Fontanes Kriegsgefangenschaft. Robert Rauh

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Fontanes Kriegsgefangenschaft - Robert Rauh

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11. Oktober kündigte Bourgaut den Transport nach Besançon für den nächsten Tag an. Außerdem prognostizierte der »Gardinenchef«, Fontane werde entweder über die Schweiz in die Heimat zurückgeschickt oder er erhalte von höherer Stelle die Genehmigung, in Frankreich zu bleiben. In diesen paar Worten lag ein ganzer Himmel, jubelte Fontane. Er fühlte sich wie genesen, betrachtete sich als frei. Das feierliche Abschiedsmahl, bei dem Madame Bourgaut einen Taubenbraten servierte, machte das Idyll zu Langres perfekt. Nach der Festlichkeit rollte er seine paar Sachen in die Reisedecke hinein und warf sich aufs Bett. In zwölf Stunden hoffte er in Besançon, in vierundzwanzig Stunden in Freiheit zu sein. Dem Leser von Kriegsgefangen bleibt nicht viel Zeit, sich mitzufreuen. Auch das Kapitel über seine Zeit in Langres beendet Fontane mit einem Cliffhanger, der die zuvor beschriebene Stimmung konterkariert: Es war anders beschlossen.

      Emilie ahnungslos

      Während ihr Mann in Frankreich eine emotionale Berg- und Talfahrt durchlebte, war Emilie noch völlig ahnungslos. Als Fontane sich am 8. Oktober in Langres dem Leben wiedergegeben fühlte, sah sie sich, gerade »eine heftige Grippe überstanden«, erstmals in der Lage, ihrem Mann zu antworten. Sie dankte ihm für seine Briefe und Karten, die ihr und ihrer Schwägerin Lise, die während Fontanes Abwesenheit bei Emilie weilte, »viel Freude« bereitet hätten. Sein »Franzosenthum oder vielmehr Sprechen« mache sie »ganz stolz« und sein Humor lasse sie glauben, dass es ihm »leidlich ergeht«. Dass auch Fontanes Umfeld arglos war, belegt Emilies Mitteilung, Lepel wolle heute »Deine Schriftstücke den Freunden im Rütli vortragen« – einer 1852 gegründeten Zusammenkunft, bei der sich die Mitglieder, unter ihnen Fontane, Bernhard von Lepel, Friedrich Eggers, Moritz Lazarus und August von Heyden, gegenseitig eigene Dichtungen vortrugen.

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      Beunruhigt von Anfang an: Emilie Fontane, um 1874

      Emilie berichtete zudem, sie würden täglich die Vossin nach einem Artikel von ihm »durchforschen«. Offenbar war mit dem Chefredakteur Hermann Kletke vereinbart worden, dass Fontane der Vossischen Zeitung, bei der er ja seit August als Theaterkritiker angestellt war, Berichte über seine Frankreich-Reise schicken sollte. Aufgrund seiner Verhaftung erschien jedoch kein einziger Beitrag. Stattdessen wird in der Vossischen Zeitung nach Fontanes Rückkehr Kriegsgefangen in dreizehn Folgen erstveröffentlicht.

      Da Emilie regelmäßig Post von ihrem Mann erhalten hatte – der letzte Brief kam aus Toul und war auf den 4. Oktober datiert[16] –, wähnte sie ihn auf halbwegs sicheren Pfaden. Sie machte sich Sorgen um seine Ausstattung, nicht um sein Leben. So wäre sie beruhigter, schrieb sie, hätte er ein zweites Paar Stiefel bei sich.[17] Beunruhigt war Emilie erst, als keine Nachrichten mehr eintrafen.

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