Chefarzt Dr. Norden Staffel 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Chefarzt Dr. Norden Staffel 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg Chefarzt Dr. Norden

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Viertelstunde später war Felix mit Fynn im oberen Stockwerk verschwunden.

      Sinnend sah Felicitas den beiden nach. Genoss das Plaudern und Plappern, das langsam verebbte. Schließlich war es still im Haus. Es sah alles danach aus, als wäre nicht nur der kleine Mann eingeschlafen.

      *

      »Der Radfahrer … Ich weiß nicht, wo er herkam. Aber plötzlich war er da. Mein Fahrer hatte keine Chance.« Die Frau lag auf der Liege. Sie sah aus, als hätte sie einen Boxkampf ausgefochten.

      »Silje Johannson, 32 Jahre alt, sie saß auf der Rückbank des Taxis. Kreislauf und Blutdruck stabil. Innere Blutungen unwahrscheinlich. Verdacht auf Fraktur im rechten Knie«, informierte der Notarzt Dr. Erwin Huber den anwesenden Arzt.

      Dr. Weigands Wangen leuchteten. Er hatte gefühlt zehn Kilometer Dauerlauf von der Quarantänestation bis hinunter in die Notaufnahme hinter sich.

      Er keuchte einen Dank und nahm das Klemmbrett entgegen. Warf einen schnellen Blick auf die Informationen.

      »Keine Angst, Frau Johannson. Wir kümmern uns um Sie. Jetzt geht es erst einmal in den Schockraum. Dort untersuchen wir Sie gründlich.« Schon wieder musste er laufen. Diesmal neben der Liege her. Kurz, ganz kurz nur erwischte sich Matthias bei dem Wunsch, ein Patient zu sein, bequem durch die Gegend geschoben zu werden, statt ständig auf den Beinen zu sein.

      Auf den Fluren der Notaufnahme herrschte eilige Betriebsamkeit. Befehle übertönten das Piepen der Überwachungsgeräte. Dazwischen schnauften Beatmungsgeräte. In einer Ecke weinte eine Frau. Von anderen Angehörigen waren nur rastlose Schritte zu hören. Eine Schiebetür öffnete sich vor dem Krankentransport und schloss sich wieder. Mit einem Schlag verstummten die Geräusche. Dr. Weigand atmete auf. Endlich Ruhe.

      »Bei dem Lärm da draußen kann man ja keinen klaren Gedanken fassen«, murmelte er und beugte sich über die Patientin. »Nicht erschrecken. Wir machen jetzt einen Ultraschall, um innere Verletzungen auszuschließen.«

      Silje zuckte trotzdem zusammen, als er den Schallkopf mit dem kühlen Gel auf ihrem Bauch aufsetzte. Eine Weile herrschte konzentriertes Schweigen. Matthias’ Miene entspannte sich.

      »Alles gut. Ich kann keine freien Flüssigkeiten entdecken.« Während er die Ergebnisse seiner Untersuchung auf einem Formular festhielt, wischte der Pfleger Sebastian mit einem Papiertuch das Gel von Silje Johannsons Haut. Er knüllte es zu einem Ball, zielte und versenkte ihn im Abfalleimer.

      »Im nächsten Leben werde ich Basketballer, verdiene einen Haufen Geld und kaufe ein schönes Haus für Anneka und mich.«

      Dr. Weigand hob noch nicht einmal den Kopf. Er begnügte sich damit, eine Augenbraue hochzuziehen.

      »Bis es so weit ist, besorgst du mir einen Termin in der Radiologie. Frau …« Matthias hatte den Namen vergessen. Er suchte auf dem Formular des Notarztes danach. »Frau Johannson …« Irgendwie kam ihm dieser Name bekannt vor. Wo hatte er ihn nur schon einmal gehört? Es wollte ihm einfach nicht einfallen. »Ich brauche Aufnahmen vom rechten Kniegelenk der Patientin. Und Beeilung, wenn ich bitten darf.«

      Die Schritte des Pflegers waren noch nicht auf dem Flur verhallt, als ein Piepen die Luft zerriss.

      »Ja, Weigand.« Matthias lauschte in den Apparat. »Gut, ich komme.« Er entschuldigte sich bei Silje und machte sich auf den Weg.

