Selbstverständlich ist nichts mehr. Hans Bürger

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Selbstverständlich ist nichts mehr - Hans Bürger

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href="#u73d455fc-a14d-4766-b046-d429d43ea5cc">Im Zeitalter der Authentizität

       Zeit – das kostbarste Lebensgut

       Erzwungener Stillstand in der Zeit der Pandemie: Aufbruch oder (nur) Zwischenstopp?

       Weniger Arbeit – weniger arbeiten

       Nach der Arbeit – Danke

       Witerführende Literatur

       Quellenverzeichnis

       Vorwarnung

      Das ist kein Buch für Philosophen.

      Sie wissen schon alles.

      Nur sagen sie es uns nicht.

      Einige von ihnen schon – nur denen hören wir meist nicht zu.

      Wenn wir die Philosophie als den uns permanent innewohnenden Wunsch nach Erkenntnis über den Sinn des Lebens definieren und den damit verbundenen Herausforderungen für jeden von uns, ist dann nicht nahezu jeder Zweifler ein „Philosoph“?

      „Nein, ist er nicht“, meint der deutsche Philosoph Wolfram Eilenberger. Und er begründet es auch. Wer gar nichts „Neues“ denkt und nur wiederholt, der ist kein Philosoph.

      Und deshalb: Das ganz Neue werden Sie hier nicht finden. Allerdings neue Zugänge, Überlegungen und Gedankengänge von zwei Seiten, einerseits aus dem journalistischen und andererseits dem ökonomischen Blickwinkel.

      Und so darf der Autor Sie zu einer kleinen Reise auf der Suche nach Zutaten für ein zufriedenstellendes Leben einladen – unter Berücksichtigung politischer und ökonomischer Aspekte.

       Über die Arbeit und den Sinn eines Buches über den Sinn

      Begonnen hatte alles im hohen Alter von 33 Jahren. Jemand hatte das Buch „Sofies Welt“ unter den Weihnachtsbaum gelegt. Obwohl eigentlich als Buch für Kinder und Jugendliche gedacht, konnte einen dieses Kultbuch auch als Erwachsenen ins Staunen versetzen. Mehr als 40 Millionen Exemplare in fast 60 Sprachen sollen verkauft worden sein, der Anteil der erwachsenen Leser soll den der jüngeren bei Weitem übersteigen. Denn was ist im Leben schöner, intensiver und auf die momentane Stimmung wirkmächtiger als das – nur fälschlicherweise ausschließlich der Kindheit zugeschriebene – Staunen.

      Wir haben es nur verlernt, weil wir uns zu oft ablenken lassen. Der Blick auf einen Baum mit Hunderten leuchtenden Herzchen am Wiener Christkindlmarkt ist eben bei gleichzeitigem Blick nach unten – auf das Smartphone – schwierig.

      Das Staunen sollte aber wieder in unseren Alltag zurückkehren. Und nicht die Ansichten unseres gehetzten Arbeitslebens auf die Kinder übertragen werden, wie folgende Anekdote zeigt.

      Es war im Frühjahr vor einiger Zeit. Mein älterer Sohn war eben neun Jahre alt geworden, und die Vorentscheidung, welches Gymnasium er auswählen solle, beschäftigte die ganze Familie. Er bat unter anderem die 14-jährige Schwester eines Klassenfreundes um Rat, die ihm eine bekannte Privatschule in Wien empfahl. Ich wollte es genauer wissen und fragte das junge Mädchen und ihren Vater, ob denn der Ruf stimme, der dieser Schule vorausseile. Streng, reiche Eltern und eher schnöselig. Das Mädchen antwortete sofort: „Überhaupt nicht, es ist wirklich eine Schule fürs Leben.“ – „Warum?“, fragte ich nochmals nach, und die Antwort erstaunt mich bis heute: „Dort kann man die tollsten Netzwerke für sein Berufsleben aufbauen.“

      Dieser Satz lässt mich seitdem nicht mehr los. Was geht einer 14-Jährigen, die am Ende der späteren Kindheit an das Netzwerken denkt, wohl durch den Kopf? Wobei sie da nicht Freundschaftskreise zum Austausch von Musiktiteln oder Videofilmen im Hinterkopf hat. Nein, es geht ihr darum, berufliche Netzwerke für die Zeit nach dem Studium zu flechten, also für eine Zeit rund zehn Jahre später, wenn sie dann vielleicht 24 Jahre alt ist und wohl längst einen akademischen Titel vorweisen kann.

