Flusenflug. Peter Maria Löw

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Flusenflug - Peter Maria Löw

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Erfinder üblich ist, keinerlei finanzielle Mittel besäße, bräuchte er eine gewisse Anschubfinanzierung in der Größenordnung von DM 50 000 bis DM 100 000, um weitere Systeme produzieren lassen zu können. Die Werkzeuge wären ja schon vorhanden und er stünde in vielversprechenden Verhandlungen mit mehreren Kommunen.

      Ich selbst fand die Idee durchaus nachvollziehbar und beschloss, mit ihm zusammen die Stadtverwaltung der Hansestadt Lübeck zu besuchen, um dort herauszufinden, inwieweit überhaupt ein Interesse an einem solchen System bestünde. Der Umweltreferent, dem wir vorgestellt wurden, war vollauf begeistert, träumte schon davon, wie sich so die gesamte Stadt mülltechnisch trennen ließe und damit den Bemühungen um eine gesunde Umwelt auch optisch Vorschub geleistet werden könne. Im Geiste bestellte er schon mehrere Hundert Systeme, »er müsse nur noch die routinemäßige Absprache mit den anderen Ressorts abwarten«. Daraufhin beschlossen wir, den Erfinder zu unterstützen. Wir gründeten als Erstes die Green-TEK AG. Er brachte seine Patente und alle seine bisher produzierten Gerätschaften ein, wir statteten die Gesellschaft mit DM 100 000 aus und einigten uns auf eine Verteilung von 40 Prozent für den Erfinder und 60 Prozent für die Certina AG, unserer neuen Holding, an der Martin und ich jeweils hälftig beteiligt waren und mit der wir noch zahlreiche Unternehmen kaufen sollten.

      Tatsächlich erwies sich aber die Vermarktung der Trennsysteme als nicht so einfach, wie wir es uns vorgestellt hatten. In mehreren Städten waren zwar die Kultur- und Umweltreferenten von der Erfindung begeistert und versprachen in den höchsten Tönen, zahlreiche Systeme abnehmen zu wollen, im Abgleich mit den anderen Ressorts und den Bürgermeistern stellte sich die Sachlage dann aber ganz anders dar. Die Leiter der Müllabfuhren erhoben Bedenken dahingehend, dass sich die Leerungszeiten durch das Trennsystem verlängern könnten. Außerdem seien die Müllfahrzeuge nicht auf Trennung ausgelegt. Der Denkmalschutz machte ästhetische Bedenken geltend. Die Mülltrennsysteme würden sich aufgrund ihrer optischen Farbgebung nicht vollständig in den Gesamtplan für das Stadtbild einfügen. Die Finanzkämmerer befürchteten, dass trotz der leeren öffentlichen Kassen Investitionen auf die Stadt zukämen, insbesondere wenn z. B. Rowdys die Müllsysteme beschädigten. Und so zögerten sich die Entscheidungen der Städte immer weiter hinaus. In Celle und in Gauting wurden noch ein paar Systeme probeweise aufgestellt, bis auch hier das Projekt im Sande verlief.

      Unser Erfinder nahm diese Schlappe doch ziemlich persönlich. Um den Misserfolg zu dämpfen, dachte er wohl daran, sich anderweitig etwas zu gönnen. Da kam ihm ein Zufall zur Hilfe. Bei uns war eingebrochen und ein paar Computer samt Drucker waren entwendet worden. Manche munkelten etwas vom irren Arndt, der für alles nicht Erklärliche herhalten musste. Ich im Urlaub, von alledem nichts wissend, erhielt einen Anruf vom Versicherungsagenten, der mir mitteilte, dass er auf ausdrückliche Anweisung des Herrn Erfinders DM 12 000 zur Schadensregulierung auf dessen Privatkonto gezahlt habe. Jetzt hatte er doch Zweifel bekommen und wollte wissen, ob das wirklich in unserem Sinne gewesen sei. War es natürlich nicht! Einmal mehr musste ich mich von einem untreuen Geschäftsführer trennen.

      Zur Reue oder Einsicht führte das aber nicht. Nach zahlreichen Drohbriefen durch den diebischen Erfinder und sich abzeichnender Erfolglosigkeit stellten wir das Projekt nach ungefähr einem Jahr und mit DM 100 000 Verlust ein, Mitarbeiter gab es ja keine. Die Lehre für mich aus diesem Projekt war, niemals wieder eine Erfindung zu unterstützen und sei sie noch so schön und noch so plausibel. Der Aufwand, aus einer Erfindung eine lukrative Sache zu machen, war einfach überproportional hoch, die Erfolgsaussichten unterproportional niedrig und es dauerte ewig, bis man eine kritische Masse erreicht hat, die es rechtfertigen würde, damit viel Zeit zu verbringen. Erfindungen sollten in meiner weiteren Zukunft nur noch insoweit eine Rolle spielen, als sie innerhalb einer mir gehörenden Gesellschaft neben dem operativen Betrieb realisiert wurden.