      Manchmal war es nicht gerade angenehm, ein derart begehrter Mann zu sein.

      *

      Im Garten flatterte die frisch gewaschene Wäsche auf der Leine. Drinnen erstrahlten die Holzböden in neuem Glanz. Kein Staubkörnchen lag mehr auf den Möbeln. Zeitungen und Zeitschriften warteten im Altpapierkorb darauf, entsorgt zu werden.

      Nach getaner Arbeit stand Felicitas Norden auf der Terrasse und sah sich um. Bäume und Sträucher warfen lange Schatten. So hatte sie sich ihren freien Tag wahrlich nicht vorgestellt. Hausputz und Zeitung lesen, statt Spaß zu haben mit Fynn und Felix. Ein paar Mal war sie oben im Kinderzimmer gewesen, um nach dem Rechten zu sehen. Die beiden schliefen den Schlaf des Gerechten. Egal, wie laut der Staubsauger dröhnte. Als die nahe Kirchturmuhr fünf Mal schlug, traf sie eine Entscheidung.

      Die Treppe ächzte unter ihren stampfenden Schritten. Irgendwie mussten die beiden doch wach zu bekommen sein. Sie rumpelte ins Zimmer. Tatsächlich schreckte Felix aus todesähnlichem Schlaf hoch.

      »Wo bin ich? Was ist passiert?« Er saß kerzengerade im Bett und sah sich um.

      »Du bist zu Hause und hast stundenlang wie ein Murmeltier geschlafen.«

      Felix ließ sich zurück in die Kissen fallen.

      »Und warum fühle ich mich dann, als hätte ich drei Tage durchgefeiert?«

      »Ganz einfach. Ohne Wecker passiert es schnell, dass wir den richtigen Zeitpunkt zum Aufwachen verpassen und in tiefere Schlafphasen geraten. Außerdem spielt der Kreislauf eine Rolle. Langes Liegen senkt nämlich den Blutdruck.«

      »Oh, wie habe ich das vermisst.«

      Fee lachte.

      »Na, wenigstens kannst du noch frech sein. Das ist ein gutes Zeichen.« Sie ging hinüber zum Kinderbett.

      Das Gespräch hatte Fynn nicht gestört. Er schlief noch immer wie ein Engel. Oder vielmehr wie eine Putte. Mit Bäckchen, rund und rot wie zwei Äpfel. Eine böse Ahnung überkam Fee. Sie streckte die Hand aus und legte sie auf die Kinderstirn.

      »Du liebe Zeit, du bist ja das reinste Glühwürmchen.«

      Sie packte Fynn an den Schultern und schüttelte ihn.

      Er wollte einfach nicht aufwachen. Eine eiskalte Hand griff nach Fees Herz. »Ruf` den Krankenwagen, Felix! Schnell!«

      *

      »Hier können Sie es sehen.« Dr. Weigand zeigte seiner Patientin das Tablet. »Wir haben es mit einer lateralen Tibiakopfimpressionsfraktur zu tun.«

      Silje starrte auf den Bildschirm.

      »Aha.«

      »Wir werden versuchen, die Gelenkfläche mit einer Schrauben- oder Plattenosteosynthese zu rekonstruieren.«

      »Und was heißt das Ganze auf Deutsch?«

      Dr. Weigand ärgerte sich über sich selbst. Ermahnte er nicht selbst seine Assistenzärzte immer, in einer verständlichen Sprache mit den Patienten zu sprechen?

      »Tut mir leid.« Er räusperte sich. »Sehen Sie hier. Die Gelenkfläche Ihres Knies wurde bei dem Aufprall eingedrückt. Um einen Ausgleich zu schaffen, entnehmen wir Knochenmaterial aus Ihrem Becken und befestigen es mittels Schrauben und Platten an dieser Stelle.« Er umkreiste den Knochen, der grell vor dem dunklen Hintergrund herausstach.

      Silje sah alles andere als glücklich aus.

      »Da habe ich mich so darauf gefreut, endlich wieder nach Hause zu kommen und meinen Freund zu sehen. Und jetzt das.«

      »Sehen Sie es positiv. In den nächsten Wochen können Sie sich guten Gewissens nach Strich und Faden verwöhnen lassen.« Dr. Weigand legte das Tablet zur Seite und griff nach der Einverständniserklärung. »Sollen wir

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