      Was passiert da gerade in der westlichen Wohlstandsgesellschaft? Wie werden Kinder in diesem 21. Jahrhundert erzogen? Was ist und wofür steht Bildung? Ist Bildung tatsächlich nur noch Ausbildung? Und dient Bildung mittlerweile nur mehr als reines Werkzeug zum beruflichen Erfolg?

      Abseits dieser philosophischen Nachdenklichkeit noch eine ganz andere Frage: Was werden all jene Menschen in nicht mehr ferner Zukunft machen, wenn die Arbeit geht? Weg von uns. Schritt für Schritt. In Richtung Roboter, in Richtung Künstliche Intelligenz. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts warnen Psychologen, Philosophen und Soziologen vor dieser Entwicklung. Was macht der Mensch, wenn ihm die Arbeit davonläuft? Wirklich ernst genommen wurden die Warner nicht. Jede neue technische Entwicklung habe schließlich immer noch neue, wenn auch komplexere, Aufgabengebiete geschaffen, denn ausschließlich Arbeitsplätze vernichtet. Das ewige Gejammer sei kontraproduktiv, und die meisten Skeptiker seien ohnehin zu faul, um sich durch effiziente Fortbildung an die neue Arbeitswelt anzupassen.

      Zynismus pur. Und zudem immer unrichtiger. Denn ab dem dritten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends wird je nach Studie jeder fünfte bis zumindest jeder dritte oder bis 2050 sogar jeder zweite Arbeitsplatz, wie wir ihn bis dato kennen, verloren gehen. Ob bis 2040 oder 2050, das will niemand genau prognostizieren, aber meine Kinder und die heute vierzehnjährige Netzwerkerin werden mittendrin stecken. Im Beruf – oder in einer anderen Welt.

      Und um diese Welt soll es in diesem Buch gehen. Ich verstehe es als Fortsetzung meiner ersten drei Bücher: „Wie Wirtschaft die Welt bewegt“, „Der vergessene Mensch in der Wirtschaft“ und „Wir werden nie genug haben“. Als eine Art Fortsetzung deshalb, weil mich als Absolvent eines Volkswirtschaftsstudiums eine Frage schon immer beschäftigt hat: Warum wirtschaften und wachsen wir in immer schnellerem Tempo, wenn Wohlstandsgesellschaften schon relativ viele Güter haben? „Sättigungstendenzen – Ursache dauerhafter Nachfrageschwäche?“ betitelte ich meine Diplomarbeit. Heute würde ich die Frage viel breiter anlegen. Was macht der Kapitalismus, wenn immer weniger mitmachen? Sei es aus Mangel an Einkommen (trifft noch immer auf rund 95 Prozent der Haushalte zu), aus Mangel an Lust auf den Konsum oder aus Mangel an Zeit.

      Der durchschnittliche Deutsche kann heute rund 10.000 Dinge sein Eigen nennen. Von der Stecknadel bis zum Auto. Rund acht von zehn neuen Produkten schaffen es nicht mehr auf den Markt und wenn, dann nur ganz kurz. Dann sind sie wieder weg. Die Entwicklungskosten bleiben im Unternehmen, meist werden Mitarbeiter gekündigt oder – im schlimmsten Fall – muss die Firma zusperren. Im letzten Jahrhundert traf es etwa den Monoski. Kaum war er da, war er von den Breitensportpisten auch schon wieder verschwunden.

      Oder ein Beispiel aus jüngerer Zeit: Der ruhelose Zappelphilipp auf zentral gelagerten Kugeln, besser bekannt als „Fidget Spinner“. Erfunden wurde er eigentlich von der US-Amerikanerin Catherine Hettinger im Jahr 1993 – allerdings verzichtete sie wegen Erfolglosigkeit beim Anbieten an Spielzeug-Verkaufsketten zwölf Jahre später auf die Erneuerung des bestehenden Patents. Zehn Jahre lang hätte sie noch durchhalten müssen. Denn plötzlich wollten alle Kinder Handkreisel. Ohne Vorwarnung. Aber natürlich nicht nur einen Fidget Spinner, sondern mindestens zehn verschiedene

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