Die Habsburger. Albert Stähli
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Habsburger - Albert Stähli страница 4
Ein Aufstand böhmischer Adliger zwingt Ottokar zum Friedensschluss, um den Zusammenbruch seiner Herrschaft und damit den Verlust ihrer Besitztümer zu verhindern. Demütig muss er sich Rudolf unterwerfen und die Steiermark und seine weiteren Gebietsgewinne während des Interregnums abgeben. Rudolf geht als Sieger vom Platz, Ottokar ist der ohnmächtige Verlierer und sinnt auf Rache. Zwei Jahre später rüstet er erneut zum Krieg.
Zwei Ehen sichern den Frieden
Und so wiederholt sich 1278 die Geschichte. Wieder zieht Rudolf mit einem Heer in Richtung Wien. Diesmal ist er jedoch im Nachteil: Einige seiner einstigen Förderer verweigern ihm die Unterstützung, weil er ihnen zu mächtig geworden ist. Dafür kann Rudolf auf die Waffenhilfe des ungarischen Königs zählen. Der schließt sich ihm auf dem Weg zum Marchfeld an. Dort findet König Ottokars Glück durch Rudolfs taktische List sein Ende.
Sich im Moment des militärischen Sieges politisch zu mäßigen, um langfristig den Frieden zu sichern, gehört zu den Fähigkeiten kluger Staatsmänner. Dank seines Sieges bei Dürnkrut könnte Rudolf seinen Besitz erheblich erweitern – um Österreich, die Steiermark und um Böhmen und Mähren, deren Vasall tot auf dem Schlachtfeld liegt.
Doch damit würde Rudolf noch bedeutender als Ottokar auf dessen Zenit werden. Der König weiß, dass er mit einer Landnahme die starken Kurfürsten gegen sich aufbringen und das empfindliche Machtgefüge im Reich aus dem Gleichgewicht bringen würde. Daher einigt er sich mit Kunigunde von Halitsch, der Witwe Ottokars, und Wenzel II, ihrem minderjährigen Sohn und Thronfolger der Přemysliden, auf eine diplomatische Lösung: Der siebenjährige Wenzel darf Böhmen und Mähren als Lehen behalten und wird mit Rudolfs gleichaltriger Tochter Guta von Habsburg verlobt. Erst Jahre später, 1285, wird die Braut ihrem künftigen Gatten zugeführt. Der erhält als Hochzeitsgabe die Burg und Stadt Eger als Reichslehen. Rudolf gelingt es mit dieser Eheschließung, gleich vier Kurfürsten – die Herren von Oberbayern, Sachsen, Brandenburg und Böhmen – als Schwiegersöhne zu gewinnen. Damit ist deren Loyalität zu den Habsburgern gesichert.
In die Richtung seines unterlegenen Rivalen zieht Rudolf noch eine weitere Sicherheitsleine ein. Ottokars Tochter, Agnes von Böhmen, wird Rudolfs jüngstem Sohn, Rudolf II, versprochen. Auch die beiden sind noch minderjährig, weshalb sie erst im März 1289 vor den Traualtar treten. Der Ehe entstammt ein Sohn, der berüchtigte Johann „Parricida“, der später Albrecht I, den zweiten Habsburger, auf dem Königsthron ermorden wird (siehe Seite 35).
Der Gewinn Österreichs
Weniger Zurückhaltung übt Rudolf I bei den Gebieten, die Ottokar II bereits zwei Jahre vor seiner Niederlage auf dem Marchfeld abtreten musste. Das bereits 1156 zum Herzogtum erhobene Österreich und die Steiermark sind ein wohlbestelltes Feld, was vor allem an den Babenbergern liegt, deren letzter männlicher Vertreter 1246 in einer Schlacht gegen die Ungarn den Tod gefunden hat. Dieses österreichisches Markgrafen- und Herzogsgeschlecht hat aus der umkämpften Region an der südöstlichen Grenze des Reiches ein geschlossenes Gebiet geformt.
Nach seinem Sieg über Ottokar II übernimmt Rudolf de facto die Macht in Österreich und der Steiermark, in Krain und der Windischen Mark. Damit werden aus den Grafen von Habsburg nunmehr Herzöge – eine ebenso verdiente wie willkommene Rangerhöhung für die Familie. Bezahlt macht sich nun auch Rudolfs Heiratspolitik. Auf dem Reichstag von Augsburg am 27. Dezember 1282 erhält sein Vorschlag die Zustimmung, seine beiden Söhne Albrecht und Rudolf mit den Neuerwerbungen zu belehnen.
Das Lehen wird „zur gesamten Hand“ vergeben, das heißt, die Gebiete bleiben zwischen den Söhnen ungeteilt. In der „Rheinfelder Hausordnung“ legt Rudolf fest, dass der ältere Sohn Albrecht alleiniger Regent der Gebiete wird. Das sorgt für handfesten Streit innerhalb der Familie, der Jahre später in der Bluttat von Johann „Parrecida“ gegen seinen Onkel gipfelt.