      36Name geändert.

       Das 8. Abenteuer Das ostdeutsche Kombinat 37

      Nach der Wende hatte sich die Treuhand des Kombinats angenommen und es aufgrund völlig veralteter Produktionsweisen und einer fehlenden Umweltverträglichkeit mal eben abgewickelt. Eine kanadische Gesellschaft hatte daraufhin das gesamte Areal mit allen Gebäuden mit der Absicht übernommen, in die verwaisten Hallen eine Produktion von polyurethanbasierten Sandwichplatten aufzubauen. In Kanada hatten die beiden Gründer bereits positive Erfahrungen damit gemacht. Die Produktion sollte vollautomatisch erfolgen, das heißt, eigentlich hatten die Kanadier nichts Geringeres vor, als den Fertighausbaumarkt in Deutschland zu revolutionieren. Die potentiellen Kunden sollten zusammen mit einem Entwickler an einem Computer ihr Muster- und Wunschhaus selbst designen. Dieser Entwurf wurde daraufhin direkt in die Produktionsanlage eingespeist.

      Dann sollte Folgendes geschehen: Zunächst wurde zwischen zwei Spanplatten in einem automatisierten Verfahren Polyurethan mit einer Stärke von 18 cm eingespritzt, wodurch ein Standardpaneel mit einer Länge von circa 4 Metern und einer Breite von etwa 1 Meter entstand. Dieses Standardpaneel wurde in einem weiteren Arbeitsschritt in eine CNC gesteuerte Bearbeitungsstation eingeführt. Dort erfolgte entsprechend dem Hausbauplan die Herstellung eines maßgeschneiderten Stücks für die spätere Montage. Die einzelnen bearbeiteten Paneelstücke wurden nummeriert und wie bei einem Modellbauhäuschen z. B. mit den Teilen 1 bis 250 nach einem vorgegebenen Plan einfach zusammengesetzt, und fertig war das Paneel-Fertighaus. Eine geniale Idee, die nicht nur die Baukosten stark nach unten drückte, sondern aufgrund der Eigenstatik der einzelnen Paneele zur Folge hatte, dass man das Haus wie ein Kartenhaus zusammensetzen konnte, ohne Tragwerke oder Stützen. Selbst das Dach konnte aus den Paneelen hergestellt werden. So etwas gab es in Europa bisher noch nicht und das war auch das Verhängnis der lieben Kanadier.

      Um nämlich in Deutschland Baumaterialien herstellen zu dürfen, bedarf es einer Genehmigung, und zwar des Deutschen Instituts für Bautechnik in Berlin. Was die Kanadier nicht bedacht hatten, war, dass sich das zuständige Gremium auch aus Vertretern der hiesigen Fertighausbauindustrie zusammensetzte. Und die hatten – selbstverständlich nur aus Verbraucherschutzgesichtspunkten und nicht wegen des Wettbewerbs – keinerlei Interesse, ein solch revolutionäres Verfahren zuzulassen. So wurde den Kanadiern zwar freundlich in Aussicht gestellt, dass die Genehmigung bald komme, tatsächlich verschob sich die Entscheidung aus allerlei unerfindlichen Gründen von der einen auf die andere der dreimonatlichen turnusmäßigen Sitzungen. Die Kanadier hatten im Vertrauen auf eine baldige Entscheidung bereits sämtliche Anlagen gekauft und eingebaut sowie das zum Vollbetrieb notwendige Personal eingestellt. Dieses saß nun Däumchen drehend in der Produktionsstätte und wollte, obwohl gar nichts zu tun war, natürlich auch den zugesagten monatlichen Lohn erhalten. Dies konnten sich die Kanadier nur zwei Jahre lang leisten, und, nachdem wieder einmal die bautechnische Genehmigung verschoben worden war, mussten die beiden Gründer schließlich Insolvenz anmelden.

      Einer der Gründer, so wurde uns später erzählt, sei daraufhin wahnsinnig geworden und befände sich seitdem in einer geschlossenen Anstalt – schon wieder ein Zombie! Wir jedenfalls wurden vom East German Investment Trust (EGIT), einer Aktivität der Ermgassen & Co. mit Sitz in London,

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