ihm an die Hand gegeben, die Summen, die man angeboten, so wie der Entwurf eines schändlichen Planes, der alle Gefahr und Bedenklichkeit beseitigt, so wie die Ausführung des vorgeblichen Attentats sehr erleichtert hätte, Alles dies im gehörigen Zusammenhange vorgetragen, durch die weitere Mittheilung der Zuhörer noch bedeutend gräßlicher geschildert, verfehlte keineswegs die beabsichtigte Wirkung bei dem Pöbel zu erzeugen, und zugleich das Volk zu den lebhaftesten Acclamationen für den jungen Prinzen, und dessen ungestörte ruhige Zukunft zu stimmen.

      Zugleich that sich die so künstlich aufgeregte Wuth des Volkes, in heftigen Schmähungen gegen die ungerechten Richter, Luft, deren gesundes, kräftiges Urtheil einen so ungeheuern Verbrecher, wie Cornelius entkommen ließ.

      Die bereits hell auflodernde Flamme wurde durch mehrere Aufrufer noch bedeutend genährt.

      »Er kommt durch er entwischt uns!«

      »Ein Schiff, und zwar ein französisches, erwartet Ihn in Scheveningen, Tyckelaer hat es gesehen.«

      »Der biedere, ausgezeichnete Tyckelaer« schrie die tobende Menge, wie im Chor.

      »Und dazu habt ihr noch gar nicht berücksichtigt,« rief eine neue Stimme, »daß mit Cornelius auch sein Bruder Johann, der ein gleicher, wo nicht ein noch größerer Bösewicht ist, ebenfalls gerettet wird.

      Und diese Elenden werden unser blutiges Geld in in Frankreich verprassen, unter dem Schutz Ludwig XIV, dem sie unsere Schiffe, unsere Arsenale, unsere Schiffswerften, so schändlich verkauft haben.«

      »Sie dürfen nicht abreisen,« rief eine starke, weithin tönende Stimme.

      »In den Kerker, in den Kerker« wiederholte die ganze wüthende Menge.

      Zugleich begann das Wogen und Drängen immer stärker, die Bürger luden ihre Gewehre, ein anderer Theil schwang die Stöcke, oder ließ glänzende, bisher unter den Gewändern versteckte Beile blicken.

      Noch war bis jetzt keine Gewaltthat vorgefallen, und eine Abtheilung Cavallerie, welche den Buytenhoff

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