Um den Bogen nicht zu überspannen, gibt Rudolf seinem wichtigsten Verbündeten, dem Grafen von Görz, die Region Kärnten zum Lehen. Auch die Krain überlässt er ihm als Pfand. Nach dem Aussterben der Görzer fallen diese Gebiete rund 50 Jahre später kampflos an das Haus Habsburg zurück. Mit dieser territorialen Neuordnung verschiebt sich die Machtbasis der Habsburger vom Südwesten in den Südosten des Reiches.
Von den Österreichern werden Rudolf und seine Nachkommen zunächst als Schwaben betrachtet. Es wird einige Generationen dauern, ehe die Habsburger dort wirklich heimisch werden. „Rudolf von Habsburg … fühlte sich aber noch nicht als ‚Österreicher‘, sondern sein Blick galt vornehmlich dem Reich“, urteilt denn auch der Biograph Gerhard Hartmann über Rudolf I (2013, S. 104).
Die letzten Jahre des Königs
Im Südwesten des Reiches scheitert Rudolfs Versuch, das frühere staufische Herzogtum Schwaben zu erneuern. Den Widerstand mächtiger Territorialfürsten wie den des Grafen von Württemberg kann er nicht brechen. Auch in den übrigen Gebieten versucht Rudolf, den Frieden im Reich wiederherzustellen. Mit harter Hand greift er in lokale Konflikte ein – doch nicht immer mit Erfolg.
Das zeigt, wie unterschiedlich die Entwicklung im Heiligen Römischen Reich im Vergleich zu der in Frankreich und England verläuft. Zwar müssen sich die Könige dort ebenfalls mit mächtigen Baronen und Fürsten auseinandersetzen, doch ihre Stellung ist ungleich stärker. Sie verfügen über größere Geldmittel und Machtinstrumente. Da hilft es dem römisch-deutschen König wenig, dass er nominell als designierter Kaiser über ihnen steht.
Zum Kaiser würde sich Rudolf I nur zu gern vom Papst krönen lassen. Doch von welchem? In die 18 Herrschaftsjahre von Rudolf fallen nicht weniger als acht Päpste. Sie üben ihr Pontifikat zum Teil nur wenige Monate aus. Das ist einer der Gründe, warum Rudolf von Kriegsabenteuern in Italien absieht. Denn die haben die Staufer in dem Konflikt mit dem Vatikan schließlich zu Fall gebracht.
Im Gegensatz zu ihnen sucht Rudolf die Aussöhnung mit dem Papst. Als ehemaliger Parteigänger der Staufer muss er sich freilich beim Heiligen Stuhl unablässig um Glaubwürdigkeit bemühen. Und sich zudem für die Krönung nach Rom begeben, das heißt, mitten durch ein feindlich gesinntes Nord- und Mittelitalien ziehen. Obwohl es drei Mal gelingt, sich auf einen Krönungstermin zu einigen, bleibt der Habsburger in dieser Hinsicht glücklos. Mal stirbt der Papst zur Unzeit, und der Nachfolger muss erst wieder überzeugt werden. Mal verhindern Kriegszüge seine Reise nach Rom.
Und noch ein weiteres dynastisches Vorhaben Rudolfs scheitert: Es gelingt ihm nicht, seinen Sohn Albrecht zu Lebzeiten zum Nachfolger wählen zu lassen. Dieser dünkt den auf Autonomie bedachten Kurfürsten aufgrund seiner österreichischen Hausmacht schon zu mächtig. Albrecht wird erst später den Thron besteigen.
Rudolfs Tod – das Ende vom Anfang
Im Februar 1281 stirbt Rudolfs langjährige Gemahlin Gertrud von Hohenberg, die sich seit der Krönung 1273 Anna von Habsburg nennt. Im Alter von 66 Jahren tritt der König ein zweites Mal vor den Traualtar. Seine Braut ist die erst 14-jährige Agnes (Isabella) von Burgund. Die 1284 geschlossene Ehe ist ein politisches Zweckbündnis, um dem französischen Expansionsdrang an der Westgrenze des Reiches Einhalt zu gebieten. Kinder entspringen dieser Ehe nicht.
Einen Tag vor seinem Tod am 15. Juli 1291 zieht der 73-jährige Rudolf in Speyer ein. Es ist ein zutiefst symbolischer Akt, denn im Kaiserdom der Stadt ruhen die sterblichen Reste der Herrscher der salisch-staufischen Dynastie. Indem er sich neben ihnen begraben lässt, stellt Rudolf sich und die Habsburger in diese Herrschertradition.
Die noch erhaltene Grabplatte zeigt ein realistisches Abbild des römisch-deutschen Königs. Es wird zu Lebzeiten